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Session: 15.02.2023

Am vergangenen 4. Dezember ereignete sich auf dem Gebiet der Gemeinde Castaneda der letzte einer Reihe von Bergstürzen über die Kantonsstrasse im Calancatal, wobei ein Teil des Tals zwischen Buseno und Rossa für mehrere Tage von der Aussenwelt abgeschnitten und die Fahrbahn der Kantonsstrasse durch enorme Gesteinsmassen beschädigt wurde.

Derzeit wird der Verkehr einspurig geführt und demnächst sind Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten vorgesehen.

Leider ist dies nicht ein Einzelfall, denn an derselben Stelle haben sich in der Vergangenheit bereits andere Erdrutsche ereignet, so auch auf weiteren Strassenabschnitten.

Wir erwähnen dabei die grössten Ereignisse: Val del Infern, Gebiet Pont dal Ram, Gebiet Steinbrüche von Arvigo, Gebiet Abzweigung nach Buseno.

Wie den Statistiken entnommen werden kann, wird der Klimawandel der letzten Jahre mit Sicherheit in der Zukunft keine grosse Hilfe sein und leider müssen wir uns bewusst sein, dass ähnliche Ereignisse immer häufiger auftreten werden.

Bisher gab es zum Glück noch keine Todesopfer, aber wir können das Schicksal nicht ständig herausfordern. Deshalb muss eine Lösung gefunden werden, um in erster Linie die Sicherheit auf der gesamten Calancastrasse zu gewährleisten.

Man spürt die Furcht der Bevölkerung, die Strasse zu befahren, vor allem bei schlechtem Wetter, weshalb es wichtig ist, dort, wo es möglich ist, die Sicherheit zu gewährleisten.

Die Sicherheit ist ein zentraler Faktor bei der Entscheidung einer Familie, sich im Tal niederzulassen.

In den vergangenen Jahren hat der Kanton viel in die Calancastrasse investiert und dafür sind wir dankbar. Aber jetzt geht es nicht darum, eine Strasse zu sanieren oder instand zu stellen, sondern es ist unabdingbar, die gesamte Calancastrasse zu sichern.

Aufgrund der gemachten Ausführungen stellen wir der Regierung folgende Fragen:

  1. Hat die Regierung Kenntnis von der existierenden realen Gefahr auf der Calancastrasse?
  2. Falls ja, hat die Regierung ein Gesamtinterventionskonzept für die ganze Talstrasse in Erwägung gezogen, dessen Ziel es ist, innert kürzester Zeit eine grössere Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten?
  3. Beabsichtigt die Regierung, die Möglichkeit zu prüfen, eine oder mehrere Galerien auf den besonders gefährlichen Strassenabschnitten zu bauen?

Chur, 15. Februar 2023

Spagnolatti, Atanes, Censi, Bachmann, Bardill, Bergamin, Berther, Berweger, Biert, Binkert, Bischof, Bisculm Jörg, Cortesi, Crameri, Degiacomi, Della Cà, Derungs, Dietrich, Epp, Feuerstein, Föhn, Furger, Gansner, Gartmann-Albin, Hoch, Hofmann, Jochum, Kohler, Kreiliger, Lamprecht, Loepfe, Luzio, Maissen, Mani, Menghini-Inauen, Messmer-Blumer, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Nicolay, Oesch, Pajic, Preisig, Righetti, Rusch Nigg, Rutishauser, Saratz Cazin, Sax, Schneider, Schutz, Tanner, Ulber, Wieland, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Ein Grossteil des kantonalen Strassennetzes durchquert Gebiete, die Lawinen, Steinschlag und Blocksturz, Rüfen und weiteren gravitativen Prozessen ausgesetzt sind. Sichere Verkehrswege sind für den Gebirgskanton Graubünden mit seiner dezentralen Besiedlung und seinen teilweise abgelegenen Ortschaften daher von grosser Bedeutung. Die Anstrengungen zur Sicherung der Kantonsstrassen vor Naturgefahren mittels baulicher Massnahmen müssen sich aber auf stark gefährdete Bereiche fokussieren, da eine lückenlose Errichtung von Schutzanlagen und/oder -massnahmen nicht möglich bzw. unverhältnismässig wäre.

