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DIE REGIERUNG AN DIE EINWOHNERINNEN UND EINWOHNER DES KANTONS GRAUBÜNDEN

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Im Januar 1998 eröffneten die Schweizer Bischofskonferenz und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund eine ökumenische Konsultation zur sozialen und wirtschaftlichen Zukunft der Schweiz. Die genannten Institutionen luden zum Dialog ein mit dem Ziel, Antworten auf grundlegende Fragen zu suchen und zur Verständigung über die künftige Ausrichtung der Gesellschaft Schweiz beizutragen. Die Konsultation soll auf den diesjährigen Dank-, Buss- und Bettag abgeschlossen werden.

Es ist in der Tat so, dass die Gesellschaft heute vor vielfältigen neuen Herausforderungen steht. Wesentlich geprägt werden diese Herausforderungen durch die Globalisierung. Die weltweite Ausrichtung unserer Gesellschaft und damit verbunden deren Beeinflussung durch das Weltgeschehen schaffen auf der einen Seite neue Dimensionen der persönlichen Freiheit, der wirtschaftlichen Entfaltung und der Kommunikation. Auf der anderen Seite stellt die Globalisierung aber auch das soziale Sicherheitsnetz auf die Probe. Postulate wie Existenzsicherung, Solidarität und Vermittlung von Geborgenheit in der Gesellschaft sind in einem veränderten Umfeld neu zu positionieren.
Die Bewältigung der neuen Herausforderungen ist nicht nur eine Aufgabe des Staates, sondern vor allem auch eine Aufgabe der Kirche. Dass die Kirche diese Herausforderungen ernst nimmt, beweist unter anderem die ökumenische Konsultation. Der Kirche kommt denn auch eine ganz zentrale Funktion zu bei der Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft.

Aufgabe der Kirche ist es, unserer Gesellschaft hartnäckig und unermüdlich Grundwerte des christlichen Glaubens in Erinnerung zu rufen. Sorge für den Nächsten, Toleranz und Gerechtigkeit müssen als Grundlagen unseres Zusammenlebens allgegenwärtig sein. Niemand kann diese Werte glaubwürdiger vermitteln als die Kirche. In ihrer Eigenschaft als moralische Instanz hat sie Menschen Halt zu bieten. Gerade angesichts der Globalisierung und der damit verbundenen Gefahr, dass die Gesellschaft sich immer mehr in Gruppierungen aufteilt, die auseinanderzudriften drohen, ist solcher Halt von grosser Wichtigkeit.
br>Er kann sich daraus ergeben, dass die Kirche durch ihre Arbeit täglich den Wert sozialen Engagements für Kranke, Schwache und Benachteiligte sichtbar macht, dass sie Krieg, Gewalt und Zerstörung anprangert mit dem Ziel, Menschen in sicheren Verhältnissen zu Mitbeteiligten zu machen und zur aktiven Ächtung und Verurteilung solcher Geschehnisse zu bewegen, dass sie in wichtigen Lebensfragen durch klare, wenn nötig durchaus auch politische Stellungnahmen zur ethischen Orientierung und Gewissensbildung der Gesellschaft und jedes Einzelnen beiträgt. Halt kann die Kirche insbesondere auch der Jugend bieten, indem sie ihr in der Zeit des Heranwachsens aufzeigt, wie wichtig christliche Grundwerte für die Orientierung in einer zunehmend orientierungslosen Welt sind.

Es wäre nun aber zu einfach, Verantwortung für die künftige gesellschaftliche Entwicklung der Kirche zuzuweisen und sich als einzelnes Mitglied der kirchlichen und der staatlichen Gemeinschaft mit der durchaus beruhigenden Perspektive zufrieden zu geben, dass andere etwas für eine sichere und lebenswerte Zukunft tun. Wir alle sind gefordert in der Frage der Zukunftsgestaltung. Mehr noch als Institutionen haben wir es in der Hand, Menschlichkeit, Verständnis und Nächstenliebe täglich zu leben. Grosse und kleine Zeichen der Zuneigung, der Unterstützung und des Ansporns an Menschen in schwierigen Lebenssituationen, in materieller Not oder in Phasen der Verunsicherung können persönliche Haltungen und Schicksale positiv beeinflussen. Sie können vielleicht keine Wunder bewirken, aber sie können dazu beitragen, Mut und Lebensfreude zu wecken.

Wenn wir es schaffen, eine menschliche und rücksichtsvolle Haltung im Alltag zu üben und christliche Grundwerte als tragendes Element der Gestaltung unserer Gesellschaftsordnung selbstverständlich zu machen, dürfen wir mit Zuversicht in die Zukunft schauen. Anlass zur Besinnung, insbesondere zur Selbstbesinnung, soll dabei nicht nur der Dank-, Buss- und Bettag geben. Jeder andere Tag drängt sich hiefür genauso auf.

In diesem Sinne empfehlen wir Euch, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, und alle unsere Mitmenschen samt uns der Obhut des Allmächtigen.

Chur, im September 2001
Namens der Regierung
Die Präsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf
Der Kanzleidirektor: Claudio Riesen

ZUR BEACHTUNG

1. Die Pfarrämter werden ersucht, das Bettagsmandat gemäss der grossrätlichen Verordnung vom 24. Februar 1971 acht, eventuell vierzehn Tage vor dem Eidgenössischen Bettag, also am 9., eventuell am 2. September 2001, von der Kanzel verlesen zu lassen und darauf aufmerksam zu machen, dass gemäss der gleichen Verordnung am Bettag in allen Kirchen des Kantons eine Kollekte durchzuführen ist, deren Ertrag nach dem Beschluss der Regierung vom 22. Mai 2001 zu je einem Drittel der "Genossenschaft Fontana Passugg", der "Stiftung Therapeion Zizers" und der "Stiftung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Graubünden" zugesprochen wird.
- Genossenschaft Fontana Passugg: Hörbehindertengruppen haben in Zusammenarbeit mit Hörenden ein baufälliges Gebäude in Passugg saniert und eine gemeinsame Bildungsstätte aufgebaut. Diese bietet seit November 1998 ein einmaliges Bildungsangebot für Gehörlose, Spätertaubte und Schwerhörige an. Sie hat deshalb für Hörbehinderte und ihre Integration in die Gesellschaft eine besondere Bedeutung.
- Stiftung Therapeion Zizers: In diesem Kinderheim werden cerebral gelähmte und hirnorganisch geschädigte Kinder durch spezielle Betreuung gefördert und auf die Sonderschulung vorbereitet. Die therapeutischen Bemühungen sind in erster Linie darauf ausgerichtet, den Kindern zu einem positiven Umweltbezug zu verhelfen, der ihnen Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Das zur Zeit wichtigste Projekt der Stiftung ist die Sicherung der Räumlichkeiten für den Heimbetrieb.
- Stiftung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Graubünden: Diese Stiftung trägt den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst im Kanton. Ihre Hauptaufgabe ist die Behandlung von psychischen Fehlentwicklungen und Leiden bei Kindern und Jugendlichen. Diese Bevölkerungsgruppe weist die höchste Wachstumsrate an psychischen Erkrankungen auf.
2. Die Gemeindevorstände werden angewiesen, die Sammlung im Einvernehmen mit den kirchlichen Instanzen durchzuführen und das Ergebnis bis zum 28. September 2001 der Finanzverwaltung Graubünden, 7000 Chur, PC 70-187-9, abzuliefern.

Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden
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