Navigation

Inhaltsbereich

  • Erste Mitteilung
  • Neuen Beitrag einfügen

Welche Effekte hatte die Pandemie und die dadurch verursachten Einschränkungen auf die Erwerbssituation der Geschlechter? Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) liess diese geschlechtsspezifischen Beschäftigungs- und Einkommenseffekte in einer Studie untersuchen – soweit die Daten überhaupt zur Verfügung stehen – und zieht daraus Lehren für die Zukunft .

Die erste Phase der Pandemie forderte Care- und Betreuungsberufe besonders. Ausnehmend viele Frauen arbeiten in diesen Branchen. Bereits zu diesem Zeitpunkt beauftragte die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) das Büro BASS mit einer Gender-Impact-Analyse. So wurde gefragt, wie sich Schutzmassnahmen und Bundeshilfen auf die Erwerbs- und Familienarbeit auswirkten. Ferner wurden die Effekte der Pandemie auf Beschäftigung, Einkommen und familiäre Arbeitsteilung betrachtet. Haben Frauen und Männer gleichermassen von den Bundeshilfen profitiert? Mit der Studie «Genderspezifische Effekte der staatlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus Covid-19» liegen nun Antworten auf diese Fragen vor. Ziel ist es, Lehren und Empfehlungen für künftige Krisen abzuleiten.

Covid-Massnahmen verstärkten geschlechterspezifische Ungleichheiten

Die Studie nahm die Wirkung der Kita- und Schulschliessungen sowie die Home-Office-Pflicht unter die Lupe. Die Schliessung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen führte zu einer geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung. Frauen widmeten sich verstärkt der Kinderbetreuung, während sie ihre Erwerbstätigkeit reduzierten. Darin unterscheidet sich die Schweiz nicht von anderen Ländern. Vereinbarkeitskonflikte wurden zusätzlich durch die Home-Office-Pflicht verschärft, zumal zeitgleich den beruflichen Anforderungen und den Betreuungspflichten nachgekommen werden musste.

Frauen in Kleinstpensen betroffen

Zwar konnten – dank der schnellen Finanzhilfen und der guten wirtschaftlichen Lage der Schweiz – viele Stellen erhalten werden. Dennoch gingen in einigen Branchen die Anzahl beschäftigter Personen stark zurück. Einen besonders hohen Rückgang verzeichnet das Gastgewerbe. Gesamthaft ist das Arbeitsvolumen der Frauen in Arbeitspensen unter 50 Prozent am deutlichsten zurückgegangen. Positiv hervorzuheben ist dagegen, dass das generelle Lohnniveau dank der Finanzhilfen nicht sank. Allerdings konnten Haushalte mit tiefen Einkommen, und damit überdurchschnittlich viele Frauen, nicht davon profitieren. Sie verdienten weniger.

Die Untersuchung der staatlichen Geldflüsse macht deutlich, dass die finanziellen Hilfen für Betriebe der Branche «sonstige Dienstleistungen» geringer ausfielen als erwartet. Zu den sonstigen Dienstleistungen zählen Coiffeur- und Kosmetiksalons, die einen hohen Frauenanteil aufweisen. Trotz des Covid-Erwerbsersatzes, der selbstständig Erwerbstätigen zur Verfügung stand, wird vermutet, dass Solo-Selbstständige in Teilzeitpensen das Mindesteinkommen nicht mehr erreichen konnten. Dies führte wiederum dazu, dass ihnen der Zugang zu Hilfen verwehrt blieb. Besonders dramatisch erwies sich die Covid-19-Krise jedoch für Erwerbstätige, die ganz von den Covid-Hilfen ausgenommen waren. Dazu zählen Beschäftigte in privaten Haushalten, wovon beinahe 90 Prozent Frauen mit oft sehr tiefen Einkommen und unsicherem Aufenthaltsstatus sind. Obschon sie zu den besonders vulnerablen Gruppen zählen, wurden sie nicht unterstützt, sondern an die Arbeitslosenversicherung verwiesen.

Fehlende Daten bei Kurzarbeit

Leider wurde es beim Pandemie-Management versäumt, von Anfang an geschlechtersegregierte Daten zu erheben. So sind die geschlechtsspezifischen Beiträge bei Kurzarbeit nicht genau bekannt. Diese waren mit 13 Milliarden Franken bis 2021 die wichtigste Unterstützungsmassnahme des Bundes. Dies erschwert nicht nur die Analyse, sondern auch das Ableiten von «Lessons learnt» und von geschlechterspezifischen Massnahmen für künftige Krisen.

Widerstandkraft dank Gleichstellung

Der verschärfende Effekt der Pandemie-Massnahmen ist auch auf die davor bereits bestehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zurückzuführen. Umso wichtiger ist es daher, die Ungleichheiten auszugleichen. Die EKF betont in ihrer Medienmitteilung, dass «je gleichberechtigter eine Gesellschaft ist, desto resilienter ist sie auch gegenüber Krisen».

Neben den spezifischen Forderungen sieht die EKF den Bund in der Pflicht, die Gleichstellung deutlich zu verbessern, gleichstellungspolitische Expertise von Anfang an zu berücksichtigen sowie geschlechtsbezogene Daten zu erheben und auszuwerten.

Den Bericht sowie weiterführende Informationen finden Sie hier.

Erkenntnisse und  Empfehlungen der Studie auf einen Blick

1 Kita und Schulschliessungen beeinträchtigen die Erwerbsintegration von Müttern

Familien- und schulergänzende Kinderbetreuung sowie deren Finanzierung durch die öffentliche Hand ausbauen und den Betrieb in Krisen aufrechterhalten.

2 Home-Office-Pflicht kann Vereinbarkeitskonflikte verstärken
Rahmenbedingungen für Home-Office definieren und Care-Arbeit egalitär verteilen.

3 Entwicklung der Beschäftigung: Teilzeitbeschäftigte besonders betroffen
Erwerbsintegration von Frauen stärken und Anrecht für Eltern auf eine Pensenreduktion nach der Geburt eines Kindes mit Rückkehrrecht auf das ursprüngliche Pensum einführen.

4 Entwicklung der Einkommen: Tieflohnbeziehende besonders betroffen
a) Nachqualifizierung von Frauen gezielt fördern.
b) Tieflohnarbeit aufwerten und im Krisenfall besseren Lohnschutz gewähren.

5 Zugang zu Unterstützungsmassnahmen: Persönliche Dienstleistungen untervertreten 
Bedürfnisse von Kleinunternehmen in frauentypischen Branchen berücksichtigen.

6 Lücken im Auffangnetz: Beschäftigte in privaten Haushalten 
Spezifische Unterstützung für Beschäftigte in privaten Haushalten anbieten.

7 Wirkung der Kurzarbeitsentschädigungen: Entscheidende Daten fehlen
Geschlechterspezifische Daten erheben und auswerten.

8 Geschlechterungleichheiten haben sich in der Pandemie verstärkt
Kriseninterventionsmassnahmen geschlechtergerecht gestalten.

9 Massnahmen treffen auf bereits bestehende Schieflagen
Mit mehr Gleichstellung die Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft stärken.

Den Bericht sowie weiterführende Informationen finden Sie hier.

Neuer Artikel