Navigation

Inhaltsbereich

Session: 18.02.2021

Für die Jahre 2020-2024 genehmigte die Regierung gemäss Regierungsmitteilung vom 10. Dezember 2020 eine Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton und der Pro Natura Graubünden. Die Vereinbarung soll mit einem jährlichen Kantonsbeitrag von Fr. 800'000 und einem Bundesbeitrag in gleicher Höhe die Schutzgebietspflege regeln bzw. abgelten.

Pro Natura Graubünden schützt jährlich rund 120 Hektaren Biotopfläche, wovon gut die Hälfte von nationaler Bedeutung ist. Die Naturschutzorganisation Pro Natura Graubünden ist aber auch dafür bekannt, dass sie sich zu fast allen Entwicklungs-projekten ausserhalb der Bauzone kritisch oder negativ äussert und damit versucht, diese zu verhindern, zu verzögern und zu verteuern. Projekte und Infrastrukturen, welche grösstenteils für das Überleben im Berggebiet Grundvoraussetzung sind, werden dadurch immer wieder ausgebremst. Öffentliche Gelder der Wirtschaftsentwicklung verfehlen ihre Wirkung, da der exzessive Umgang mit dem Verbandsbeschwerderecht von Pro Natura und weiteren NGOs die Entwicklungsprojekte gezielt verteuert oder zu Fall bringt.

Die Regierung wird gebeten, nachfolgende Fragen zu beantworten:

  1. Wurde die Leistungsvereinbarung im Umfang von gesamthaft Fr. 1,6 Millionen gemäss Submissionsgesetz öffentlich ausgeschrieben? Wenn nein, wieso nicht?
  2. Wurden «Konkurrenzofferten» eingeholt oder Vergleiche mit anderen Leistungen (z. B. Stundenansätze) hinzugezogen, welche eine Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses rechtfertigen (Entschädigung von Fr. 13'333 pro ha oder Fr. 1.33 pro m2)?
  3. Könnte der Auftrag der Schutzgebietspflege aus Sicht der Regierung nicht auch für private Unternehmen oder die Landwirtschaft interessant sein und wie wird verhindert, dass die Pflege der Biotopflächen nicht doppelt subventioniert wird, indem auch Direktzahlungen an die Bauern oder Bäuerinnen für die gleichen Flächen ausbezahlt werden?
  4. Gemäss Medienmitteilung wurde die Leistungsvereinbarung für den Zeitraum 2020 bis 2024 abgeschlossen. Trat die Leistungsvereinbarung rückwirkend in Kraft?
  5. Beurteilt die Regierung den Abschluss einer Leistungsvereinbarung mit einer NGO (wahrscheinlich ohne Submission) als sinnvoll, welche mit Unterstützungsbeiträgen, Spendengeldern und selbst erwirtschafteten Mitteln, wie z. B. aus dieser Leistungsvereinbarung, Einsprachen und Abstimmungskampagnen gegen die Interessen der Regierung bzw. des Kantons führt und wie stellt die Regierung sicher, dass die Beiträge nicht für kostspielige Einsprache- und Beschwerdeverfahren gegen kantonale Projekte verwendet werden?

Davos, 18. Februar 2021

Tomaschett (Breil), Engler, Grass, Berther, Berweger, Brandenburger, Brunold, Casty, Casutt-Derungs, Crameri, Danuser, Della Cà, Della Vedova, Deplazes (Rabius), Derungs, Dürler, Epp, Felix, Flütsch, Föhn, Giacomelli, Gugelmann, Hardegger, Hefti, Kasper, Kienz, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Loepfe, Mittner, Müller (Susch), Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Ruckstuhl, Sax, Schmid, Schutz, Stiffler, Thomann-Frank, Ulber, Weber, Zanetti (Landquart), Bürgi-Büchel, Collenberg, Heini

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 18a und 18b des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) müssen die Kantone für den Schutz und den Unterhalt der Biotope von nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung sorgen. Schutz und Unterhalt sollen dabei nach Massgabe von Art. 18c Abs. 1 NHG wenn möglich über Vereinbarungen mit den Grundeigentümern und Bewirtschaftern erreicht werden. Diese haben dabei laut Art. 18c Abs. 2 NHG Anspruch auf angemessene Abgeltung bzw. Beiträge. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Beiträgen sind in Art. 37 und 40 des Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden (Kantonales Natur- und Heimatschutzgesetz, KNHG; BR 496.000) geregelt. Deren Höhe richtet sich gemäss Art. 37 Abs. 2 KNHG nach dem Anteil des Bundes, der Bedeutung des Objekts sowie der Wirksamkeit der Massnahmen. Bund und Kantone legen ihrerseits die finanziellen Leistungen des Bunds und die zu erbringenden Leistungen im Kanton in einer mehrjährigen Programmvereinbarung fest.

