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Session: 15.06.2023

Hebammen dürfen sich über einen sehr schönen und verantwortungsvollen Beruf erfreuen. Sie leisten werdenden Müttern vor und nach der Niederkunft Beistand sowie tragen dazu bei, dass Neugeborene möglichst optimal versorgt werden und die Familien sich im neuen Alltag schnell wieder zurechtfinden.

Gerade frei praktizierenden Hebammen kommt in der wichtigen Phase der frühen Kindheit eine zentrale Rolle zu, weil sie in allen Regionen des Kantons vertrauensvolle Bezugsperson der Familien sind und sich abzeichnende Probleme schnell erkennen und fachliche Unterstützung weitervermitteln können.

Weil die Geburt und die Wochenbettbetreuung zeitlich nicht geplant werden können, steht die Hebamme für die Betreuung einer Frau rund 5 Wochen um den errechneten Geburtstermin in Abruf-Bereitschaft; dies unabhängig davon, ob die Geburt zu Hause, in einem Geburtshaus oder im Spital stattfinden soll. Nach der Geburt begleitet die Hebamme die Familie bis zu zwei Monate zu Hause. In dieser Zeit ist die Hebamme ebenfalls verpflichtet, immer erreichbar zu sein.

Für diesen Bereitschaftsdienst müssen in Graubünden die Familien eine Entschädigung bezahlen, welche in diversen Kantonen und Städten von der Öffentlichkeit getragen wird. Dies führt dazu, dass sich Familien mit kleineren Einkommen eine Hebamme nicht leisten können. Oft sind es genau jene Familien, welche am meisten von dieser Unterstützung profitieren könnten. Sollten nur wenige starke Gemeinden eine solche Pikettentschädigung ausrichten, dürfte das schnell zu einer ungleichen Versorgung im Kanton Graubünden führen.

Die Regierung wird beauftragt, die geeigneten Massnahmen zu treffen, damit der Zugang zu Dienstleistungen von frei praktizierenden Hebammen in allen Regionen des Kantons Graubünden sichergestellt und für alle Familien finanzierbar ist (z. B. durch eine kantonal ausgerichtete, einheitliche Pikettentschädigung für den Bereitschaftsdienst).

Klosters, 15. Juni 2023

Degiacomi, Zanetti (Landquart), Hefti, Altmann, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Butzerin, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Casutt, Cola Casaulta, Collenberg, Dietrich, Furger, Gartmann-Albin, Gredig, Hoch, Hofmann, Kaiser, Kocher, Mazzetta, Messmer-Blumer, Müller, Perl, Peter, Preisig, Rageth, Righetti, Roffler, Rusch Nigg, Rutishauser, Said Bucher, Spagnolatti, Walser, Wilhelm

Antwort der Regierung

Frei praktizierende Hebammen begleiten und betreuen Frauen während der Schwangerschaft, bei der Hausgeburt und im Wochenbett. Da der Zeitpunkt insbesondere einer Hausgeburt nicht genau geplant werden kann, muss die Hebamme, welche die schwangere Frau während ihrer Schwangerschaft begleitet und betreut, in der letzten Phase der Schwangerschaft auf Abruf verfügbar sein. Die von der OKP bei Mutterschaft übernommenen Leistungen der Hebammen sind in Art. 16 Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31) geregelt. Dazu gehören neben Kontrolluntersuchungen während der Schwangerschaft insbesondere eine normierte Zahl von Hausbesuchen zur Betreuung im Wochenbett zur Pflege und Überwachung des Gesundheitszustands von Mutter und Kind sowie zur Unterstützung, Anleitung und Beratung der Mutter in der Pflege und Ernährung des Kindes. Die Kosten für den Bereitschaftsdienst der Hebamme werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung allerdings nicht übernommen, so dass die entsprechenden Kosten von der Familie der gebärenden Frau zu tragen sind. Frei praktizierende Hebammen betreuen die Mutter und ihr neugeborenes Kind auch während des Wochenbetts und in der Stillzeit. Während der Wochenbettbetreuung leisten die Hebammen ebenfalls Bereitschaftsdienst, um auf Abruf verfügbar zu sein. Auch diese Bereitschaftskosten werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht übernommen. Nicht alle frei praktizierenden Hebammen bieten neben Wochenbettbetreuung auch die Durchführung von Hausgeburten an.

In der Schweiz erfolgen die meisten Geburten im Spital. Gemäss der Schweizer Informationsplattform rund um Schwangerschaft, Geburt und Kind (www.swissmom.ch) entscheidet sich nur ein Prozent der werdenden Mütter für eine geplante Hausgeburt, dies wohl auch deshalb, weil bei einer Hausgeburt bei Komplikationen im Gegensatz zu einer Spitalgeburt eine medizinische Versorgung nicht sofort gewährleistet ist.

Bei den von Hebammen begleiteten Hausgeburten fallen gegenüber Geburten im Spital weniger Kosten an. Hausgeburten sind somit sowohl für die obligatorische Krankenversicherung als auch für den Kanton finanziell interessanter. Die Wochenbettbetreuung durch Hebammen leistet einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen Vorsorge und Versorgung von Mutter und Kind nach der Geburt.

Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (Krankenpflegegesetz, KPG; BR 506.000) ermächtigt die Regierung, bei nachgewiesenem Bedarf die Unterstützung auf weitere als die in Art. 2 Abs. 1 KPG aufgeführten beitragsberechtigten Leistungserbringer auszudehnen.

Die Regierung erachtet den Bedarf nach einer finanziellen Unterstützung der frei praktizierenden Hebammen für den von ihnen geleisteten Bereitschaftsdienst für Hausgeburten und für die Wochenbettbetreuung durch den Kanton als ausgewiesen, dies sowohl aus sozialen und finanziellen Gründen wie auch aus Gründen der gesundheitlichen Vorsorge und Versorgung von Mutter und Kind. Die zu erwartenden Kosten werden auf rund 100 000 Franken pro Jahr geschätzt. Die entsprechenden Leistungen der in den Spitälern angestellten Hebammen werden bereits jetzt über die Gemeinwirtschaftlichen Leistungen gedeckt (Art. 24 Abs. 2 lit. a KPG).

Die Regierung sieht entsprechend bei Überweisung des vorliegenden Auftrags vor, die Hebammen und Entbindungspfleger in der Verordnung zum Krankenpflegegesetz als beitragsberechtigte Leistungserbringer aufzunehmen.

Die Voraussetzungen für die Entschädigung des Bereitschaftsdienstes für Hausgeburten und für die Wochenbettbetreuung und deren Höhe sollen ebenfalls in der Verordnung zum Krankenpflegegesetz geregelt werden. Die Regierung wird sich dabei an den Regelungen anderer Kantone, welche diese Entschädigung ebenfalls ausrichten, orientieren.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

29. August 2023