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Session: 19.06.2020

Die Förderung von Talenten im Bereich von Musik und Sport in den Bündner Schulen hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Es sind auf der Sekundarstufe I vier Talentschulen entstanden, die allesamt exzellente Arbeit leisten. Ebenso haben Sportlerinnen und Sportler auf der Sekundarstufe II bei der Gewerblichen Berufsschule in Chur gute Möglichkeiten, ihre Ausbildung individuell mit der Ausübung von Leistungssport im Hinblick auf die Förderung ihrer eigenen Spitzensportkarriere zu kombinieren.

Auf gymnasialer Stufe bestehen demgegenüber im Kanton Graubünden grosse regionale Lücken. Zwar bieten das Sportgymnasium Davos, das Hochalpine Institut in Ftan sowie die Sportmittelschule der Academia in Samedan Sportlerinnen und Sportler mit grossen Ambitionen im Sport und dem schulischen Ziel, die Matura oder den Fachmittelschulabschluss zu erreichen, gute Möglichkeiten. Die Angebote beschränken sich mit wenigen Ausnahmen auf Wintersportarten sowie – mit Ausnahme von Eishockey in Davos – auf Einzelsportarten.

Sportlerinnen und Sportler, welche in Sommersportarten in Einzeldisziplinen (z.B. Leichtathletik, Mountainbike) oder in Mannschaftssportarten (Fussball, Unihockey, Volleyball etc.) eine Leistungssportkarriere und gleichzeitig eine Matura bzw. einen Mittelschulabschluss anstreben, können dies im Kanton Graubünden nicht realisieren. Sportlerinnen und Sportler in Wintersportarten, welche im Bündner Rheintal oder in der Surselva wohnen, müssten ihrerseits in ein Internat wechseln. Dieses wiederum verursacht den Eltern erhebliche Kosten.

Für musikalisch begabte Schülerinnen und Schüler fehlen – soweit ersichtlich – in den Mittelschulen im ganzen Kanton entsprechende Angebote.

An der Kantonsschule Chur, der grössten Mittelschule unseres Kantons, sind zwar Bemühungen um eine bessere Vereinbarkeit zwischen Schule und Sport im Gange. Diese hinken den optimalen Angeboten von Sportklassen an den anderen Schulen im Kanton und ausserhalb des Kantons hingegen weit hinterher. Insbesondere die fortschreitende Digitalisierung würde heute beste Möglichkeiten für eine mit einer Karriere im Leistungssport zu vereinbarende Ausbildung an der Mittelschule bieten. Aus diesem Grund können entsprechende Angebote in einer modernen Mittelschule mit der Grösse der Bündner Kantonsschule nicht mehr fehlen.

Um auch Schülerinnen und Schülern aus den Talentklassen in Ilanz und Chur ein Angebot zu ermöglichen und für alle Bündner Schülerinnen und Schüler insbesondere die Lücke im Bereich Sommer- und Mannschaftssport sowie Musik zu schliessen, beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung, Musik- und Sportklassen an der Kantonsschule in Chur zu schaffen, welche für musikalisch oder sportlich besonders begabte Jugendliche nach der 2. oder 3. Sekundarschule angepasste Wochenlektionen, geeignete Formen von Blended Learning sowie eventuell verlängerte Ausbildungszeiten anbieten.

Chur, 19. Juni 2020

Cavegn, Schneider, Kappeler, Berther, Brunold, Caluori, Casutt-Derungs, Crameri, Degiacomi, Deplazes (Chur), Epp, Fasani, Flütsch, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Grass, Hofmann, Horrer, Kohler, Loepfe, Michael (Donat), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rutishauser, Schmid, Ulber, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Landquart), Pajic

Antwort der Regierung

Im Bereich der Förderung junger Talente insbesondere an den Gymnasien gilt es zu beachten, dass für Sport und Musik bereits ein breites Fächerangebot besteht. Sport wird von der ersten bis zur sechsten Gymnasialklasse obligatorisch und promotionswirksam unterrichtet und wird auch als Ergänzungsfach angeboten. Ähnlich verhält es sich mit dem Unterrichtsfach Musik, welches als Grundlagen-, als Schwerpunkt- und als Ergänzungsfach, beispielsweise an der Bündner Kantonsschule (BKS) mit obligatorischem Instrumental-/Gesangsunterricht, besucht werden kann und bereits hohe Anforderungen stellt. Sowohl für Sport als auch für Musik existiert zudem ein breites Angebot an Freifächern. Ähnliche Förderangebote gibt es an den Fachmittelschulen und in reduzierter Form an den Handelsmittelschulen.