Die Pro Natura Graubünden (nachfolgend PNG) sorgt als Grundeigentümerin oder Dienstbarkeitsberechtigte auf einer Fläche von rund 5590 ha im Kanton Graubünden für die Erhaltung der Landschaft und Natur. Davon liegen 267 ha in Naturschutzgebieten, 2440 ha in Naturwaldreservaten, 509 ha in Moorlandschaften und 2375 ha in Landschaftsschutzgebieten, rund 152 ha in der landwirtschaftlichen Nutzfläche und 157 ha im Sömmerungsgebiet. Der Kanton fasst die Beitragsgesuche der PNG für die Pflege ihrer rund 90 Schutzgebiete jeweils in einem Sammelbeschluss zusammen und hält die Subventionshöhe sowie die hierfür zu erbringenden Leistungen neuerdings in einer vierjährigen Leistungsvereinbarung fest.

Zu Frage 1: Nein. Aufgrund der spezialgesetzlichen Vorgaben der eidg. Natur- und Heimatschutzgesetzgebung sind die Beitragsleistungen grundsätzlich an die gesuchstellenden Grundeigentümer oder Bewirtschafter auszurichten. Die Ausrichtung dieser Beiträge an einen Beitragsberechtigten ist kein vom Submissionsrecht erfasster Tatbestand. Dagegen kann der Vorgang auf Seiten des Subventionsempfängers je nach Beitragshöhe zu einer Unterstellung unter das kantonale Submissionsgesetz (SubG; BR 803.300) führen.

Der Kanton kann seinerseits die entsprechenden Pflegeleistungen nur dann einem Dritten übertragen, wenn der Grundeigentümer oder Bewirtschafter die für das Erreichen der Schutzziele erforderliche Nutzung unterlässt (Ersatzvornahme nach Art. 18c Abs. 3 NHG). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Zu Frage 2: Nein, die Beitragsleistungen wurden gemäss den NHG-Vorgaben direkt der Gesuchstellerin ausgerichtet. Diese holte ihrerseits für Pflegeleistungen durch Dritte bei einzelnen Schutzgebieten Konkurrenzofferten ein, obwohl die hierbei erreichten Schwellenwerte kein wettbewerbliches Verfahren verlangten.

Das Amt für Natur und Umwelt (ANU) prüft bei allen Beitragsgesuchen, mit welchen Ansätzen kalkuliert wird. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit stützt sich das ANU auf die Empfehlungen der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren sowie auf die einschlägigen Grundlagen der Agroscope oder des Maschinenrings. Die PNG hat im Jahr 2020 Arbeiten in 265 ha (ohne Waldreservate) über die Leistungsvereinbarung mit dem Kanton abgerechnet. Das löste einen Beitrag von rund 273 000 Franken aus, finanziert je zur Hälfte von Bund und Kanton. Dies ergibt einen Beitrag von rund 1030 Franken pro ha, was deutlich unter den landwirtschaftlichen Biodiversitätsbeiträgen nach Art. 55–62 der Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft (Direktzahlungsverordnung, DZV; SR 910.13) liegt.

Zu Frage 3: Aus der Detailabrechnung 2020 der PNG, welche die Basis für die Auszahlung der Jahrestranche 2020 bildete, geht hervor, dass 96 Prozent des Gesamtbeitrags für Aufträge an Ökobüros und Landschaftspflegefirmen, an einzelne kommunale Forst- und Werkdienste, Baufirmen sowie einzelne Landwirte in speziellen Arbeitseinsätzen in Feuchtgebieten ausbezahlt wurden. Lediglich vier Prozent wurden für die Projektleitung und -administration in Rechnung gestellt. Mit den Auszahlungsbedingungen und dem Controlling im ANU können Doppelfinanzierungen oder die Zweckentfremdung von Beiträgen ausgeschlossen werden.

Zu Frage 4: Ja. Mehrjährige Leistungsvereinbarungen treten aus verfahrensökonomischen Gründen üblicherweise rückwirkend auf den Beginn des Jahrs der Gesuchseingabe in Kraft.

Zu Frage 5: Die politische Ausrichtung der Gesuchstellenden darf aufgrund der rechtsstaatlichen Prinzipien grundsätzlich nicht Entscheidungsgrundlage für die Ausrichtung von Beiträgen sein, auch wenn es teilweise zu Interessenskollisionen kommen kann. Beiträge werden dem Gesuchsteller nur an die anrechenbaren Kosten zugesichert und nach Prüfung der Arbeiten an diesen ausbezahlt. Die Kontrollen zeigen, dass die PNG in der Vergangenheit die Beiträge stets korrekt eingesetzt und die Pflegeleistungen professionell erbracht hat. 

30. April 2021