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An die Einwohnerinnen und Einwohner
des Kantons Graubünden

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Die christlichen Kirchen begehen dieses Jahr das Jahr der Bibel. Es steht unter dem Motto "Suchen und Finden" und will die geistliche wie kulturelle Bedeutung der Bibel in Erinnerung rufen.

Die Bibel setzt andere Schwerpunkt als etwa die Politik und das Geschäftsleben es mit ihrem zweckorientierten Handeln tun. Sie erzählt von den Erfahrungen Gottes mit den Menschen und von den Erfahrungen von Menschen mit Gott. Sie berichtet von Jesus Christus, der die Liebe seines Vaters zu uns und das baldige Kommen des Reiches Gottes verkündet hat. Er allein kann einen "neuen Himmel" und eine "neue Erde" errichten. Das heisst allerdings nicht, dass christlicher Glaube unpolitisch wäre, im Gegenteil. Da wo Menschen an das Evangelium glauben, hat dies Konsequenzen für alle Lebensbereiche. Gottes Reich ist zwar nicht von dieser Welt, aber es soll in diese Welt hineinwirken.

Gerade in unserer Zeit verändert sich die Gesellschaft in einem Ausmass, über das wir selber staunen. Viele Menschen finden sich in der Alltagssituation von heute nicht mehr zurecht. Es herrscht Unsicherheit über Ausmass, Wert und Ziel wirtschaftlichen Wohlstandes, über das Sinnvolle des technischen Fortschrittes. Man hat den Eindruck, als sei die Übersicht verloren gegangen. Wir wundern uns, dass die meisten Menschen in unserem Umkreis im Wohlstand leben und dennoch ganz offenkundig nicht zufrieden sind. Den Menschen geht es besser, aber sie werden deswegen keineswegs zufriedener.

Bereits in der Bibel lesen wir: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein" (Mt 4,4). Dieser Satz ist aktueller denn je. Offensichtlich muss mehr als der Wohlstand gesichert werden. Es müssen Werte erhalten werden, die jenseits von Angebot und Nachfrage liegen, und die die Menschen so notwendig brauchen wie das tägliche Leben: gesunde Umwelt, menschliche Zuwendung, Geborgenheit, Vertrauen, Sinn für das Leben.

Eine Gemeinschaft lebt nicht nur von guten Infrastrukturen, Gesetzesnormen und funktionierenden Märkten. Es gibt gemeinsame geschichtliche und kulturelle Werte, die wir miteinander teilen, egal, welche Funktion wir in der Gemeinschaft ausüben, egal, welche Position wir dort vertreten, ob wir links oder rechts stehen. Eine Gesellschaft wird auch durch ungeschriebene Gesetze zusammengehalten, durch Werte, sittliche Normen und moralische Regeln, die unserem Handeln eine Richtung geben und die uns eine Verantwortung auferlegen.

Ohne diese Werte kann eine Gemeinschaft auf Dauer nicht funktionieren.

Darum tun wir alle gut daran, zu unserer Gemeinschaft Sorge zu tragen. Den Sinn für Gemeinschaft erneuern, die eigene Haltung zu prüfen, die eigenen Vorstellungen auch wieder zu hinterfragen, das Zusammengehören zu pflegen. Das Zusammenleben in einem Gemeinwesen ist nie eine endgültige Errungenschaft. Es ist ein Werk, das immer wieder von Neuem in Auseinandersetzung mit den aktuellen Erfordernissen erschaffen und verdient werden will.

Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag gibt uns Gelegenheit, uns dessen bewusst zu werden. Überlegen wir, was jeder von uns an seinem Platz, in der Familie, im Beruf, in öffentlichen Funktionen und Ämtern, konkret dazu beitragen kann, dass die Grundwerte des christlichen Glaubens in unserer Gesellschaft immer wieder spürbar zum Tragen kommen. Versuchen wir gemeinsam, vor allem dort, wo es uns schwerer fällt, tagtäglich nach diesen Grundsätzen zu handeln. Dazu rufen wir Sie auf!

Mit diesen Gedanken empfehlen wir Euch, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, und alle unsere Mitmenschen samt uns der Obhut des Allmächtigen.

Chur, im September 2003

Namens der Regierung
Der Präsident: Stefan Engler
Der Kanzleidirektor: Dr. Claudio Riesen

Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei
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