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Session: 08.12.2021

Wie im Fraktionsauftrag SVP betreffend intelligente Ladeinfrastruktur für ein stabiles Stromnetz, aber auch bei der Anfrage Deplazes (Rabius) betreffend Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie im Kanton Graubünden aufgezeigt, herrscht latente Gefahr bezüglich Energiesicherheit. Auf der Homepage des Bundes kann folgendes nachgelesen werden: Flächendeckende mehrtägige Strom- und Versorgungsausfälle werden viele Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft empfindlich betreffen. Das Gefährdungsdossier 2015 malt ein düsteres Bild der Ereignisse: Verkehrschaos, erschwerte Kommunikation, hilflose Kranke und Verletzte, langsame Rückkehr und grosse Schäden. Dies sind die Titel, welche ein nationaler Stromausfall in sich trägt.

Wie die Regierung bereits mehrmals festgestellt hat, ist die Energiesicherheit Sache der Netzbetreiber. Gemäss Faktenblatt vom Bundesamt für Energie sind aber der Bund und die Kantone in der subsidiären Rolle, dementsprechende Rahmenbedingungen zu setzen, damit die Branche ihre Pflichten und Aufgaben übernehmen kann.

Die elektrische Energieproduktion, vor allem von den neuen erneuerbaren Energien, weist zwei ambivalente Sinuskurven (Tag / Nacht) und (Winter / Sommer) gegenüber dem Verbrauch auf. Mit der Überweisung der Botschaft Green Deal, welche die Dekarbonisierung der Gesellschaft zum Ziel hat, wird dieses Missverhältnis noch verstärkt. Mit jeder Solaranlage, welche eben nicht der Winterproduktion dient, welche nicht live verbraucht oder mittels Speicher gespeichert werden kann, wird dieses Missverhältnis verstärkt.

Die SVP Fraktion gelangt mit folgendem Auftrag an die Regierung:

1. Die Regierung erarbeitet eine Studie mit folgendem Inhalt:

     a. Mit welchem Energieverbrauch beziehungsweise mit welcher Zunahme rechnet der Kanton bis 2050?

     b. Welchen Einfluss hat der Green Deal auf die Energiesicherheit?

     c. Der Kanton zeigt auf, mit welchen Massnahmen der Winterenergiemangel behoben werden kann.

     d. Der Kanton erarbeitet und begünstigt die Rahmenbedingungen, welche dem Winterenergiemangel entgegenwirken.

Sofortmassnahmen:

2. Der Kanton unterstützt Winterenergie-Solaranlagen. Diese sollen auch ausserhalb der Bauzone im einfachen Meldeverfahren auf Gemeindeebene bewilligt werden können, keine BAB für Winterstromanlagen.

3. Der Kanton unterstützt keine Solar-/Windkraftanlagen, welche die Stromnetze zusätzlich belasten und der Energiesicherheit entgegenwirken

Chur, 8. Dezember 2021

Gort, Favre Accola, Della Cà, Brandenburger, Grass, Hefti, Hug, Koch, Salis, Renkel, Stocker

Antwort der Regierung

Die Versorgungssicherheit mit Strom ist essenziell. Eine Strommangellage hat schwerwiegende Konsequenzen und ist mit höchster Priorität zu verhindern. Die Gefahr einer Strommangellage besteht besonders im Winterhalbjahr, in welchem die Schweiz bereits heute auf Importe angewiesen ist. Bei einer schweren Strommangellage hat der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) in den Bereichen Produktion, Beschaffung, Transport, Verteilung und Verbrauch von Elektrizität die notwendigen Vorbereitungsmassnahmen zu treffen (Art. 1 der Verordnung über die Organisation zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Landesversorgung im Bereich der Elektrizitätswirtschaft, VOEW [SR 531.35]). Der VSE arbeitet dabei mit dem Bundesamt für Energie (BFE), der ElCom, der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid, der Armee, dem Bevölkerungsschutz und den Kantonen zusammen.

Zu Punkt 1 a: Bezüglich Stromverbrauchszunahme bis 2050 liegen Studien des Bundes vor. Die Energieperspektiven 2050+ bemessen den aktuellen schweizweiten Stromverbrauch mit etwa 60 TWh und gehen von einer Zunahme von knapp 14 TWh bei der Elektromobilität und 2 TWh bei der Raumwärme bis ins Jahr 2050 aus. Bezogen auf Graubünden entspricht dies einer Zunahme von rund 0,4 TWh bzw. rund 20 Prozent im Jahr 2050.

Zu Punkt 1 b: Im Aktionsplan Green Deal (AGD) sind u.a. die verstärkte Förderung von Energieeffizienzmassnahmen im Gebäudebereich sowie die Substitution von fossilen Energieträgern vorgesehen. Energieeffizienzmassnahmen reduzieren den Energie- und Strombedarf vor allem im kritischen Winterhalbjahr. Hingegen hebt sich der Nutzen der Substitution von konventionellen Heizungen durch effizientere Erzeuger, wie beispielsweise Wärmepumpen, durch deren höheren Strombedarf auf. Somit ist der Einfluss des AGD auf die Versorgungssicherheit nur ein indirekter.

Zu Punkt 1 c und d: Die Rahmenbedingungen für eine optimierte Winterstromproduktion werden auf Bundesebene festgelegt. Der Bund beabsichtigt mit neuen Fördermassnahmen ein Ausbauziel von 2 TWh zusätzlicher Speicherwasserkraft zu erreichen. Mit der Revision des Bundesgesetzes über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz; SR 734.7) wird zudem eine Selbstversorgungsfähigkeit von 22 Tagen als Zielgrösse definiert. Ferner soll eine Speicherreserve für ausserordentliche Extremsituationen vorgesehen werden. Dadurch könnten Zeiträume mit kritischer Versorgungslage überbrückt werden. Der Kanton seinerseits wird sich auf Bundesebene namentlich für eine Bestandessicherung der Wasserkraftwerke im derzeitigen Nutzungsrahmen einsetzen. Ausserdem fördert der Kanton bereits zusätzlich zur Bundesförderung Solaranlagen, welche winterstromoptimiert ausgerichtet sind (Art. 23a des Energiegesetzes des Kantons Graubünden [BEG; BR 820.200]). Im Energierichtplan wird er dem Anliegen der Winterstromspeicherung hohe Priorität einräumen. Die Rahmenbedingungen liegen also bereits vor oder sind in Planung.

Zu Punkt 2: Für die Bewilligungsfreiheit von Solaranlagen gibt das Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) in Art. 18a Abs. 1 den rechtlichen Rahmen vor. Der kantonale Gestaltungsspielraum für bewilligungsfreie Solaranlagen an Fassaden ist bereits ausgeschöpft (vgl. Art. 40 Abs. 1 Ziffer 16 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden [KRVO; BR 801.110]).

Zu Punkt 3: Die Förderung zur Stromproduktion aus Solar- und Windanlagen ist auf Bundesebene geregelt (Art. 19, Art. 24 f. des Energiegesetzes [EnG; SR 730.0]). Die Entwicklung zeigt dabei in die Richtung, dass netzdienlicher Strom priorisiert gefördert wird. Mit Ausnahme von Art. 23a BEG fördert der Kanton weder Solar- noch Windkraftanlagen finanziell.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

24. Februar 2022