Navigation

Inhaltsbereich

Session: 16.06.2022

Aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG / SR 151.3) sowie der Verordnung des UVEK über die technischen Anforderungen an die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs (VböV / SR 151.34) sind bestehende Bauten und Anlagen sowie Fahrzeuge für den öffentlichen Verkehr behindertengerecht für eine «möglichst lückenfreie Transportkette» anzupassen. Die Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs, dies betrifft sowohl die Bahnhöfe und Züge als auch Bushaltestellen und die dafür erforderlichen Fahrzeuge, muss für Menschen mit Behinderung autonom und spontan nutzbar sein. Nach einer Übergangsfrist von 20 Jahren sind der Kanton Graubünden und insbesondere die Gemeinden verpflichtet, die Zugänge zu Haltestellen und Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs bis zum 31.12.2023 behindertengerecht bereitzustellen.

Es steht somit die Frage im Raum, wie sich die Situation bei der Umsetzung bei Bahn und Bus im Kanton und insbesondere auch in den Regionen darstellt. Weder ist der Stand der Umsetzung im Kanton allgemein bekannt, noch ist ersichtlich, wo allenfalls solche Informationen über Bahn und Bus bezogen werden können.

Wir bitten daher die Regierung um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Ist der Regierung der Stand der Umsetzung, insbesondere bei Bus und Zug, bekannt?
  2. Gibt es eine allgemeine Übersicht, welche flächen- und angebotsdeckend Auskunft über die Umsetzung gibt? Falls dem nicht so ist, ist die Regierung bereit, eine solche Übersicht erarbeiten zu lassen, damit notfalls geeignete Unterstützungsmassnahmen getroffen werden können?
  3. Was sieht die Regierung vor, um die gesetzlichen Anforderungen fristgerecht einhalten zu können?

Chur, 16. Juni 2022

Widmer (Felsberg), Holzinger-Loretz, Sax, Atanes, Brunold, Cahenzli (Sagogn), Cahenzli-Philipp (Untervaz), Censi, Crameri, Danuser, Degiacomi, Della Cà, Derungs, Ellemunter, Epp, Felix, Flütsch, Gartmann-Albin, Kunfermann, Lamprecht, Märchy-Caduff, Müller (Felsberg), Niggli-Mathis (Grüsch), Padrun-Valentin, Pajic, Ruckstuhl, Tomaschett (Chur), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Landquart)

Antwort der Regierung

Gemäss Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) sind grundsätzlich sämtliche Bauten, Anlagen und Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs (ÖV) behindertengerecht anzupassen. Die Frist zur Anpassung läuft am 31. Dezember 2023 ab (Art. 22 BehiG). Mit der behindertengerechten Sanierung wird zum einen der autonome Zugang für Menschen mit einer Behinderung sichergestellt, zum anderen aber auch für andere Fahrgäste des ÖV (u.a. Betagte, Familien mit Kinderwagen oder Touristen mit Gepäck) ein erleichterter Zugang ermöglicht. Es wird damit ein Postulat der Gleichbehandlung und des gegenseitigen gesellschaftlichen Respekts erfüllt, was gerade auch einem von Tourismus und seiner Gastfreundschaft geprägten Kanton wie Graubünden gut ansteht. Die Verantwortung zur Sanierung von Bauten, Anlagen und Fahrzeugen der Bahn liegt bei den im Kanton tätigen Bahnunternehmen, namentlich bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), der Rhätischen Bahn (RhB) und der Matterhorn Gotthard Bahn (MGB). Die Sanierung der Bushaltestellen obliegt grundsätzlich den Gemeinden. Der Kanton unterstützt gemeinsam mit den Behindertenorganisationen die Gemeinden in fachlicher und finanzieller Hinsicht bei der Sanierung der Bushaltestellen.

Zu Frage 1: Im Mai 2022 wurde durch das Amt für Energie und Verkehr (AEV) eine Umfrage bei allen Bündner Gemeinden zum Umsetzungsstand betreffend den behindertengerechten Umbau von Bushaltestellen durchgeführt. Im Kanton Graubünden gibt es 1400 Bushaltestellen mit über 2800 Haltekanten. Aktuell sind im Kanton 12 Prozent aller Bushaltestellen behindertengerecht saniert. Bis Ende 2023 soll dieser Wert bei etwa 24 Prozent liegen. Die übrigen Haltestellen folgen nach 2023. Gemäss den Rückmeldungen werden schliesslich 40 Prozent aller Bushaltestellen behindertengerecht saniert sein. Nicht saniert werden Haltestellen, deren Ausbau einen unverhältnismässigen Aufwand bedeutete. Als unverhältnismässig bezeichnet werden können unter anderem ausschliesslich von Wanderern genutzte Haltestellen sowie die zahlreichen wenig frequentierten Haltestellen in den Bergregionen.

Die Bahnhöfe der SBB im Kanton sind bereits im Sinne des BehiG umgebaut. Im Rahmen des Bahnhofumbaus in Landquart wird die dortige Situation nochmals verbessert werden. Von den Bahnhöfen der RhB sind 37 Prozent bis Ende 2023 umgebaut. Bis ins Jahr 2030 werden es 70 Prozent sein und damit 87 Prozent der Passagierfrequenzen abdecken. Bei den übrigen Bahnhöfen wird eine autonome Beihilfe verfügbar sein. Bei der MGB sind alle Bahnhöfe mit Ausnahme desjenigen von Sedrun umgebaut. Die Verzögerung in Sedrun ist einer Neuplanung zwecks besserer Gesamtlösung geschuldet.

Zu Frage 2: Der Kanton hat eine Übersicht zum Umsetzungsstand. Diese wird in regelmässigen zeitlichen Abständen durch das Amt für Energie und Verkehr (AEV) aktualisiert.

Zu Frage 3: Das AEV steht in engem Austausch mit den Bahninfrastrukturbetreiberinnen und wirkt bei Planung und Umsetzung der Projekte aktiv mit. Der Kanton hat ferner mit dem Verpflichtungskredit von 25 Mio. Franken (vgl. Botschaft Heft Nr. 6/2019-2020, S. 337 ff.) und der Spezialfinanzierung Strasse die Grundlage für einen Anreiz gesetzt, Sanierungen von Bushaltestellen gemäss BehiG durch die Gemeinden rascher einer Realisierung zuführen zu können (Kantonsbeitrag von 60 Prozent an die anrechenbaren Kosten bei einer Sanierung gemäss BehiG). Mit wenigen Ausnahmen sind die Gemeinden für den frist- und behindertengerechten Umbau von Bushaltestellen zuständig. Bei den Bahnhöfen (ausgeschlossen sind dabei Bushaltestellen an Bahnhöfen) liegt die Verantwortung bei den Bahnunternehmen in Zusammenarbeit mit dem Bund. Wie einleitend erwähnt, kann der Kanton unterstützend mitwirken (Arbeits- und Berechnungshilfe, finanzielle Mittel sowie Beratung).

24. August 2022