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Session: 15.06.2023

Am 12. März 2023 hat die Stimmbevölkerung der Stadt Luzern die Volksinitiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» der SP mit 64.25 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen. Sie hat damit beschlossen, Kurzzeitvermietungen von Wohnungen stark zu regulieren. Dies vor dem Hintergrund zunehmender Wohnraumknappheit.

Auch Graubünden kennt das Problem der Wohnraumknappheit, gerade in touristischen Hotspots ist sie akut. Die Frage drängt sich auf, welche Einflüsse Airbnb und andere digitale Buchungsplattformen für Ferienwohnungen auf die Verfügbarkeit von Erstwohnraum haben. Auch stellt sich die Frage, welche Effekte die mittlerweile vollständig etablierten digitalen Buchungsplattformen für die Hotellerie und die touristische Wertschöpfung insgesamt haben.

Um einen auf Graubünden zugeschnittenen Umgang mit Airbnb und anderen Buchungsplattformen zu finden, beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung,

  1. einen umfassenden Bericht über die Effekte von Airbnb und anderen Buchungsplattformen für Kurzzeitvermietungen auf den Wohnungsmarkt sowie die touristische Wertschöpfung zu erarbeiten oder erarbeiten zu lassen;
  2. dem Grossen Rat darin falls notwendig Massnahmen zum Schutz des Erstwohnraums und der touristischen Wertschöpfung vorzuschlagen.

Klosters, 15. Juni 2023

Preisig, Perl, Müller, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Degiacomi, Dietrich, Gartmann-Albin, Gredig, Hoch, Hofmann, Kaiser, Kreiliger, Mazzetta, Peter, Rettich, Rusch Nigg, Rutishauser, Walser, Wilhelm

Antwort der Regierung

Im Grundsatz sind Online-Vermittlungsplattformen oder Sharing-Economy-Plattformen und somit Angebote wie Airbnb eher positiv zu werten, da sie dem Zeitgeist entsprechen, im Markt bei der Kundschaft etabliert sind und ein Bedürfnis abdecken, womit sie zusammen mit anderen Entwicklungen zur Steigerung der Attraktivität unserer Tourismusregionen helfen können, mehr Gäste nach Graubünden zu bringen. Zudem können sie auch dazu beitragen, die Auslastung von zu Zweitwohnzwecken genutzten Wohnungen zu erhöhen, sprich mehr warme Betten zu generieren. Im Übrigen besteht in den Tourismusgebieten Graubündens seit jeher ein Nebeneinander von Erstwohn- und Ferienwohnnutzungen, während dies in Städten im Mittelland im Gegensatz dazu eher eine neuere Erscheinung darstellt. Es gibt aber zumindest eine Schattenseite im Bereich des Tourismus, nämlich betreffend das Inkasso von Gästetaxen. In Graubünden gibt es dafür keine kantonale Lösung, während Airbnb in anderen Kantonen Gästetaxen mit einzieht und weiterleitet (s. dazu auch Anfrage Schneider, GRP 2/2016-2017 vom 19.10.2016, S. 423 ff.). Der Grund liegt auch darin, dass es in Graubünden keine kantonale Tourismusabgabegesetzgebung gibt (im November 2012 wurde ein entsprechendes Gesetz vom Volk verworfen). In den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Land, Freiburg, Schaffhausen, Genf, Zug, Zürich und neuerdings Kanton Waadt bestehen Vereinbarungen mit Airbnb, das die einheitlichen Abgaben direkt an die kantonalen Behörden abführt. In anderen Kantonen wie Bern oder Wallis wird in Bezug auf Airbnb-Vermietende explizit – aber nur deklaratorisch, da bereits Pflicht – vorgeschrieben, dass Übernachtungsabgaben bei ihren Gästen zwingend eingezogen werden müssen. In Graubünden konnten Arosa, Davos und Klosters erwirken, dass in den Richtlinien von Airbnb Hinweise auf die obligatorische Abgabe angebracht wurden; das hilft aber nur sehr bedingt weiter. Davos hat im Übrigen seit März 2021 eine Registrierungspflicht für jedes vermietete Objekt eingeführt.

Es gilt jedoch festzuhalten, dass die Nachfrage nach Wohnraum insgesamt zugenommen hat, unter anderem auch aufgrund der neueren und sich etablierenden Arbeitsformen, des Arbeitsverhaltens sowie des Trends zu einem multilokalen Wohnen. Gleichzeitig wird die Bereitstellung von Boden insbesondere auch mit der neuen Raumplanung anspruchsvoller. Ob die Vermietung von Wohnraum über einen Einfluss auf das Wohnraumangebot hat, wird kontrovers diskutiert. In Studien und Beiträgen gibt es soweit ersichtlich keine einheitlichen Aussagen, und allfällige Effekte wären je nach Sharing-Typ und Markt unterschiedlich. Nichtsdestotrotz gibt es in den Städten Genf und Bern sowie im Kanton Tessin bereits einschränkende Regelungen zur Vermietung von Wohnungen über Sharing-Plattformen; in der Stadt Luzern muss eine entsprechende vom Volk angenommene Initiative umgesetzt werden.

Im Bereich der Tourismusentwicklung und touristischen Beherbergung arbeitet der Kanton auch mit dem Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) der Fachhochschule Graubünden zusammen. Im Rahmen der Verarbeitung von Impulsthemen von Vertiefungen aktueller Fragestellungen hat das ITF im Juni 2023 unabhängig des vorliegenden Vorstosses dem Amt für Wirtschaft und Tourismus (AWT) eine Projektskizze zur Entwicklung von Kurzzeitvermietung über Buchungsplattformen im Kanton Graubünden eingereicht. Ziel ist es, im Sinne einer Grundlagenstudie auch die Thematik betreffend Airbnb im Kanton Graubünden aufzuarbeiten. Es soll ein genereller Überblick über die Mechanismen von Kurzzeitvermietungsplattformen geschaffen werden und insbesondere die Entwicklung von Angebot und Nachfrage im Zeitraum 2018 –2023 ausgewertet werden. Das AWT und auch das Departement für Volkswirtschaft und Soziales stehen diesem Projekt positiv gegenüber und haben bereits beabsichtigt, die Freigabe zur Projektbearbeitung zu erteilen. Dieses Projekt bietet sich an, die im Fraktionsauftrag aufgeworfenen Fragestellungen zu erörtern.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

29. August 2023