Die privaten Mittelschulen nutzen die Möglichkeiten der Talentförderung auch zur Schärfung ihres Schulprofils und damit zur Akquisition von Schülerinnen und Schülern (SuS). In diesem Umfeld nimmt die BKS eine besondere Rolle ein, weil sie als Teil eines dezentralen Mittelschulangebots aus regionalpolitischen Überlegungen die privaten Mittelschulen nicht in allen Bereichen konkurrenzieren soll. Daher fokussiert die BKS bisher vor allem auf die Förderung der Ausbildung in den Kantonssprachen sowie in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT-Fächer).

Seit dem Schuljahr 2018/19 verfügt die BKS über Bestimmungen zur Koordination von Leistungssport und Schule für SuS, welche über eine Swiss Olympic Talent Card regional/national oder einen gleichwertigen Leistungsausweis verfügen, Mitglieder eines Nachwuchs- oder Leistungssportteams in einem Sportverein oder in einem Sportverband sind, durchschnittlich acht Stunden pro Woche sportartenspezifisch trainieren und regelmässig an regionalen, nationalen oder internationalen Wettkämpfen/Meisterschaften teilnehmen. Diese erhalten für angeleitete Trainings in der Regel maximal ein bis zwei Halbtage Urlaub pro Woche, für Wettkämpfe bis zu zehn Schultage pro Schuljahr sowie für Trainingslager bis zu zehn Schultage pro Schuljahr. Dieses Förderprogramm wurde in Kenntnis der breiten Bedürfnisse regionaler Sportverbände erarbeitet und ermöglicht es Sportlerinnen und Sportlern in Sommer- oder Wintersportarten, in Einzel- oder in Mannschaftssportarten, eine Leistungssportkarriere und gleichzeitig einen Mittelschulabschluss anzustreben. Die Rückmeldungen der Sportverbände zu diesem Konzept sind positiv und die Mehrheit der geförderten SuS, konnte die schulischen Anforderungen trotz erhöhter Abwesenheit erfüllen.

Ein vergleichbares Förderprogramm existiert an der BKS im Bereich Musik, indem für besonders talentierte SuS auch die Zusammenarbeit mit Konservatorien möglich ist. Es werden pro Schuljahr zehn Jahreslektionen für die Leitung musikalischer Vereine (Chor, Kadetten, Orchester, kanti-s-wings) zur Verfügung gestellt. Sowohl die Evangelische Mittelschule Schiers als auch die Academia Engiadina verfügen über spezifische von der Regierung genehmigte Talentförderprogramme im Bereich Musik.

Die aktuelle Praxis der individuellen Förderung an der BKS hat sich aufgrund der sehr unterschiedlichen Förderanforderungen in den Bereichen Musik und Sport sehr gut bewährt, ist mit vertretbarem Aufwand umsetzbar und erlaubt es, eine breite Palette von jungen Talenten komplementär zu den Angeboten der privaten Mittelschulen zu fördern. Im Sportbereich profitieren aktuell ca. 12–15 SuS vom BKS-Förderprogramm. Besonders wichtig ist aber, dass sich das Fördermodell der BKS mit allen Ausbildungsangeboten kombinieren lässt, insbesondere mit der zweisprachigen Maturität in den Kantonssprachen. Die Digitalisierung des Unterrichts wird zukünftig eine bedürfnisgerechte Weiterentwicklung dieses Förderprogramms erlauben. Trotz all dieser Fördermassnahmen gilt es zu beachten, dass die Mittelschulen allgemeinbildende Institutionen sind, welche auf einem diversifizierten Fächerkanon aufbauen und entsprechende schulische Leistungen der SuS einfordern.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag wie folgt abzuändern:

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, anstelle der Schaffung von Talentklassen die bisherige individuelle Talentförderung an der Bündner Kantonsschule auszubauen und organisatorisch zu stärken.

26. August 2020