Navigation

Inhaltsbereich

Session: 17.04.2018

Das System des bündnerischen Handänderungssteuerrechts im Gesetz über die Gemeinde- und Kirchensteuern fusst auf der umfassenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise (siehe Botschaft S. 216). Eine bloss zivilrechtliche Handänderung, durch welche die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Grundstück nicht ändert, stellt daher keinen Handänderungssteuertatbestand dar. Als Beispiel dafür nennt die Botschaft die Übertragung eines Grundstücks vom Alleinaktionär auf seine Gesellschaft.

Mit Urteil vom 10. Januar 2017 hat nun das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden im Entscheid A 16 21 überraschend geurteilt, dass die umfassende wirtschaftliche Betrachtungsweise durchbrochen und zu einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise gewechselt werde, sobald am fraglichen Rechtsgeschäft beidseits juristische Personen beteiligt sind (Erw. 3d). Im genannten Entscheid verkaufte eine Enkelgesellschaft, die zu 100% im Besitze ihrer Muttergesellschaft und diese wiederum zu 100% im Besitze ihrer Grossmuttergesellschaft war, ihre Hotelliegenschaft an die Grossmuttergesellschaft. Die Gemeinde unterwarf diesen Vorgang, obschon es wirtschaftlich zu keiner Handänderung gekommen ist, der Handänderungssteuer und das Verwaltungsgericht schützte diesen Entscheid.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass diese Praxis auf seine alte Rechtsprechung zurückzuführen sei, die der Grosse Rat übernommen habe. «Wenn der Gesetzgeber die bereits vor Erlass des kantonalen Gesetzes über die Gemeinde- und Kirchensteuern geltende Praxis übernehmen wollte, ist diese auch unter Geltung des erwähnten Gesetzes zu berücksichtigen, weshalb bei der Beurteilung eines Rechtsgeschäfts, an welchem beidseits juristische Personen beteiligt sind, auch weiterhin allein die direkt beteiligten Vertragsparteien ins Auge gefasst werden, nicht aber die dahinterstehenden Gesellschafter oder allfällige Firmenkonglomerate, Holding- oder Konzerngesellschaften». Es wäre deshalb, so das Gericht, Sache des Gesetzgebers, diese Praxis zu korrigieren.

Die Unterzeichneten nehmen diese Aufforderung des Gerichts an und fordern deshalb die Regierung auf, das Handänderungssteuerrecht so zu ändern, dass wirtschaftliche Handänderungen im oben beschriebenen Sinn innerhalb von Konzern- und Holdingstrukturen handänderungssteuerfrei sind und die umfassende wirtschaftliche Betrachtungsweise damit umgesetzt wird.

Chur, 17. April 2018

Kunz (Chur), Hug, Crameri, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Burkhardt, Caduff, Caluori, Casanova-Maron (Domat/Ems), Casty, Casutt-Derungs, Claus, Davaz, Dudli, Engler, Felix (Scuol), Giacomelli, Hardegger, Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jenny, Joos, Kasper, Koch (Igis), Kunz (Fläsch), Marti, Nay, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Pedrini, Pfäffli, Salis, Sax, Schutz, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tenchio, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Weber, Weidmann, Gugelmann, Natter, Pfister, Wellig

Antwort der Regierung

Die kommunale Handänderungssteuer wird heute abschliessend im Gemeinde- und Kirchensteuergesetz (GKStG; BR 720.200) geregelt. Die Gemeinden können entscheiden, ob sie eine Handänderungssteuer erheben wollen, sie legen den Steuersatz von maximal zwei Prozent im kommunalen Steuergesetz fest und sie sind zuständig für die Erhebung der Handänderungssteuer.

Die Handänderungssteuer ist eine Rechtsverkehrssteuer. Als Handänderung gilt jede Übertragung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verfügungsgewalt über ein Grundstück. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise wirkt auch zugunsten der Steuerpflichtigen, wodurch zivilrechtliche Handänderungen nicht der Handänderungssteuer unterstellt werden, wenn die wirtschaftliche Berechtigung am jeweiligen Grundstück nicht ändert. Der Gesetzgeber ist diesbezüglich bei der Schaffung des GKStG bewusst weiter gegangen, als andere kantonale Gesetzgeber. An diesem Grundsatzentscheid soll heute nicht gerüttelt werden.

Das Bündner Verwaltungsgericht hat die Frage der Handänderungen zwischen verbundenen Gesellschaften immer mit Blick auf die betroffenen Vertragsparteien und (bei juristischen Personen) nicht auf die dahinterstehenden Beteiligten beurteilt (vgl. VGU A 13 55 E. 4. b). So stellt eine zivilrechtliche Handänderung zwischen dem Aktionär und der von ihm beherrschten Aktiengesellschaft zwar eine zivilrechtliche, nicht aber eine wirtschaftliche Handänderung dar, weshalb keine Handänderungssteuer anfällt. Bei einer Liegenschaftenübertragung zwischen zwei Schwestergesellschaften ist demgegenüber auch eine wirtschaftliche Handänderung bejaht worden, weil die beiden Vertragsparteien und nicht deren Aktionäre zu betrachten sind (PVG 2014, Nr. 16, E. 4 b = VGU A 13 55).

Diese verwaltungsgerichtliche Praxis entspricht auch nach Auffassung der Regierung dem Wortlaut des GKStG und dem Willen des Gesetzgebers bei der Schaffung dieser Norm. Im konkret bemängelten Fall hat nun das Verwaltungsgericht entschieden, dass der Verkauf einer Liegenschaft von der Enkelgesellschaft an die Grossmuttergesellschaft sowohl eine zivilrechtliche als auch eine wirtschaftliche Handänderung bewirke und damit ein Handänderungssteuertatbestand zu bejahen sei. Im Lichte der dargestellten Rechtsprechung könnte durchaus auch die Auffassung vertreten werden, dass eine wirtschaftliche Handänderung zu verneinen sei, weil die Grossmuttergesellschaft über die Beteiligungsrechte schon zuvor wirtschaftlich über die Liegenschaft verfügen konnte. Das Verwaltungsgericht verweist dafür aber auf eine Änderung des Gesetzes.

Die Regierung ist bereit, für die genannte Konstellation eine gesetzliche Regelung aufzunehmen. Diese wird sich aber auf Fälle beschränken, bei denen aus dem Blickwinkel der involvierten Steuersubjekte eine wirtschaftliche Handänderung verneint werden kann. Eine umfassende wirtschaftliche Betrachtungsweise innerhalb des Konzerns kann weder sachlich richtig sein, noch wäre eine solche Regelung bei komplexen interkantonalen oder gar internationalen Strukturen praktikabel. Die Gemeinden wären zu einem unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand gezwungen. Gleich wie die wirtschaftliche Betrachtungsweise zulasten der Steuerpflichtigen nicht beliebige Steuertatbestände begründen kann, kann sie auch nicht beliebige Ausnahmen rechtfertigen.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag teilweise zu überweisen, d.h. beschränkt auf die Korrektur der konkret beanstandeten Rechtsprechung.

21. Juni 2018