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Session: 12.02.2018

Friedliche Kundgebungen gehören zu einer Demokratie. Sie sind ein Mittel der freien Meinungsäusserung und damit ein Grundrecht. Kundgebungen gehören auch zum Annual Meeting des WEF in Davos. Gerade da, wo die Bevölkerung von den Diskussionen im Kongresszentrum ausgeschlossen ist, braucht es die Möglichkeit zur freien Meinungsäusserung auf der Strasse. Nach dem diesjährigen WEF wurde in den Medien folgende Frage gestellt: „Wo blieb die Meinungsäusserungsfreiheit in Davos?“ Insgesamt fünf Demonstrationen wurden nicht bewilligt. Lediglich vereinzelte Aktionen wurden zugelassen und das unter abstrusen Auflagen. Eine Aktion gegen die Politik von Donald Trump durfte zum Beispiel lediglich aus fünf Personen bestehen, die zueinander stets 100 Meter Abstand halten mussten.

Eine weitere dieser legalen Protestaktionen wurde durch polizeiliche Interventionen behindert. Jungsozialistinnen und Jungsozialisten, welche aufgrund der nicht bewilligten Demonstration gegen Donald Trumps Politik einen Einmann-Protest mit Livestream organisierten, wurden ohne ersichtliche Gründe von der Kantonspolizei festgenommen. Auch wurde Medienberichten zufolge ein NZZ-Journalist, welcher Kameraaufnahmen nicht löschen wollte, bei der Ausübung seiner Arbeit festgenommen.

Als Grund für den Entscheid, die Demonstrationen in Davos nicht zu bewilligen, machte die Gemeinde Davos grosse Schneemengen geltend. Doch diese erklären die genannten Auflagen und die erwähnten Verhaftungen nicht. Zudem war am Tag der geplanten Demonstration der vorgesehene Kundgebungsplatz von den Schneemassen befreit. Der Wetterbericht am Montag sagte dies voraus. Der Eindruck konnte nicht zerstreut werden, dass die Gemeinde Davos bei ihrer Entscheidung unter Druck gesetzt wurde (z. B. im Zusammenhang mit den laufenden Verhandlungen der Vertragsverlängerung).

Grundrechte sind zu gewähren. Weder Druck des WEF noch eines anderen Nationalstaats sind legitimiert, die freie Meinungsäusserung in Graubünden einzuschränken. Vor diesem Hintergrund richten die Unterzeichnenden an die Regierung folgende Fragen:

1. Gab es seitens des Kantons Einwände, die gegen eine Durchführung der nicht bewilligten Demonstrationen gesprochen haben? Wenn Ja, welche?

2. Wie beurteilt die Regierung die rigorose Ablehnung (und deren Begründung) mehrerer Gesuche für friedliche und gewaltfreie Kundgebungen am Rande des Annual Meetings 2018 des World Economic Forums?

3. Sind der Regierung andere Gründe als die grosse Schneemenge bekannt, die gegen eine Erteilung der Bewilligung gesprochen haben? Wenn Ja, welche?

4. Wie viele Festnahmen wurden während des WEF registriert, die letztlich keinen Straftatbestand zur Grundlage hatten?

5. Wie stellt sich die Regierung zu undurchsichtigen Festnahmen, etwa die eines NZZ-Journalisten und diejenigen der JUSO Schweiz?

Chur, 12. Februar 2018

Caviezel (Chur), Locher Benguerel, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Jaag, Monigatti, Noi-Togni, Perl, Peyer, Pfenninger, Pult, Thöny

Antwort der Regierung

Für die Regierung ist das Grundrecht der freien Meinungsäusserung von zentraler Bedeutung. Sie hat sich bisher und auch am diesjährigen WEF dafür eingesetzt, dass Kundgebungen in Davos im Rahmen des Möglichen durchführbar sind und bewilligt werden. Die Fragen werden wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Der WEF-Ausschuss der Regierung hatte sich zum Demonstrationsgesuch der SP/JUSO dahingehend geäussert, dass in Anbetracht der damaligen Lage die Bewilligung für die geplante Platzkundgebung aus sicherheitspolizeilicher Sicht erteilt werden könne.

Zu Frage 2: Der WEF-Ausschuss der Regierung hatte aus sicherheitspolizeilicher Sicht eine Stellungnahme abgegeben. Die Zuständigkeit zur Beurteilung von Kundgebungsgesuchen unter Berücksichtigung aller massgeblichen Umstände liegt bei der Gemeinde. Entscheide der Gemeinde können mittels Beschwerde an das Verwaltungsgericht einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Es ist daher nicht Sache der Regierung, den Entscheid der Gemeinde zu beurteilen, zumal der Kanton lediglich zu einem Teilaspekt Stellung genommen hatte. Im Übrigen hatten im vorliegenden Fall in hohem Masse die lokalen Verhältnisse (Schneemenge, Räumungsmöglichkeiten, Verkehr etc.) eine Rolle gespielt, die von der lokalen Behörde, d.h. dem Kleinen Landrat, zu beurteilen waren.

Zu Frage 3: Der Kanton hatte, wie bereits ausgeführt, gegenüber der Gemeinde eine Stellungnahme aus sicherheitspolizeilicher Sicht abgegeben. Die Regierung kann sich nicht zum Lagebeurteilungs- und Entscheidungsprozess der Gemeinde äussern.

Zu Frage 4: Während des WEF-Jahrestreffens 2018 gab es keine Festnahmen. Es wurden aber mehrere Personen zur Identitätsfeststellung dem Polizeiposten Davos zugeführt. Dabei handelt es sich gemäss Polizeigesetz des Kantons Graubünden um Anhaltungen.

Zu Frage 5: Die Angehörigen der JUSO Schweiz hatten an einer unbewilligten Kundgebung teilgenommen und sich der Sicherheitszone genähert. Gemäss den öffentlich bekanntgegebenen polizeilichen Anordnungen vom 6. Dezember 2017 war das Betreten der Sicherheitszone Berechtigten vorbehalten. Personen, welche die Sicherheitszone widerrechtlich zu betreten versuchen oder sich darin ohne Berechtigung aufhalten, werden in der Regel angehalten, damit weitere polizeiliche Massnahmen geprüft werden können. Entsprechend hatten die Einsatzkräfte den Auftrag, Personen welche die Sicherheitszone widerrechtlich zu betreten versuchen oder sich darin aufhalten, dem Polizeiposten Davos zuzuführen. Diesen Auftrag hatten die Sicherheitskräfte umgesetzt.

Der NZZ-Journalist wurde auf Grund von Verständigungsproblemen und unglücklicher Umstände in diese Zuführung einbezogen. Rückblickend und im Wissen der konkreten Umstände hätten die diesbezüglich notwendigen Abklärungen einfacher erfolgen können.

02. Mai 2018