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Session: 15.06.2023

In den Antworten auf die Anfragen Claus und Dietrich zeigt die Regierung auf, dass der ausgewiesene Bedarf an Plätzen in der separativen Sonderpädagogik aktuell für 14 Kinder nicht gedeckt ist. Gemäss Angaben von Schulträgerschaften gibt es mittlerweile mehrere Kinder mit Behinderungen in Graubünden, welche gar nicht mehr beschult werden können. Das Grundrecht auf Bildung und angemessene Förderung wird ihnen verwehrt. Darunter leiden die betroffenen Kinder, ihre Familien, aber auch die Klassenkameraden sowie Lehrpersonen und das ganze Schulsystem vor Ort erheblich. Berücksichtigt werden muss, dass in vielen Fällen schon einige Zeit vergeht, bis ein entsprechender Status zugesprochen werden kann. Dies auf dem Hintergrund, weil der Prozess und die Arbeit mit den Erziehungsberechtigten viel Zeit in Anspruch nimmt.

Eine ähnlich prekäre Situation besteht für Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten. Geeignete Plätze an Sonderschulen fehlen und Time out Klassen sind in den meisten Regionen nicht auf die Schnelle realisierbar. Diese Situation muss seitens des Kantons aktiv mit den Sonderschulen und den Schulträgern verbessert werden.

Die Regierung stellt nun aber in der Antwort auf die Anfrage Dietrich in Aussicht, dass auf das Schuljahr 2023/2024 hin temporär zusätzliche Plätze für Kinder mit Behinderungen geschaffen werden sollen. Austausche mit dem zuständigen Regierungsrat, den Vertretenden des Amtes für Volksschule und Sport sowie den Sonderschulinstitutionen haben gezeigt, dass erst per August 2024 zusätzliche Plätze zu erwarten sind. Auch ein Auftrag zur langfristigen Verbesserung der Situation sei bisher nicht erteilt worden.

Für eine Abgeltung von Massnahmen der Regelschule über die gemäss Schulgesetz vorgesehenen Beiträge hinaus, besteht laut Antwort der Regierung keine gesetzliche Grundlage.

Es muss konstatiert werden, dass das Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement des Kantons Graubündens den rechtmässigen Zustand für die Beschulung und Förderung von Kindern mit Behinderungen nicht herzustellen vermag.

Die Regierung wird beauftragt:

  1. die geeigneten kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen zu ergreifen, damit jederzeit ein bedarfsgerechtes Angebot in der integrativen und separativen Sonderpädagogik für Kinder mit Behinderungen gewährleistet ist;
  2. sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen mit ausgewiesenem separativem Sonderschulbedarf nach Möglichkeit innerhalb eines Quartals einen entsprechenden Platz in einer Sonderschulinstitution erhalten und dass auf ein neues Schuljahr hin ein Platz garantiert ist;
  3. dem Grossen Rat einen Gesetzesentwurf zur Abgeltung von Massnahmen der Schulträgerschaften der Regelschule vorzulegen, wenn sie erforderlich sind, um die Wartezeit auf einen Platz in der separativen Sonderschulung zu überbrücken

Klosters, 15. Juni 2023

Degiacomi, Favre Accola, Claus, Adank, Altmann, Atanes, Bachmann, Bardill, Bärtsch, Baselgia, Bavier, Beeli, Biert, Binkert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Brandenburger, Bundi, Butzerin, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Censi, Cola Casaulta, Cortesi, Danuser (Chur), Danuser (Cazis), Della Cà, Dietrich, Dürler, Epp, Furger, Gansner, Gartmann-Albin, Gort, Grass, Gredig, Heini, Hoch, Hofmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Hug, Jochum, Kaiser, Kappeler, Kienz, Kohler, Krättli, Kreiliger, Kuoni, Lehner, Loepfe, Maissen, Mani, Mazzetta, Menghini-Inauen, Messmer-Blumer, Metzger, Michael (Castasegna), Müller, Oesch, Perl, Peter, Preisig, Rageth, Rettich, Righetti, Rodigari, Roffler, Rusch Nigg, Rutishauser, Said Bucher, Salis, Saratz Cazin, Sgier, Spagnolatti, Stiffler, Stocker, Tanner, Thür-Suter, von Ballmoos, von Tscharner, Walser, Widmer, Wieland, Wilhelm, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Die Regierung legt auf Grundlage der Bedarfsanalyse periodisch die Angebotsplanung im hochschwelligen Bereich fest (Art. 49 Abs. 2 des Gesetzes für die Volksschulen des Kantons Graubünden [Schulgesetz; BR 421.000]). Bei der durch das Amt für Volksschule und Sport durchgeführten Bedarfsanalyse werden die Institutionen der Sonderschulung sowie die amtsinternen Fachstellen befragt. Die Bedarfsanalyse 2022/23 zeigt einen Handlungsbedarf aufgrund eines gestiegenen Bedarfs an zusätzlichen separativen Sonderschulplätzen auf.

