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Session: 08.12.2021

Eines der Erfolgsmodelle für einen attraktiven Kanton war in der Vergangenheit, das Steuersubstrat für juristische Personen möglichst kompetitiv zu halten, damit die Unternehmen die Mittel für Investitionen und Neueinstellungen aufwenden konnten. Mit den von den Unternehmen zusätzlich ausbezahlten Löhnen konnten in den vergangenen Jahren die Steuereinnahmen bei den natürlichen Personen kontinuierlich auf hohem Niveau gesteigert werden. Gleichzeitig konnten durch diese Politik auch zahlreiche Gemeinden die Steuerlast für natürliche Personen senken. In Anbetracht der aktuellen finanziellen Lage, der bevorstehenden Überprüfung des Leistungskataloges im Rahmen der Aufgaben- und Leistungsüberprüfung und der drohenden, von der OECD geforderten Harmonisierung der Steuersätze für juristische Personen auf internationaler Ebene sehen wir Handlungsbedarf im Kanton Graubünden.

Um unseren Erfolgsweg weitergehen und Arbeitsplätze sowie Unternehmen im Kanton halten zu können, beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung wie folgt:

Die Regierung erarbeitet zu Handen des Grossen Rats Handlungsempfehlungen zur Senkung der Steuerbelastung für natürliche wie auch juristische Personen. Dabei ist darauf zu achten, dass mittels jedes eingesparten Steuerfrankens die grösstmögliche Wertschöpfung für den gesamten Kanton erzielt wird.

Chur, 8. Dezember 2021

Mittner, Engler, Loi, Alig, Berweger, Bigliel, Censi, Claus, Flütsch, Hartmann-Conrad, Hohl, Holzinger-Loretz, Jenny, Jochum, Kasper, Kienz, Kunz (Chur), Michael (Castasegna), Mittner, Natter, Niggli (Samedan), Papa, Pfäffli, Rüegg, Schutz, Stiffler, Thomann-Frank, Thür-Suter, Valär, Waidacher, Weidmann, Wieland, Fetz

Antwort der Regierung

Mit dem FDP-Fraktionsauftrag soll die Regierung beauftragt werden, zu Handen des Grossen Rats Handlungsempfehlungen zur Senkung der Steuerbelastung für natürliche und juristische Personen zu erarbeiten und dabei darauf zu achten, dass mittels jedem eingesparten Steuerfranken die grösstmögliche Wertschöpfung für den gesamten Kanton erzielt wird.

Die finanzpolitischen Szenarien für die Planjahre 2023-2025 zeigen, dass die mittelfristigen Finanzperspektiven mit relativ grossen Unsicherheiten behaftet sind. Insbesondere die optimistisch eingesetzte Gewinnausschüttung der SNB bis 2025 mit jährlich rund 93 Millionen ist keineswegs gesichert, da die Höhe der effektiven Auszahlungen der SNB in den kommenden Jahren massgeblich von der Entwicklung der Finanzmärkte abhängt.

In der laufenden Legislaturperiode 2019–2022 wurden bereits erhebliche steuerentlastende Massnahmen sowohl für natürliche als auch für juristische Personen beschlossen und umgesetzt. Die mittelfristigen Auswirkungen auf die Kantonserträge werden sich dabei erst in den nächsten Jahren zeigen.

Am 12. Februar 2019 verabschiedete der Grosse Rat die Erbschaftssteuerreform. Diese trat auf den 1. Januar 2021 in Kraft. Mit der Erbschaftssteuerreform wechselte der Kanton von der Nachlass- zur Erbanfallssteuer, womit eine Vereinheitlichung von Erbschafts- und Schenkungssteuern von Kanton und Gemeinden sowie Entlastungen erzielt wurden. Auf kantonaler Ebene liegt die wesentliche Entlastung darin, dass neben den Ehegatten und Kindern auch die Eltern und die Konkubinatspartner von der Erbschafts- und Schenkungssteuerpflicht befreit sind.

Am 29. August 2019 verabschiedete der Grosse Rat die Umsetzung der Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Graubünden. Die kantonalen Sonderregelungen für Domizil-, Holding- und gemischte Gesellschaften wurden auf den 1.  Januar 2020 abgeschafft und durch international anerkannte steuerentlastende Massnahmen (Patentbox, zusätzlicher Abzug für die Kosten von Forschung und Entwicklung, etc.) ersetzt. Der kantonale Gewinnsteuersatz wurde von 5.5 % auf 4.5 % und damit die effektive Gewinnsteuerbelastung für juristische Personen seit dem 1. Januar 2020 mit 14.73 % bzw. ab dem Jahr 2021 mit 14.77 % unter den Schweizer Durchschnitt von 14.87 % gesenkt. Auch natürliche Personen haben von der STAF-Umsetzung im Kanton Graubünden profitiert. Dividenden aus qualifizierenden Beteiligungen im privaten Vermögen unterliegen seit dem 1. Januar 2020 der Teilbesteuerung im Umfang von 50 %. Der Steuerfreibetrag bei den natürlichen Personen wurde von 15 000 Franken auf 15 500 Franken erhöht, was jährliche Steuerausfälle für den Kanton von knapp 6 Millionen Franken und für die Gemeinden von gut 5 Millionen Franken bewirkt. Aus dem gesamten STAF-Paket resultieren für den Kanton und die Gemeinden jährliche Steuerausfälle von je gut 18 Millionen Franken. Der Bund beteiligt sich daran mit je rund 7 Millionen Franken.

Am 20. Oktober 2020 beschloss der Grosse Rat, den Maximalsatz der Sondersteuer auf Kapitalleistungen aus Vorsorge von 4 % auf 2 % zu senken. Damit wurde die Konkurrenzfähigkeit des Kantons Graubündens bei Kapitalbezügen derart gesteigert, dass er seit dem 1. Januar 2021 im interkantonalen Vergleich einen Spitzenplatz einnimmt.

Wie sich die steuer- und finanzpolitischen Massnahmen im Rahmen der Umsetzung der OECD-Mindeststeuer auf den Kanton Graubünden auswirken werden, ist derzeit noch offen. Der Grosse Rat hat schliesslich die Möglichkeit, bei der jährlichen Festlegung der Steuerfüsse im Rahmen des Budgets auf das aktuelle Umfeld zu reagieren. Die Regierung erachtet deshalb die Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen zu Handen des Grossen Rats für weitergehende Steuersenkungen als nicht opportun.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen. 

2. März 2022