Im Rahmen des Projekts "Integrale Risikobeurteilung der Strassen" (IRM-S) findet zurzeit eine Neubeurteilung sämtlicher relevanter Risiken entlang aller Kantonsstrassen statt. Als wichtige Grundlage dienen die Erkenntnisse, welche das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) gestützt auf Art. 7 bis 11 der Verordnung zum Integralen Risikomanagement bei Naturgefahren (IRMV; BR 920.150) erarbeitet. Das AWN bewertet darin die Risiken und eruiert den Handlungsbedarf anhand von Schutzzielmatrizen. Basierend auf diesen Gefahren- und Risikogrundlagen erarbeitet das AWN eine Übersicht zu möglichen Kombinationen von planerischen, organisatorischen, biologischen und forstbaulichen Massnahmen (gem. Waldgesetz).

Zu Frage 1: Die Regierung ist sich der Gefahr von Naturereignissen im Calancatal, die sich auf die Calancastrasse und somit auf die Verkehrssicherheit auswirken können, bewusst. Dass dadurch das Sicherheitsbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner des Calancatals beeinträchtigt wird, ist nachvollziehbar. Die Herausforderung, Naturgefahren frühzeitig zu erkennen und angemessene Schutzmassnahmen vorzukehren, ist in den vergangenen Jahren nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Klimawandels gestiegen und wird den Kanton auch künftig beschäftigen.

Zu Frage 2: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alle Block- und Felssturzereignisse im Naturgefahrenkataster (StoreMe) erfasst werden. Dadurch können Veränderungen, beispielsweise eine Zunahme von Naturgefahrenereignissen, erkannt werden.

Ausgehend von der Risikobeurteilung aus dem Jahr 2008/2009 bezüglich Block- und Steinschlag für den Abschnitt Ponte ad arco sulla Calancasca bis zur Galerie Segheria Buseno wird das aktuelle Risiko als Folge des Felssturzereignisses im Bereich Revetell neu beurteilt. Dabei wird untersucht, ob sich die bekannten Gefahrenstellen verändert und neue Gefahrenstellen gebildet haben. Es wird zudem ermittelt, ob eine Veränderung von Risiken eingetreten ist, zum Beispiel aufgrund einer Zunahme der Häufigkeit von Ereignissen. Im Zusammenhang mit der Risikobeurteilung werden auch die vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) vorgegebenen Grenzwerte des individuellen Todesfallrisikos berücksichtigt. Die Untersuchungen werden im Sommer 2023 abgeschlossen sein. Sollte der Risikogrenzwert überschritten sein, werden Massnahmen geprüft.

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass das Einzugsgebiet für allfällige Felsstürze im Calancatal weitläufig ist und es trotz sorgfältigen und umfangreichen Untersuchungen unmöglich ist, sämtliche Gefahrenstellen vorab zu erkennen.

Zu Frage 3: Wo erhöhte Risiken vorliegen, werden verschiedene Massnahmen in Erwägung gezogen. Neben der periodischen Überwachung der Gefahrenstelle kann eine Intervention durch Abtragung oder Sprengung von instabilen Felsmassen erfolgen. Je nach Situation kann die Erstellung von Schutzbauwerken (Steinschlagnetze, Schutzdämme, Galerien oder Tunnels) in Betracht gezogen werden. Unter Umständen kann sich auch die Verlegung der Kantonsstrasse, wie dies südwestlich von Selma geschehen ist, aufdrängen. Aufgrund der laufenden Untersuchungen können noch keine Aussagen in Bezug auf konkrete Projekte zur Erhöhung der Verkehrssicherheit gemacht werden. 

26. April 2023