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Session: 13.06.2019

Die Erstellung und Miete der Provisorien im Zusammenhang mit der Konviktsanierung kosten rund 2.6 Mio. Franken. Obschon diese Summe die in Art. 14 des kantonalen Submissionsgesetzes festgelegte Obergrenze für eine Vergabe im freihändigen Verfahren (0.3 Mio. Franken) um ein Vielfaches übersteigt, wurde der Auftrag nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern direkt an eine Firma vergeben. In der Sendung "Schweiz aktuell" vom 18.03.2019 zweifelt Vergabespezialist Peter Hettich, Professor für öffentliches Recht an der Universität St. Gallen an, dass genügend legitime Gründe gemäss Art. 3 der kantonalen Submissionsverordnung für ein freihändiges Verfahren der Provisorien vorlagen. Eine Stellungnahme der Regierung zu den Vorwürfen blieb in besagtem Medienbericht aus, stattdessen nahm die Verwaltung Stellung.

Aus diesem Grund bitten die Unterzeichnenden die Regierung um Beantwortung folgender Fragen:

1.     Weshalb äusserte sich die Regierung im Rahmen der oben erwähnten Berichterstattung nicht zur Frage der freihändigen Vergabe der Konvikt-Provisorien?

2.     Wie stellt sich die Regierung zu den Vorwürfen des Vergabeexperten Prof. Hettich, der die Rechtmässigkeit der freihändigen Vergabe zur Erstellung und Miete der Provisorien im Zusammenhang mit der Konviktsanierung anzweifelt?

3.     Wie häufig wurden in den vergangenen fünf Jahren kantonale Aufträge mittels Berufung auf Ausnahmebestimmungen im freihändigen Verfahren vergeben, obschon die zulässige Auftragssumme überschritten war? Welche konkreten Aufträge waren davon allenfalls betroffen und wie wurde die freihändige Vergabe begründet?

4.     Gedenkt die Regierung bei künftigen Aufträgen im Umfang von mehr als 300'000 Franken die Auslegung der Ausnahmebestimmungen für das freihändige Verfahren enger zu fassen?

5.     Teilt die Regierung die Auffassung, dass eine grosszügige Auslegung der Ausnahmebestimmungen für eine Vergabe im freihändigen Verfahren (wie im Falle der Konvikt-Provisorien) Wettbewerb und Innovation hemmt und das Risiko einer nicht tolerierbaren Begünstigungspolitik einzelner Firmen durch den Kanton befördert?

Pontresina, 13. Juni 2019

Wilhelm, Bigliel, Bettinaglio, Atanes, Baselgia-Brunner, Cahenzli-Philipp, Caluori, Caviezel (Chur), Della Cà, Deplazes (Chur), Dürler, Felix, Flütsch, Gasser, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Kappeler, Locher Benguerel, Müller (Susch), Müller (Felsberg), Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Perl, Preisig, Rettich, Rutishauser, Schwärzel, Stiffler, Thöny, von Ballmoos, Waidacher, Widmer (Felsberg), Pajic

Antwort der Regierung

Die provisorischen Unterkünfte sind Teil des Gesamtprojekts "Gesamtsanierung Konvikt". Für dessen bauliche Instandsetzung wurde im Jahr 2016 ein selektiver Gesamtleistungswettbewerb gemäss WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen) öffentlich ausgeschrieben. Mit Beschluss vom 22. November 2016 (Prot. Nr. 1026) vergab die Regierung unter Vorbehalt der Kreditgenehmigung durch den Grossen Rat den Gesamtleistungsauftrag für die bauliche Instandsetzung des Konvikts einem einheimischen Konsortium mit dem Architekten Pablo Horvath (Siegerprojekt "Weniger ist mehr") zum Gesamtbetrag von rund 24.8 Mio. Franken. Dieser Auftrag wurde mit Beschluss der Regierung vom 8. August 2017 (Prot. Nr. 661) für die während der baulichen Sanierung des Konvikts temporär benötigten Unterkunftsprovisorien im Rahmen einer Freihandvergabe um rund 2.7 Mio. Franken erweitert. Ausschlaggebend für die freihändige Erweiterung des Grundauftrages waren die vom Totalunternehmer bei den Provisorien zu leistenden Koordinations-, Vorbereitungs- und Installationsarbeiten sowie dessen Gesamtverantwortung für Termine, Qualität und Kosten.

