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Session: 07.12.2016

Am Mittwoch, 26. Oktober 2016 hat die Post angekündigt, dass sie 500-600 Poststellen schliessen wird. Für diese Schliessungspläne will sie auch die Kantonsregierungen einspannen. Diese Gespräche sollen in den folgenden Wochen stattfinden. Grund für diese Gespräche dürfte sein, dass die Post zunehmend Schwierigkeiten hat, Poststellenschliessungen durchzusetzen und der Widerstand in der Bevölkerung und den Gemeinden grösser wird. 

Ein Feilschen zwischen den Kantonen und den Gemeinden um die letzten verbleibenden Poststellen zeichnet sich ab. Es dürfte zu Auseinandersetzungen innerhalb und zwischen den verschiedenen Staatsebenen kommen. Vielen Kantonen, Städten, Gemeinden und Quartieren ist klar, dass der Abbau von Poststellen einer weiteren Reduktion des Service public gleichkommt. Sie befürchten, an Attraktivität zu verlieren. 

Die von der Post beworbene Agenturlösung ist kein gleichwertiger Ersatz für eine klassische Poststelle. Postagenturen können aktuell unter anderem keine Nachnahmengeschäfte und Barauszahlungen über CHF 500.00 tätigen, keine Gerichtsurkunden und keine Betreibungsurkunden aushändigen. Kontoeröffnungen und Identifikationen sind ebenfalls nicht möglich. Auch nicht vorgesehen sind Massenversände von Geschäftskunden und Vereinen, Promopost oder unadressierte Mailings. Auch das „Münzwechseln“ ist meist nicht möglich. Damit würden Gemeinden und Quartiere ohne Poststelle benachteiligt. 

Die Postagenturen müssen einen möglichst hohen Servicegrad anbieten, damit die Bevölkerung ihre Alltagsbedürfnisse vor Ort erhalten können. Ebenso muss die Ausbildung des Agentur-Personals breit und fundiert geschehen und dessen Entlöhnung nicht als Sparübung der Post verkommen. 

Die Regierung wird beauftragt, sich gegen Poststellenschliessungen zur Wehr zu setzen, sollten sie zu einem Abbau des Service public in den Gemeinden führen. Zudem soll geprüft werden, wie Gemeinden frühzeitig in den Prozess eingebunden werden können, um nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. 

Chur, 7. Dezember 2016 

Thöny, Tenchio, Lorez-Meuli, Albertin, Alig, Atanes, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Caduff, Cahenzli-Philipp, Casanova (Ilanz), Cavegn, Caviezel (Chur), Clalüna, Della Vedova, Deplazes, Dermont, Epp, Florin-Caluori, Gartmann-Albin, Grass, Gunzinger, Hartmann, Hitz-Rusch, Jaag, Jeker, Jenny, Joos, Kasper, Lamprecht, Locher Benguerel, Märchy-Caduff, Mathis, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Monigatti, Müller, Niederer, Noi-Togni, Papa, Perl, Peyer, Pfenninger, Pult, Sax, Schneider, Tomaschett-Berther (Trun), Toutsch, Weber, Antognini, Cantieni, Erhard

Antwort der Regierung

Die Post ist gemäss Postgesetz und Postverordnung verpflichtet, ein landesweit flächendeckendes Netz von Poststellen und Postagenturen zu betreiben. Die Erreichbarkeit wurde in der Postverordnung konkretisiert: Die Zugangspunkte zu den Postdiensten müssen für 90 % der Bevölkerung innerhalb von 20 Minuten zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein, jene zu Zahlungsdiensten innerhalb von 30 Minuten. Falls die Post in einem Gebiet einen Hausservice anbietet, gelten 30 Minuten.

Gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere auch getrieben durch die zunehmende Digitalisierung und die grössere Mobilität der Bevölkerung, führen zu neuen Kundenbedürfnissen und verändertem Kundenverhalten. Ausgerichtet darauf will die Post im Rahmen ihrer Strategie „Netz der Zukunft“ ihre Zugangsmöglichkeiten bis 2020 von heute 3700 auf 4000 ausbauen. Gespräche seitens des Kantons mit der Post bestätigen, dass sie stark auf das Agenturformat setzt, der Filiale mit Partner, sowie je nach lokalem Bedürfnis weitere Zugangsmöglichkeiten wie den Hausservice, My Post 24-Automaten, Geschäftskundenstellen und zusätzliche Aufgabe- und Abholstellen einsetzt. Damit einher gehen weitere Schliessungen traditioneller Poststellen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass mit den neuen Angeboten teils deutlich längere Öffnungszeiten angeboten werden können, als dies bei einer traditionellen Poststelle der Fall ist. Auch sind die am häufigsten nachgefragten Dienstleistungen (Aufgabe und Abholung von Sendungen, Kauf Briefmarken, bargeldlose Einzahlungen oder auch Bargeldbezüge bis zu 500 Franken) in der Regel sichergestellt. Durch die Zusammenarbeit der Post mit Partnern vor Ort können teils auch lokale Strukturen (bspw. der Dorfladen) erhalten und gestärkt werden.

Die Regierung hat allerdings nur beschränkt Verständnis für die strategischen Überlegungen der Schweizerischen Post und ihre Bestrebungen, ihr Angebot rein betriebswirtschaftlich und ausgerichtet auf die veränderten Kundenbedürfnisse zu entwickeln. Es liegt auf der Hand, dass der erneute, doch erhebliche Umbau im Poststellennetz, den Abbau von weiteren Arbeitsplätzen der Post in Graubünden zur Folge haben wird, auch wenn unmittelbar keine Kündigungen ausgesprochen werden. Nebst der Frage des Angebots in den verschiedenen Orten und Talschaften unseres Kantons, das wiederholt Gegenstand parlamentarischer Vorstösse ist, hat der Um- und Abbau auch eine volkswirtschaftliche Folge. Die Attraktivität peripherer Wohn- und Arbeitsgebiete in Graubünden dürfte weiter sinken. Die Bedeutung des Service Public für die Aufrechterhaltung und die Weiterentwicklung der dezentralen Besiedelung ist erheblich und muss deshalb zwingend in den Überlegungen berücksichtigt werden. Auch wenn neue, moderne und auf das veränderte Kundenverhalten ausgerichtete Dienstleistungen und Zugangspunkte der Post geschaffen werden, haben diese die Anforderungen eines wirtschaftlichen Betriebs zu erfüllen. Gelingt dies und letztlich die Aufrechterhaltung des Angebots nicht, wird eine verstärkte Abwanderung aus den genannten Gebieten die Folge sein.

Die Regierung wird die Gemeinden darin unterstützen, eine möglichst optimale Versorgung der Bündner Bevölkerung mit Postdienstleistungen zu erhalten. Dies auch ausgerichtet auf ihre Strategie, regionale Zentren zu stärken. Sie distanziert sich klar von einem weiteren Stellenabbau, der in der aktuellen Wirtschaftslage den Kanton Graubünden empfindlich trifft und die Standortattraktivität verringert.

Die Regierung verschliesst sich den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen nicht und zielt deshalb auch nicht auf den Erhalt nicht mehr zeitgemässer Strukturen oder Dienstleistungen ab. Vielmehr geht es ihr darum, dass Unternehmen zukunftsorientiert neue Formate von Arbeitsplätzen schaffen – in der begründeten Annahme, dass diese im Zuge der Digitalisierung ortsungebundener sind und nicht mehr zwingend in den grossen Agglomerationen sein müssen. Gerade als „Digital Workplace“ bietet Graubünden sehr viele Vorteile, die sich mit zunehmendem Ausbau leistungsfähiger Infrastrukturen zur Nutzung digitaler Technologien noch akzentuieren werden. Die Regierung hat gegenüber der Post bereits ihre Erwartung kommuniziert, dass diese die Entwicklungen in der Arbeitswelt aufnimmt und Konzepte erarbeitet, um Arbeitsplätze aktiv in die peripheren Regionen zu verlagern. Ebenfalls wurden Vorschläge eingefordert, wie die Post die Gemeinden in Graubünden hinsichtlich der Strategie zum Postnetz 2020 zu informieren und in den Prozess einzubinden gedenkt.

Im Sinne dieser Ausführungen ist die Regierung bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

01. Februar 2017