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Führungspersonen spielen eine Schlüsselrolle, wenn es um die Verankerung von Gleichstellung und Inklusion in Unternehmen geht. Vier Top-Kaderleute von Bündner Unternehmen zogen am Montag, 12. Februar 2024, ein Fazit an der Veranstaltung «Diversity in Leadership & Tech: Vielfalt verankern». Es hiess: Wir machen noch nicht genug.

Die Podiumsdiskussion zum Abschluss der Veranstaltung «Diversity in Leadership & Tech: Vielfalt verankern» am 12. Februar 2024 im Auditorium der Graubündner Kantonalbank in Chur brachte es an den Tag: Bündner Unternehmen tun (noch) zu wenig, um vielfältige Lebensmodelle und Talente zu rekrutieren, zu halten und zu fördern. Angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels hat das Thema Diversität und Inklusion an Dringlichkeit gewonnen; angesprochen sind insbesondere Frauen als Arbeitnehmende. «Wir können es uns nicht mehr leisten, nichts zu tun», postulierte Sandra Daub, Verwaltungsrätin Inventx und CMO Noumena. Nach Ansicht von Andrea Fanzun, CEO Fanzun AG und Präsident Handelskammer und Arbeitgeberverband Graubünden, wird schon einiges getan, aber: «Vermutlich machen wir es nicht gut genug.» Martina Müller-Kamp, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiterin Marktleistungen Graubündner Kantonalbank (GKB), ortet ein Problem in der abgekoppelten Vorgehensweise: «Wenn wir Frauen bedürfnisgerecht fördern wollen, müssen wir erst herausfinden, was deren Bedürfnisse sind.» Christian Thöny, Verwaltungsratspräsident Cedes, sieht vor allem die Führungscrew in der Verantwortung: «Topdown wirkt am meisten.»

Diese Sicht spiegelt auch die Ausführungen der Referentin des Abends, Ines Hartmann. Die Co-Direktorin des Competence Centre for Diversity & Inclusion an der Forschungsstelle für Internationales Management der Universität St.Gallen belegte wissenschaftlich, wo die Schweizer Wirtschaft und insbesondere die Tech-Branche bezüglich Gleichstellung und Inklusion steht. Die Erkenntnisse stammen aus dem «Gender Intelligence Report», den die Universität St. Gallen gemeinsam mit Advance jährlich herausgibt und der auf einer Erhebung in Schweizer Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden basiert.

Auf allen Ebenen verankern

Bei allem guten Willen gibt es viele strukturelle Hürden zu überwinden – gerade in der Tech-Branche. So gehen neun von zehn Beförderungen in Tech-Unternehmen an Vollzeitmitarbeitende. «Dies entspricht eher dem männlichen als dem weiblichen Erwerbsmodell», so Ines Hartmann. Beförderungen geschehen meist zwischen 30 und 40 Jahren – just in den «Rush Hours of Life», wenn viele Menschen eine Familie gründen.
Zusammen mit der «Vollzeitkultur» in der Tech-Branche hat das fatale Auswirkungen: Mehr als die Hälfte der Frauen verlassen die Tech-Branche im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, wie eine McKinsey-Studie besagt. Das sind mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer. Die Frauen fehlen dann auch auf der Führungsetage: Nur gerade 18 Prozent beträgt der Frauenanteil im mittleren und obersten Kader in der Tech-Branche, gegenüber gesamtwirtschaftlich 24 Prozent.
Die Verankerung von Diversität und Inklusion in Unternehmen, so Hartmann, sei zentral, um den Talentpool zu nutzen – und zwar auf allen Managementebenen: in der Vision, in der Strategie und in der Umsetzung, ausgestattet mit ausreichend Ressourcen. Ziel sei, dass möglichst viele Mitarbeitende die beste Leistung erbringen können. «Erst wenn auch die Inklusion gegeben ist, kommt der Nutzen von vielfältigen Teams zum Tragen», erklärte Ines Hartmann. Wir alle seien gefährdet, Menschen nach Stereotypen zu beurteilen. «Strukturen zur Verankerung von Diversität und Inklusion helfen uns, nicht auf diese Stereotypen hereinzufallen.»

Reger Austausch auf dem Marktplatz

Vielfältige Impulse, wie die Verankerung in Unternehmen angegangen werden kann, bot der «Marktplatz der guten Ideen», aufbereitet von Fachpersonen sowie dem Elektizitätswerk Zürich (ewz), der GKB und dem Innovationszentrum CSEM zu Themen wie Messbarkeit und Zielwerte, Netzwerke, Organisationsformen oder Organisationskultur. Das Angebot zum Austausch wurde von den rund 130 Teilnehmenden rege genutzt.
Diversity-gr bietet Unternehmen der Technologiebranche und mit Berufsfeldern, die von der digitalten Transformation betroffen sind, eine Plattform. Das Netzwerk ermöglicht den Erfahrungsaustausch, sensibilisiert für Zusammenhänge und regt Veränderungsprozesse an. Es wird getragen von der Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann, dem Innovationszentrum CSEM, der Academia Raetica, dem Netzwerk «Women in Tech Switzerland», dem KMU-Zentrum Graubünden, der Fachhochschule Graubünden (FHGR) und der Pädagogischen Hochschule Graubünden.
Ein erstes Werkgespräch findet im Frühjahr 2024 bei Hamilton in Bonaduz statt, das gemeinsam mit der GKB, der ÖKK und markenkern zu den ersten Mitgliedern des Netzwerks Diversity-gr gehört. Simon Neuner, CEO ÖKK, hebt den Nutzen des Netzwerks hervor: «Der Austausch mit anderen Unternehmen, das Verankern von Vielfalt in der Firmenkultur sowie das gemeinsame Sensibilisieren für Diversität spornen uns an.» Eine Mitgliedschaft ist ab sofort möglich. Weitere Informationen unter diversity-gr.ch.

Die Veranstaltung wurde ermöglicht dank der finanziellen Unterstützung des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann, der GKB, der ewz, der FHGR und der ÖKK.

 

Yanik Buerkli Fotografie

Foto: Yanik Buerkli. Christian Thöny, Sandra Daub, Andrea Fanzun und Martina Müller-Kamp (von links) diskutieren über die Herausforderungen und Chancen der Gleichstellung für Unternehmen. 

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