Nachdem vergangenen Februar mit der Inbetriebnahme des RAV Davos der Aufbau der
Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) abgeschlossen wurde, können bereits erste Erfolge
verzeichnet werden. Die Zahl der monatlich akquirierten offenen Stellen konnte in den Monaten
Januar bis März gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt um 150 Prozent gesteigert werden. Zur
Zeit stehen den sechs RAV in Graubünden, welche sich in Chur, Thusis, Ilanz, Grono, Davos und
Samedan befinden, 500 offene Stellen zur Vermittlung von Arbeitskräften zur Verfügung. Im April
wurden insgesamt 124 Personen an Arbeitsstellen vermittelt.
Neues Konzept für die Betreuung von Arbeitslosen
Mit dem revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz, dessen zweite Etappe am 1. Januar 1997
in Kraft getreten ist, wird gesamtschweizerisch ein grundlegend neues Betreuungskonzept für
Arbeitslose eingeführt. Die Stempelkontrolle wird durch Beratungsgespräche in den RAV ersetzt.
Primäres Ziel ist dabei die Vermittlung von Arbeitslosen an freie Stellen. Falls eine Vermittlung
nicht möglich ist, werden geeignete Massnahmen eingeleitet, um die Chancen der betroffenen
Person auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Gegenleistungsprinzip eingeführt
Nach dem Bezug einer altersabhängigen Anzahl sogenannter "normaler Taggelder", werden
weitere Taggelder nur noch ausbezahlt, wenn Betroffene an geeigneten Weiterbildungs- oder
Beschäftigungsprogrammen teilnehmen. Die Kantone sind gesetzlich verpflichtet, Beschäftigungs-
und Ausbildungsprogramme im Umfang von 25'000 Jahresplätzen bereitzustellen. Der Kanton
Graubünden ist mit 369 Jahresplätzen an diesem Plansoll beteiligt.
Flächendeckende Beschäftigungsprogramme
Das Kantonale Arbeitsamt wird in Zusammenarbeit mit Gemeinden und gemeinnützigen
Institutionen ein Beschäftigungsprogramm organisieren, in welchem ca. 400 Arbeitslose je sechs
Monate beschäftigt werden können. Im Rahmen dieses Programms sollen Unterhaltsarbeiten an
öffentlichen Einrichtungen sowie Wald- und Weideräumungsarbeiten durchgeführt werden. In einem
weiteren Beschäftigungsprogramm sollen sich Arbeitslose betagten und pflegebedürftigen
Menschen widmen und jene zwischenmenschlichen Kontakte pflegen, für welche dem
Pflegepersonal zu wenig Zeit bleibt. Mit den Beschäftigungsprogrammen darf die Privatwirtschaft
nicht konkurrenziert werden.
Praktikumsprogramme
Seit 1984 wird im Kanton Graubünden das Praktikumsprogramm für jugendliche Arbeitslose
durchgeführt. Bis heute haben gut 500 junge Berufsleute, insbesondere Lehrabgänger und
-abgängerinnen, dieses Praktikum durchlaufen. Der Erfolg dieses Praktikums darf sich sehen
lassen: 80 Prozent der Praktikumsabsolvierenden werden im Anschluss an das Praktikum vom
Einsatzbetrieb weiterbeschäftigt oder können an eine andere feste Anstellung vermittelt werden. 17
Prozent der Praktikanten und Praktikantinnen entschliessen sich zu einem Auslandaufenthalt
oder zu einer Weiterbildung. Lediglich drei Prozent der Praktikanten und Praktikantinnen
bleiben weiterhin arbeitslos. In der Regel absolvieren diese jungen Berufsleute abermals ein
Praktikum. Dieses Praktikum, in welches bis anhin nur Arbeitslose bis zum 30. Altersjahr
aufgenommen werden konnten, wird neu auch älteren Arbeitslosen zugänglich sein, sofern sie
mindestens sechs Monate arbeitslos waren. Das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und
Arbeit wird in den nächsten Tagen sämtliche Unternehmungen des Kantons aufrufen, geeignete
Praktikumsplätze zu melden.
Erweiterter Zumutbarkeitsbegriff
Obwohl sehr viele Stellenmeldungen aus Saisonbetrieben eingehen, ist es leider allzu oft nicht
möglich, diese Stellen zu besetzen. Die Personalberater und -beraterinnen in den RAV versuchen
insbesondere, junge Arbeitslose ohne Familie zu einer Tätigkeit in Saisongebieten zu motivieren.
Leider stossen diese Anstrengungen allzu oft ins Leere. Die arg strapazierten Begriffe "Flexibilität"
und "Mobilität" bleiben nicht selten Lippenbekenntnisse.
Das Arbeitslosenversicherungsgesetz hat den Zumutbarkeitsbegriff in verschiedenen
Teilrevisionen stark erweitert, so dass heute praktisch jede Arbeitstätigkeit zumutbar ist, welche
dem körperlichen Leistungsvermögen einer arbeitslosen Person entspricht und mindestens 70
Prozent des letzten Einkommens einbringt. Selbst wenn das Einkommen unter dieser Schwelle
liegt, ist die Arbeitstätigkeit zumutbar, sofern aus der Arbeitslosenkasse sogenannte
Kompensationsleistungen erbracht werden. Falls zumutbare Stellen nicht angenommen werden,
wird dies mit einer Kürzung des Arbeitslosengeldes sanktioniert.
Dienstleistungen finden Anklang
Sowohl seitens der betroffenen Arbeitslosen wie seitens der Arbeitgeber werden die ersten
Gehversuche der RAV mehrheitlich positiv beurteilt. Mit der persönlichen Beratung in den RAV
sowie dem Zwang zur Weiterbildung und Beschäftigung wird die gesellschaftliche Ausgrenzung
und Isolation von Arbeitslosen mit den bekannten negativen Folgen weitgehend vermieden. Die
in den vergangenen Monaten massiv ansteigenden Stellenmeldungen zeigen, dass die
Vermittlungsarbeit der RAV auch bei den Arbeitgebern guten Anklang findet. Die RAV bemühen
sich um eine qualitative Arbeitsvermittlung, d.h., es werden nur Bewerber und Bewerberinnen
an Arbeitsstellen zugewiesen, welche aufgrund der Abklärungen in den RAV als geeignet erachtet
werden. Die Tatsache, dass 10 Prozent der Stellensuchenden, welche sich bei den RAV
melden, nicht arbeitslos sind, spricht ebenfalls für die gute Arbeit in den Vermittlungszentren.
Jahr: 1998