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Session: 12.02.2020

Die Schule in unserem Kanton hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Neue Herausforderungen wie bspw. die Digitalisierung, soziale Medien, Heterogenität, Erwartungen seitens der Eltern, neue Lehrpläne u.a. prägen die Schule und somit die Schüler und Schülerinnen und Lehrpersonen. Immer mehr verhaltensauffällige Schüler belasten Lehrerschaft und Schule.

Die Schulsozialarbeit (SSA) ist seit rund 20 Jahren in der Schweiz und seit ca. 15 Jahren in Graubünden bekannt. Sie setzt dort an, wo der Schule Grenzen gesetzt sind. Schulsozialarbeit berät Schüler und Schülerinnen in belastenden Situationen leistet Familienberatung und entlastet Lehrpersonen durch ihr Wirken. Sie vermittelt unabhängig zwischen Schule, Schülern und Eltern. Die Schulsozialarbeit ist in der Lage, früh auf Herausforderungen zu reagieren und so ungünstige Spätfolgen abzuwenden.

Belastende, problematische oder schulbehindernde Situationen sind heute nicht ausschliesslich im urbanen Umfeld zu beobachten, sondern zeigen sich auch in abgelegenen Talschaften Graubündens. Durch ihre unmittelbare Nähe zu den Jugendlichen trägt die SSA massgeblich zu einem erfolgreichen Integrationsprozess in multikulturellen Settings bei.

In Graubünden haben 14% der Schulträgerschaften bereits eine Schulsozialarbeit eingeführt. Diese Gemeinden sind von der Wirksamkeit der Schulsozialarbeit gänzlich überzeugt, was u.a. auch daran zu erkennen ist, dass keine dieser Stellen nach deren Einführung abgebaut wurde (trotz fehlender gesetzlicher Grundlage). Gerade für kleine Gemeinden stellt die Finanzierung der SSA nach wie vor eine hohe Hürde dar.

Die Angliederung der SSA ans AVS ist aus fachlicher Sicht zudem zu überprüfen. Diese macht insofern Sinn, als dass die Leistungen der SSA im Regelfall in schulischen Infrastrukturen erbracht werden. Die SSA erfüllt in diversen Gemeinden aber auch einen präventiven Auftrag. Dazu kommen beraterische Tätigkeiten, welche objektiv mit den Leistungen der Väter- und Mütterberatung verglichen werden können. Dies lässt eine Angliederung an das Gesundheitsamt sinnvoll erscheinen. Ob dem betreffen die erbrachten Leistungen vorwiegend soziale, ausserschulische Themen. Zudem stellt die SSA nicht die Schule, sondern die Kinder und Jugendlichen ins Zentrum ihrer Leistungserbringung. Eine Angliederung ans AVS birgt somit mögliche Interessenkonflikte. Aus fachlicher Sicht wäre eine Angliederung der SSA ans Sozialamt deshalb korrekt.

Aktuell verfügt die SSA im Kanton Graubünden über keine gesetzliche Grundlage. Art. 40 des Schulgesetzes beinhaltet lediglich folgenden Passus: «Die Schulträgerschaften können bei Bedarf zusätzliche Angebote wie Schulsozialarbeit oder Time-out-Angebote schaffen.»

Deshalb möchten die Unterzeichnenden von der Regierung Folgendes wissen:

1.     Wie schätzt die Regierung die Entwicklung der SSA im Kanton Graubünden in den letzten Jahren ein?

2.     Erachtet die Regierung die Angliederung der SSA an das AVS, mit Blick auf die obige Argumentation als zielführend?

3.     Gibt es bei Fragen eine Anlaufstelle für Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer bzw. gibt es Qualitätsstandards für die Leistungserbringung der SSA und wie werden diese überprüft?

4.     Ist seitens der Regierung die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die SSA geplant bzw. erkennt die Regierung einen solchen Schritt als gewinnbringend an?

