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Session: 12.02.2019

Gemäss Angaben des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO ist es für Arbeitnehmende über 50 Jahren schwieriger, eine Stelle zu finden als für jüngere Arbeitssuchende. Die Situation der älteren Arbeitnehmenden ist denn auch eine von vier Prioritäten des Bundes im Rahmen der Fachkräfteinitiative. Diese Menschen stellen dementsprechend ein Potenzial an Arbeitskräften für die Wirtschaft dar, welches ungenügend erschlossen wird. Es wurden drei Nationale Konferenzen zu deren Situation durchgeführt. Die zentrale Erkenntnis der Sozialpartner im Jahr 2016 war beispielsweise, dass die Bedeutung von älteren Arbeitnehmenden für die Wirtschaft zunehmen wird.

Das SECO weist auf seiner Homepage die Arbeitslosenzahlen auch nach Altersgruppe aufgeschlüsselt auf. Das kantonale KIGA tut dies nicht.

Der Verband Avenir50plus setzt sich für Menschen über 50 Jahren mit und ohne Arbeit ein und hat 2018 eine neue Sektion Südostschweiz gegründet, welche in Chur Betroffene unterstützt und sich für deren Anliegen einsetzt. Die Gründung dieser Sektion und deren Zulauf zu den Treffen zeigen, dass das Thema auch in Graubünden virulent ist.

Von Verbandsseite her werden beispielsweise altersgerechte Beratungsmodelle, Job-Coaching, individuelle Weiterbildung statt Kollektivmassnahmen, Quereinsteiger-Förderung, Überbrückungszuschüsse wie im Kanton Waadt, Überbrückungszuschüsse kurz vor der Pensionierung und Beratungsangebote für Ausgesteuerte gefordert.

Im Besonderen wird jedoch immer wieder beklagt, dass die Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen und die Arbeitslosenkassen bei der Stellenvermittlung und im Rahmen von arbeitsmarktlichen Massnahmen zu wenig auf die besonderen Bedürfnisse von älteren Stellensuchenden eingehen, dass ihnen kaum Jobs vermittelt werden und dass generell die beruflichen Qualifikationen besser gefördert werden könnten.

Die Regierung wird daher um Beantwortung der folgenden Fragen ersucht:

1.     Wie haben sich die absoluten Zahlen der stellensuchenden und arbeitslosen Personen über 50 Jahren in Graubünden in den letzten 10 Jahren entwickelt und wie verhalten sich die Quoten im Vergleich mit derjenigen der andern Zielgruppen (GR und CH)?

2.     Inwiefern berücksichtigen die Regionalen Arbeitsvermittlungen und die Arbeitslosenkassen die besonderen Bedürfnisse von älteren Stellensuchenden bei der Stellenvermittlung und der Anwendung von Einarbeitungszuschüssen?

3.     Welche Möglichkeiten sieht die Bündner Regierung, die Förderung der beruflichen Qualifikationen von älteren Arbeitskräften zu verbessern und dadurch der Wirtschaft mehr geeignete Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen?

Chur, 12. Februar 2019

Degiacomi, Alig, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther, Bigliel, Bondolfi, Brandenburger, Brunold, Cahenzli-Philipp, Caluori, Cantieni, Cavegn, Caviezel (Chur), Caviezel (Davos Clavadel), Danuser, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Epp, Favre Accola, Florin-Caluori, Flütsch, Gasser, Geisseler, Gort, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Jenny, Kohler, Lamprecht, Locher Benguerel, Maissen, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Müller (Susch), Müller (Felsberg), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Paterlini, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rüegg, Rutishauser, Salis, Schmid, Schwärzel, Thöny, Thür-Suter, Weber, Widmer-Spreiter (Chur), Wilhelm, Zanetti (Sent), Holliger, Lunghi

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Der Vergleich der Arbeitslosenquoten von 2008 bis 2018 der Altersklassen der 15 – 24-Jährigen, der 25 – 49-Jährigen und der über 50-Jährigen (50+) zeigt, dass die 50+ bis ins Jahr 2015 die am wenigsten stark betroffene Alterskategorie war. Ab 2016 nimmt die Jugendarbeitslosigkeit teils demographisch bedingt massiv ab, so dass ab diesem Zeitpunkt die Jugendarbeitslosenquote tiefer ist als die Quote der 50+. Im Vergleich zur Alterskategorie der 25 – 49-Jährigen sind die 50+ nach wie vor weniger stark betroffen (vgl. Tabelle).

