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Session: 16.02.2022

In der Oktobersession 2021 hat der Grosse Rat die Botschaft Aktionsplan «Green Deal für Graubünden» – Zwischenbericht zur Massnahmenplanung mit Finanzierungskonzept und Verpflichtungskredit für die Etappe I verabschiedet. Dies war ein erster, kleiner Schritt in Richtung mehr Klimaschutz im Kanton Graubünden. Mit der zweiten Etappe liegt der zweite, grössere Schritt noch vor uns. Wie in der damaligen Debatte angemerkt wurde, müssen aus der gescheiterten Abstimmung zum CO2-Gesetz Lehren gezogen werden. Eine finanzielle Mehrbelastung der gesamten Bevölkerung oder die höhere Belastung der Randregionen durch höhere Steuern und Abgaben auf dem privaten Individualverkehr finden aus Sicht der Mitte keine breite Akzeptanz in der Bündner Bevölkerung. Der Grosse Rat war sich einig, dass auf zusätzliche Abgaben und Steuern zu verzichten ist. Zudem wurde festgehalten, dass Steuererhöhungen nur als allerletzte Möglichkeit in Betracht gezogen werden.

Die Mitte ist der Ansicht, dass nun im Gegenteil geprüft werden muss, ob mit Steuererleichterungen gezielt Anreize geschaffen werden können, damit die Bevölkerung und die Unternehmen ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten können und wollen. Die Devise dazu lautet «Fördern statt fordern».

Die Unterzeichnenden fordern deshalb die Regierung auf, in der zweiten Etappe Aktionsplan «Green Deal für Graubünden» Steuererleichterungen für natürliche und juristische Personen im Rahmen des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) vorzusehen und dem Grossen Rat zur Beratung zu unterbreiten. Diese Steuererleichterungen sind einzig mit dem Ziel zu gewähren, Anreize für natürliche und juristische Personen zu schaffen, sich umweltbewusster zu verhalten oder verstärkt in den Klimaschutz zu investieren. Gegebenenfalls sind die hierfür erforderlichen Rechtsgrundlagen zu schaffen.

Chur, 16. Februar 2022

Bettinaglio, Crameri, Schneider, Berther, Brunold, Buchli-Mannhart, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Clalüna, Danuser, Della Vedova, Deplazes (Rabius), Derungs, Ellemunter, Fasani, Florin-Caluori, Föhn, Geisseler, Hardegger, Kohler, Lamprecht, Loepfe, Maissen, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Müller (Susch), Niggli-Mathis (Grüsch), Paterlini, Ruckstuhl, Sax, Schmid, Tanner, Ulber, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Landquart), Bürgi-Büchel, Collenberg, Gujan-Dönier

Antwort der Regierung

Mit Auftrag vom 16. Februar 2022 fordert die Mitte-Fraktion die Regierung auf, in der zweiten Etappe des Aktionsplans "Green Deal für Graubünden" Steuererleichterungen für natürliche und juristische Personen im Rahmen des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) vorzusehen und dem Grossen Rat zur Beratung zu unterbreiten. Diese Steuererleichterungen seien einzig mit dem Ziel zu gewähren, Anreize für natürliche und juristische Personen zu schaffen, sich umweltbewusster zu verhalten oder verstärkt in den Klimaschutz zu investieren. Gegebenenfalls seien die hierfür erforderlichen Rechtsgrundlagen zu schaffen.

Das Institut der Steuererleichterungen findet sich in Artikel 5 des Steuergesetzes für den Kanton Graubünden (StG; BR 720.000). Nach dieser Bestimmung kann die Regierung neuen Unternehmungen sowie bestehenden Unternehmungen für eine wesentliche Änderung der betrieblichen Tätigkeit im Interesse der bündnerischen Volkswirtschaft für längstens zehn Jahre Steuererleichterungen gewähren. Mit der Steuererleichterung soll die Ansiedlung neuer Unternehmungen gefördert werden. Bei bestehenden Unternehmungen soll sie Anreize schaffen, in Graubünden weiter zu investieren, neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende zu erhalten. Im vorliegenden Auftrag wird von Steuererleichterungen gesprochen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich allerdings, dass damit nicht das Institut im Sinne von Artikel 5 StG gemeint ist. Vielmehr zielt der Fraktionsauftrag auf "steuerliche Erleichterungen", namentlich Steuerabzüge, um die erwähnte Lenkungswirkung zu erzielen.

Die Regierung hat Lenkungsmassnahmen im Steuerrecht regelmässig abgelehnt und sieht keine Veranlassung, von diesem Grundsatz abzuweichen. Das Steuerrecht ist aufgrund der progressiven Tarife sowie des steuerfreien Existenzminimums nicht geeignet, um eine Lenkungswirkung zu erzielen. Die Kosten von Lenkungsmassnahmen im Steuerrecht würden nicht budgetiert, in der Staatsrechnung nicht ausgewiesen und nicht anderweitig ermittelt. Die Massnahme würde hinsichtlich der Wirksamkeit nie überprüft respektive hinterfragt.

Der Abzug muss aber auch aufgrund des harmonisierten Bundessteuerrechts abgelehnt werden. Dieses regelt den Bereich der allgemeinen Abzüge abschliessend. So zählt Artikel 9 Absatz 2 StHG die zulässigen allgemeinen Abzüge auf und hält in Absatz 4 ausdrücklich fest, dass andere Abzüge nicht zulässig sind. Die Kantone können damit keinen allgemeinen Abzug zum Schutz der Umwelt einführen. Dieser wäre bundesrechtswidrig und dürfte von der mit dem Vollzug des Steuergesetzes betrauten Steuerverwaltung nicht angewendet werden.

Die Kantone sind nach Artikel 9 Absatz 4 StHG zwar frei, Sozialabzüge einzuführen. Ein Sozialabzug kann aber nur dort gewährt werden, wo eine Gruppe von Steuerpflichtigen aufgrund ihrer persönlichen Situation höhere Ausgaben hat, die einen Mehrbedarf an existenzsichernden Mitteln erforderlich macht. Das Steuerharmonisierungsgesetz lässt Sozialabzüge, um ausserfiskalische Ziele zu erreichen, nicht zu.

Im Übrigen sei erwähnt, dass die Regierung im Bereich der Liegenschaften ihren Spielraum nutzte und im Rahmen der Teilrevision des Energiegesetzes vorgeschlagen hatte, die Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, den abzugsfähigen Unterhaltskosten gleichzustellen und somit zum Abzug zuzulassen. Diese Anpassung des Steuergesetzes erfolgte per 1. Januar 2021.

Die Regierung wird im Rahmen der Etappe II des Aktionsplans Green Deal Finanzierungsquellen (beispielsweise Zuweisung von Anteilen aus Gewinnen der Schweizerischen Nationalbank) und Massnahmen, die das gewünschte Verhalten fördern, prüfen. Im Bereich des Steuerrechts sieht die Regierung dagegen aus den genannten Gründen keinen Handlungsspielraum.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Fraktionsauftrag abzulehnen.

22. April 2022