Zu Punkt 1: Für ein bedarfsgerechtes Angebot in der integrativen Sonderschulung (ISS), welches jederzeit und in allen Regionen zur Verfügung steht, wären insbesondere jederzeit verfügbare und entsprechend qualifizierte Fachpersonen notwendig. Dies ist derzeit nicht gegeben. Die Regierung hat in der Vergangenheit mehrere Studiengänge für Schulische Heilpädagoginnen und -pädagogen an der Pädagogischen Hochschule Graubünden bewilligt. Aktuell wurde im Jahr 2022 ein auf sechs Jahre ausgelegtes Aus- und Weiterbildungsmodell mit unbeschränkter Platzzahl gestartet. Die Regierung kann die Anzahl Teilnehmenden, deren spätere Anstellungen sowie deren Pensenumfang nicht direkt beeinflussen. Als weitere Massnahme soll deshalb der Wechsel der Anstellung des Lehr- und Assistenzpersonals der ISS von den Institutionen der Sonderschulung zu den Schulträgerschaften geprüft werden. Dies würde unter anderem einen effizienteren Ressourceneinsatz ermöglichen.

In der separativen Sonderschulung hingegen begrenzen derzeit die vorhandenen Platzressourcen die Aufnahme zusätzlicher Schülerinnen und Schüler (SuS). Die Schaffung zusätzlicher mittelfristiger Kapazitäten für aktuell 24 SuS mit einer Behinderung auf Schuljahr 2024/25 hin ist in Erarbeitung. Dies wird Kosten von schätzungsweise rund 1,6 Mio. Franken/Jahr sowie weitere Kosten für allfällige bauliche Massnahmen ebenfalls in Millionenhöhe verursachen. Aus verschiedenen Gründen ist derzeit davon auszugehen, dass sich langfristig darüber hinaus weitere Massnahmen aufdrängen, die zu prüfen sind.

Zu Punkt 2: Die Forderung, nach Möglichkeit innerhalb eines Quartals einen entsprechenden Platz in einer Sonderschulinstitution für SuS mit Behinderung zu erhalten, erfordert den Aufbau von zusätzlichen räumlichen und personellen Kapazitäten. Dies verursacht jährlich durchschnittliche Kosten von rund 150 000 Franken pro Schülerin bzw. Schüler (separative interne Sonderschulung), die durch den Kanton zu tragen sind.

Zu Punkt 3: Im Bereich Verhaltensauffälligkeiten hat die Regierung im März 2023 die Schaffung von acht zusätzlichen Plätzen bewilligt. Eine Bestandsaufnahme im Juni 2023 bei den Institutionen hat ergeben, dass auf Schuljahresbeginn weitere Plätze frei werden. Die Belegungszahlen unterliegen bekanntlich regelmässigen Schwankungen. Mittel- und langfristig werden weitere Massnahmen geprüft.

Stösst im Bereich Behinderung die Umsetzung der integrativen Sonderschulung bezüglich eingesetzter Ressourcen an Grenzen, können bereits heute im Einzelfall und bis zur Aufnahme in die separative Sonderschulung zusätzliche Ressourcen durch den Kanton finanziert werden oder – falls angemessen – eine vorübergehende Reduktion des Unterrichtspensums gewährt werden. Aus diesen Gründen sind aus Sicht der Regierung keine gesetzlichen Anpassungen notwendig.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag betreffend die Punkte 1 und 2 zu überweisen und betreffend den Punkt 3 abzulehnen.

29. August 2023