Chur, 12. Februar 2020

Rettich, Tomaschett-Berther (Trun), Kuoni, Atanes, Baselgia-Brunner, Bettinaglio, Bigliel, Brunold, Cahenzli-Philipp, Caluori, Cantieni, Casty, Caviezel (Chur), Degiacomi, Deplazes (Chur), Derungs, Dürler, Ellemunter, Epp, Fasani, Favre Accola, Flütsch (Splügen), Föhn, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Gugelmann, Hartmann-Conrad, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Jochum, Kienz, Kunfermann, Märchy-Caduff, Mittner, Müller (Felsberg), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Perl, Preisig, Rutishauser, Schneider, Tanner, Thomann-Frank, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Wilhelm, Gaupp, Spadarotto, Stieger

Antwort der Regierung

Seit rund 15 Jahren ist die Schulsozialarbeit (SSA) im Kanton Graubünden vertreten. Die Schulträgerschaften haben bisher eigenständig entschieden, ob sie SSA einführen wollen oder nicht. Diese Entwicklung, d. h. die angepasste Ausbreitung und der Entscheid durch betroffene Schulträgerschaften, entspricht generell der Situation schweizweit. SSA ist nicht flächendeckend verbreitet, wird aber überall da eingesetzt, wo Bedarf besteht resp. Unterstützung bei sozialen Problemen im Kontext Schule als dringlich erscheint. Hier leistet die SSA wertvolle Hilfe. Organisatorisch ist die SSA in der Regel der Schulträgerschaft oder der politischen Gemeinde (z. B. dem Sozialdienst) zugeordnet.

Zu Frage 1: Die SSA hat sich bei vielen Schulträgerschaften des Kantons etabliert, insbesondere in sozialen Brennpunkten. Aktuell ist SSA in rund 20 Prozent der Schulträgerschaften in Graubünden vorhanden. In weiteren Schulträgerschaften ist die Einführung von SSA geplant oder steht konkret bevor. Teilweise wird SSA zudem für einzelne Projekte oder Aufträge von Schulträgerschaften ohne fest installierte SSA eingekauft.

An den verschiedenen Standorten werden Schülerinnen und Schüler (SuS) durch das Angebot der SSA bei der Bewältigung von sozialen Problemen kompetent unterstützt. Es kann sich beispielsweise um Klassenprojekte im Zusammenhang mit sozialen Medien oder Einzelberatungen bei Suchtfragen handeln. Bei einer Einführung wird das Angebot jeweils an die regionalen Verhältnisse angepasst. Dies hat sich aus Sicht der Regierung bewährt und zu guter Akzeptanz bzw. Verankerung der SSA in diesen Schulträgerschaften geführt.

Zu Frage 2: Aus Sicht der Regierung ist eine Angliederung der SSA an den Kanton bzw. das Amt für Volksschule und Sport nicht zielführend. Die bisherige Regelung hat sich, wie in Frage 1 ausgeführt, bewährt. Die SSA fungiert als ein Angebot für SuS im niederschwelligen Bereich. Die Ausgestaltung des niederschwelligen Bereichs liegt gemäss Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden (Schulgesetz; BR 421.000) in der Verantwortung der Schulträgerschaften.

Zu Frage 3: AvenirSocial (Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz) und der Schulsozialarbeitsverband haben Qualitätsrichtlinien für SSA herausgegeben. Leistungsanbieter können diese Qualitätsrichtlinien beiziehen. Die Überprüfung der Leistung obliegt den Anstellungsbehörden bzw. den Schulträgerschaften.

Zu Frage 4: Der bisherige gesetzliche Rahmen im Schulgesetz (Art. 40) mit seiner Kann-Formulierung hat sich aus Sicht der Regierung bewährt. Dieser erlaubt, dass Schulträgerschaften selber entscheiden, ob sie eine an die regionalen Verhältnisse angepasste SSA einführen wollen. Eine Erweiterung der gesetzlichen Grundlage ist daher aus Sicht der Regierung nicht notwendig.

16. April 2020