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Session: 24.10.2018

Mit Datum 26. April 2018 hat die Eidgenössische Wettbewerbskommission (WEKO) der Presse ihren 5-seitigen WEKO-Entscheid „Engadin I“ zugestellt. Darin werden die Untersuchungsergebnisse der Wettbewerbsabreden verschiedener Bauunternehmungen in der Region Engadin/Münstertal publiziert.

Vorweg wird festgehalten, dass die Unterzeichnenden die erfolgten Wettbewerbsabreden in aller Form verurteilen und die lückenlose Aufklärung und Ahndung dieser illegalen Machenschaften ausdrücklich begrüssen.

Die WEKO hat im Oktober 2018 erneut ein Papier mit Datum 26. April 2018 und mit dem gleichen Titel publiziert, welches aber inhaltliche Differenzen zur im April erschienenen Ausgabe aufweist. So wird in der ersten Ausgabe von Preisabreden geschrieben, welche höhere Preise von durchschnittlich über 45 % zur Folge hatten. In der zweiten Ausgabe ist von erhöhten Preisen von rund 25 – 45 % die Rede. Im nachfolgenden neuen Textabschnitt wird dargelegt, dass die WEKO nicht untersucht hat, ob es überhaupt zu Preiseffekten von Submissionsabreden gekommen ist. Zitat: „Sie musste und konnte den allfälligen Schaden für die Bauherrinnen vorliegend nicht berechnen.“ Es ist unverständlich, dass die WEKO solche Mutmassungen publiziert, welche sie weder untersucht hat noch beweisen kann. Die Veröffentlichung des WEKO-Entscheids „Engadin I“ hat in Graubünden wie eine Bombe eingeschlagen. Der daraus resultierende Schaden für Politik und Gewerbe ist gross. In der übrigen Schweiz ist der Eindruck entstanden, dass Gaunereien in Graubünden an der Tagesordnung sind.

Wir stellen der Regierung folgende Fragen:

1.     Wie schätzt die Regierung den Image-Schaden für den Kanton Graubünden ein, der durch den WEKO-Bericht „Engadin I“ entstanden ist?

2.     Wie beurteilt die Regierung die oben erläuterte Änderung der Publikation der WEKO?

3.     Wurden bereits Sanktionen durch die WEKO und/oder durch den Kanton gegen die fehlbaren Betriebe verhängt? Wenn ja, wie sehen diese Sanktionen aus?

4.     Wie beurteilt die Regierung die allenfalls verhängten Sanktionen auf die Arbeitnehmenden der fehlbaren Betriebe?

5.     Wie gedenkt die Regierung bei der WEKO zu intervenieren bezüglich der erfolgten Publikationen und den damit verbunden Aussagen?

Chur, 24. Oktober 2018

Hardegger, Aebli, Bettinaglio, Buchli-Mannhart, Casty, Clalüna, Danuser, Ellemunter, Erhard, Gugelmann, Hefti, Hohl, Lamprecht, Loi, Michael (Donat), Müller (Susch), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Tanner, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Die Eidg. Wettbewerbskommission (WEKO) hat ab 2012 gegen insgesamt 45 Unternehmen und den Graubündnerischen Baumeisterverband Ermittlungen eingeleitet. Mittlerweile sind acht von zehn Untersuchungen abgeschlossen und aufgrund der festgestellten Kartellrechtsverstösse Sanktionen gegenüber den involvierten Bauunternehmen ausgesprochen worden ("Münstertal", "Engadin I", "Engadin III – VIII"). Im jüngsten Fall "Engadin I" sanktionierte die WEKO mit Verfügung vom 26. März 2018 verschiedene lokale Bauunternehmen mit über 7.5 Mio. Franken. Dagegen haben einzelne Bauunternehmen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben. Der auf der Internetseite der WEKO publizierten, 301-seitigen Sanktionsverfügung "Engadin I" ist zu entnehmen, dass über Jahre in verschiedenen Konstellationen Wettbewerbsabreden stattfanden, die den Preis und die Aufteilung von Geschäftspartnern zum Gegenstand hatten. Die entdeckten Kartellrechtsverstösse werden von der WEKO fast durchwegs als schwerwiegend bezeichnet und dementsprechend sanktioniert. Betroffen von den Wettbewerbsabreden sind laut der WEKO-Verfügung auch Bauprojekte des Kantons. Die konkreten Kantonsprojekte sind jedoch in der Verfügung geschwärzt oder fallen unter den Sachverhaltsteil der Gesamtabrede, sodass eine Projektidentifikation ohne Akteneinsicht nicht möglich ist.

Der Kanton hat bei Eröffnung der Entscheide jeweils umgehend Akteneinsichtsgesuche bei der WEKO gestellt, um seine Betroffenheit überprüfen zu können. Die Verfahren sind noch hängig.

Zu Frage 1: Die WEKO hat im Kanton Graubünden nach langjährigen Untersuchungen in mehreren Verfahren Kartellrechtsverstösse durch Bauunternehmen festgestellt und diese sanktioniert. Einzelne Verfahren sind in Rechtskraft erwachsen, andere aktuell vor Bundesverwaltungsgericht hängig. Diese von der Wettbewerbsbehörde zu Tage geförderten Preis- und Gebietsabsprachen haben das Vertrauen der Regierung in die Baubranche erschüttert. Hinzu kommt, dass die WEKO für das Jahr 2019 einen weiteren Entscheid betreffend das ganze Kantonsgebiet angekündigt hat. Vor diesem Hintergrund ist der mögliche Image-Schaden zum Nachteil des Kantons noch nicht absehbar.

Zu Frage 2: Im Unterschied zum fünfseitigen Presserohstoff, welcher als Zusatzinformation zur Pressemitteilung auf der Internetseite der WEKO aufgeschaltet wurde, passte die WEKO ihre Verfügung "Engadin I" vom 26. März 2018 nicht an. Gegen die WEKO-Verfügung ist beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben worden. Rechtlich massgebend ist für den Kanton allein das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

Zu Frage 3: Die WEKO hat den involvierten Bauunternehmen teilweise bedeutende Bussgelder auferlegt. Im Fall "Münstertal" hat die WEKO von einer Sanktion aufgrund der von den betroffenen Unternehmen getätigten Selbstanzeige abgesehen. Die Regierung hat nach Rechtskraft des Falls "Münstertal" und als Folge ihrer Betroffenheit eine beim Kanton offerierende Unternehmung mit Beschluss vom 6. März 2018 für eine zeitlich befristete Dauer von Beschaffungen des Kantons ausgeschlossen. Dieser submissionsrechtliche Ausschluss wurde von der betroffenen Anbieterin beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden angefochten, wo das Verfahren hängig ist.

Zu Frage 4: Die Höhe des Bussgeldes wird von der WEKO in Anwendung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes festgelegt. Bei der Festlegung der Sanktion berücksichtigt die WEKO die finanzielle Situation der Unternehmen.

Zu Frage 5: Die Regierung stützt ihr Handeln allein auf Entscheide der WEKO bzw. des Bundesverwaltungsgerichts. Die Medieninformationen der WEKO demgegenüber betreffen Verfahrensparteien bzw. Adressaten der WEKO-Verfügung.

08. Januar 2019