Dass Entscheide von Frauen eher hinterfragt werden, diese Erfahrungen bestätigten mehrere amtierende Gemeindepolitikerinnen an der Veranstaltung «Dunnas e politica: Schanzas e sfidas per la regiun Engiadina Bassa Val Müstair» am 12. März 2024 in Scuol. Betont wurde aber auch: Gemeindepolitik macht Freude, weil sie nahe bei den Menschen ist.
Das Thema «Frauen und Politik: Chancen und Herausforderungen für die Region Unterengadin Val Müstair» lockte am 12. März 2024 gut 30 Interessierte in den Gemeindesaal nach Scuol. Die Veranstaltung war der zweite Halt der Veranstaltungsreihe «Promo Femina on Tour» der Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann und der Fachhochschule Graubünden. Die regen Diskussionen zeigten: Die Fragen, warum der Frauenanteil in der Gemeindepolitik stagniert und welche Massnahmen ergriffen werden können, um den Frauenanteil zu erhöhen, ist hochaktuell. Die Zahlen bewegen sich seit Jahren auf tiefem Niveau, wie die jährliche Erhebung des Amts für Gemeinden zeigt.
Auf die Frage aus dem Saal, ob Frauen in der Gemeindepolitik unterschätzt würden, antwortete Aita Zanetti, Gemeindepräsidentin von Scuol, auf dem Podium: «Ob Frauen unterschätzt werden, weiss ich nicht, aber es gibt eine andere Wahrnehmung.» Entscheide würden eher hinterfragt. Gabriella Binkert Becchetti, Gemeindepräsidentin von Val Müstair, bestätigte diese Aussage: «Entscheide werden erneut diskutiert. Ja, vielleicht auch ein wenig unterschätzt.» Die anwesenden Gemeindepolitikerinnen erklärten, dass das Hinterfragen von Entscheidungen Selbstzweifel auslösen könne und dass sie den Fehler dann zuerst einmal bei sich suchen würden. Dies lege sich aber nach dem ersten Amtsjahr.
Gemeindepolitik ist Sachpolitik
Die Motivation, sich politisch zu betätigen, ist für Anina Sieber einerseits der Klimawandel, aber auch die Lebensqualität in der Region. Als junge, politisch interessierte Frau war sie ebenfalls auf dem Podium unter der Leitung von Alberto Palaia, Fachstelle Mehrsprachigkeit, und Barbara Wülser, Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann. Ebenfalls wichtig sind ihr Aufenthaltsorte und Freizeitaktivitäten für Jugendliche. Entscheidungen der Gemeindepolitik betreffen nicht nur die Zukunft, sondern auch ihre heutige Lebenswelt. Deshalb ist es laut Anina Sieber wichtig, sich als junge Frau für Gemeindepolitik zu interessieren.
In der Gemeindepolitik spielt die Parteipolitik nur eine kleine Rolle. Eine Parteizugehörigkeit ist nicht zwingend notwendig, kann jedoch für die Moblisierung für die Wahl hilfreich sein. Dass Schöne der Gemeindepolitik, so Aita Zanetti, sei die Nähe zum Umfeld. Die Gesellschaft soll verbunden werden. Brücken bauen gelinge ihr gut, so Aita Zanetti. «Gemeindepolitik macht Freude, weil man gestalten kann.»
Frauen fördern und bestärken
In einem Open Space diskutierten die Teilnehmenden intensiv über die vorgeschlagenen Massnahmen der Plattform Promo Femina. Es wurde deutlich, dass das Thema Frauen in der Gemeindepolitik nicht nur eine Frage der Gleichstellung ist, sondern auch die Zukunft und Lebenswelten in den Regionen und der nächsten Generationen betrifft. Die niedrige Vertretung von Frauen in politischen Ämtern erfordert weiterhin Massnahmen zur Förderung und Motivation von Frauen, um die Diversität und Repräsentation in der Gemeindepolitik zu stärken.
Der niedrige Frauenanteil wird die Gemeinden noch länger beschäftigen. Die Bereitschaft, sich für das Gemeinwesen auf lokaler Ebene einzusetzen, nimmt laut Simon Theus vom Amt für Gemeinden tendenziell ab. Für die Besetzung der Ämter würden Frauen benötigt. Frauen müssen ermutigt, gefördert und motiviert werden, so ein Fazit aus der Veranstaltung.
Weitere Informationen
• PromoFemina – Projektwebsite FH Graubünden
• PROMO Femina on Tour (gr.ch)
• Frauenvertretung in Bündner Gemeindebehörden 2024 (gr.ch)