Der Vergleich mit der gesamtschweizerischen Arbeitslosenquote der 50+ zeigt, dass diese Alterskategorie im Kanton Graubünden deutlich weniger stark von Arbeitslosigkeit betroffen ist. Die Bündner Arbeitslosenquote der 50+ lag im Verlauf der letzten zehn Jahre durchgehend um 1 – 1,8 % unter dem schweizerischen Durchschnitt.

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Zu Frage 2: Im Unterschied zu den jüngeren Alterskategorien ist die Vermittlung von Arbeitslosen 50+ deutlich schwieriger. Die wichtigsten Instrumente zur Verbesserung der Vermittlungsfähigkeit der 50+ sind je nach persönlicher Situation der Betroffenen Weiterbildung (siehe Antwort zu Frage 3), individuelles Coaching, Nutzung von Netzwerken und Sensibilisierung der Arbeitgebenden. Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) nutzen die vorerwähnten Instrumente zugunsten älterer Arbeitsloser seit Jahren. So etwa haben die Personalberaterinnen und Personalberater der RAV im vergangenen Jahr insgesamt 570 Arbeitgebende besucht und im Rahmen dieser Gespräche unter anderem auch auf die verschiedenen Instrumente zur Weiterbildung und Einarbeitung älterer Arbeitsloser hingewiesen. Durch diese seit Jahren durchgeführten Arbeitgebendenbesuche verfügen die RAV über ein gutes Netzwerk zu den Unternehmen, welches natürlich auch bei der Vermittlung von älteren Stellensuchenden genutzt wird. Ab Mai 2019 wird das Angebot der Stiftung Schweizerische Aus- und Weiterbildung (SSAW) für die Altersgruppe 50+ bereitgestellt. Nebst dem Coaching, welches die SSAW anbietet, sollen die dort vorhandenen Netzwerke genutzt werden. Zudem ist eine Kooperation mit dem Verband Avenir50plus geplant. Ein erster Austausch diesbezüglich hat bereits stattgefunden.

Die Gewährung von Einarbeitungszuschüssen (EAZ) wird in der Regel an die Bedingung geknüpft, dass die versicherte Person einen unbefristeten Vertrag erhält. Im Tourismuskanton Graubünden schränkt diese Voraussetzung die Nutzung von Einarbeitungszuschüssen ein, da über 80 % der gemeldeten Stellen zeitlich befristete Saisonstellen sind. Die RAV in Graubünden behelfen sich durch die Genehmigung von Praktika. Mit Praktikumszuschüssen, welche keiner Altersbeschränkung unterliegen, können auch ältere Arbeitslose eingearbeitet werden.

Zu Frage 3: Die Förderung der beruflichen Qualifikationen ist eine zentrale Massnahme für eine erfolgreiche Stellenvermittlung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass auch sehr gut qualifizierte, ältere Arbeitslose grosse Schwierigkeiten bekunden, Arbeitsstellen zu finden.

Soweit Qualifikationsdefizite bestehen, werden seitens der RAV die notwendigen Qualifizierungsmassnahmen gefördert, wobei deren Dauer in der Regel bei maximal sechs Monaten liegt. Zudem besteht bei Bedarf auch immer die Möglichkeit, ältere Arbeitslose mit Einzelcoachings durch Fachleute zu unterstützen. Insbesondere bei bildungsungewohnten, älteren Hilfsarbeitskräften ist der Spielraum für Qualifizierungsmassnahmen oft sehr beschränkt. Zu berücksichtigen gilt es zudem, dass nicht wenige ältere Arbeitslose unter gesundheitlichen Problemen leiden und deshalb nur eingeschränkt leistungsfähig sind, was die Vermittlungsfähigkeit stark beeinträchtigt.

26. April 2019