Bei den auf Mietbasis beschafften Provisorien handelt es sich um eine innovative Produktneuheit eines regionalen Holzbauunternehmers. Der Baustoff Holz ist ökologisch und die Module sind energetisch hocheffizient. Die Mietlösung ermöglicht die Weiterverwendung (Folgenutzung) der Module nach Abschluss der Konviktsanierung und führt deshalb für den Kanton zu tiefen Kosten. Marktabklärungen des Kantons hatten damals ergeben, dass die Produktneuheit deutlich preisgünstiger war als die Miete herkömmlicher Wohncontainer. Die vom Kanton angestrebte Nachhaltigkeit kann mit der gewählten Lösung vorbildhaft erreicht werden. Im vom Grossen Rat genehmigten Verpflichtungskredit von 31.4 Mio. Franken für die Gesamtsanierung des Konvikts waren die Kosten für die Provisorien enthalten und offen ausgewiesen (vgl. Jahresrechnung 2016, S. 64 ff.).

Zu Frage 1: Die Medienschaffenden des Schweizerischen Fernsehens wandten sich mit ihrer Anfrage an das für die Projektrealisierung zuständige Hochbauamt. Gemäss dem üblichen Vorgang bei Medienanfragen erteilte hierauf der Kantonsbaumeister als offizielle Ansprechperson des Hochbauamtes Auskunft.

Zu Frage 2: Die Regierung erachtet unter der Gesamtwürdigung aller beschaffungsrelevanten Aspekte das gewählte Vorgehen nach wie vor als richtig und beurteilt die Auftragserweiterung als im Einklang mit den submissionsrechtlichen Bestimmungen.

Zu Frage 3: Gemäss der kantonalen Vergabestatistik nahm die kantonale Verwaltung in den vergangenen fünf Jahren (2014–2018) 188 Mal gestützt auf eine Ausnahmebestimmung von Art. 3 der kantonalen Submissionsverordnung (SubV; BR 803.310) eine Direktvergabe vor, dessen Auftragssumme über dem Schwellenwert für das freihändige Verfahren lag. Grösstenteils handelte es sich dabei um Auftragserweiterungen, die aufgrund projekttechnischer Abhängigkeiten oder anderer Besonderheiten an den ursprünglichen Anbieter vergeben werden müssen. Aber auch die weiteren in Art. 3 SubV aufgeführten, aus dem WTO-Abkommen abgeleiteten Ausnahmebestimmungen werden bei begründetem Bedarf von den Beschaffungsstellen angerufen. So können Dringlichkeitsgründe (z.B. Felssturz Molina-Buseno), Sicherheitsgründe (z.B. Drohnendetektionsanlage JVA Tignez) oder fehlende Auswahl (z.B. Bezug von Auftausalz bei den Schweizer Salinen) für eine Freihandvergabe über den massgeblichen Schwellenwerten relevant sein.

Zu Frage 4: Der Kanton wird auch in Zukunft die zu wählende Verfahrensart individuell prüfen und in Beachtung der submissionsrechtlichen Vorgaben festlegen. Bei Erfüllung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmebestimmungen sollen diese weiterhin restriktiv angewandt werden.

Zu Frage 5: Die submissionsrechtlichen Ausnahmeregelungen ermöglichen eine fach- und sachgerechte Vergabe in besonderen Fällen. Sie werden nicht allgemein von den Beschaffungsstellen angewandt, sondern zurückhaltend angerufen. Die Gefahr einer allgemeinen Wettbewerbs- oder Innovationshemmung stellt sich somit nicht.

29. August 2019