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Dem grünen Fell Graubündens geht es in den nächsten Jahren wieder zunehmend an die Substanz: In Zusammenhang mit den vermehrten Holznutzungen, unter anderem auch für das Grosssägewerk Stallinger in Domat/Ems, werden in den Bündner Wäldern in Zukunft augenfällige Eingriffe stattfinden. Sie mögen nach Rodung und sinnloser Übernutzung aussehen, sind aber kontrolliert, machen Sinn und tun dem Wald langfristig gut.

Bilder von Rundholzstapeln, die nach einem Holzschlag auf ihren Abtransport warten, sind Bündnerinnen und Bündnern seit Generationen vertraut. Doch Rundholzstapel, wie sie sich derzeit auf dem Areal der Grosssägerei Stallinger in Domat/Ems türmen, hat man in Graubünden noch nie gesehen. Im Verlauf dieses Jahres werden sich die Auswirkungen erhöhter Holznachfrage und steigender Preise nicht nur in Domat/Ems, sondern im ganzen Kanton zeigen: Vermehrte Holzschläge werden im Wald neue Löcher entstehen lassen und das Landschaftsbild verändern.

Roden und abkassieren?
Mitansehen wie die Wälder nun plötzlich herzlos angepackt werden, mag viele verunsichern oder gar verärgern. Werden unsere Wälder nun zu holzproduzierenden Kulturen degradiert? Werden sie grossflächig, intensiv und undifferenziert genutzt, so wie man es aus der kanadischen Kahlschlagwirtschaft kennt? Werden die flächigen Holzschläge dem Schutz- und Erholungswald schaden, wird dadurch die Schönheit unserer Landschaft zerstört? Und: kann man den Förstern noch trauen? Jenen Fachleuten, die bis anhin den Wald pflegten und hegten, jenen, die sich seit Jahrzehnten für Erhaltung, Schutz und Natürlichkeit des Waldes einsetzen? Werden diese nun zu geldgierigen Unternehmern, die sich im Wald mit modernsten technischen Mitteln uneingeschränkt bereichern?

Keine unkontrollierten Nutzungen und grossflächigen Holzschläge
So verständlich diese Befürchtungen und Sorgen der Bevölkerung sind, sie sind unbegründet. In Graubünden sind unkontrollierte Nutzungen und grossflächige Holzschläge untersagt. Denn gemäss Waldgesetz sind " ... Kahlschläge und kahlschlagähnliche Holznutzungen verboten". Für die Waldeigentümer gilt das Nachhaltigkeitsprinzip, was bedeutet, dass langfristig nicht mehr Holz genutzt werden darf, als im Wald nachwächst. Lokaler und kantonaler Forstdienst sorgen dafür, dass Waldeigentümer und Unternehmer nicht aus kurzfristigem, wirtschaftlichem Interesse heraus handeln. Nur waldbaulich vertretbare Holzschläge werden genehmigt. Der "Stockverkauf", das heisst der Verkauf von noch nicht gefällten Bäumen, wird im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen überwacht. Die Waldeigentümer dürfen langjährig nicht mehr als den festgelegten "Jahreshiebsatz" nutzen, eine Holzmenge, welche aufgrund von Waldzustand und -zuwachs festgelegt wird und deren Ernte nachhaltig, das heisst ohne Substanzverlust möglich ist. Die Kontrolle dieses Hiebsatzes durch das Amt für Wald soll garantieren, dass die Funktionen des Waldes erhalten bleiben - insbesondere jene als Erholungswald und als Schutzwald. Ein Drittel der Waldfläche in Graubünden ist nämlich besonderer Schutzwald, der vor Lawinen, Steinschlag und Rutschungen direkt schützt.

Verantwortungsvolle Waldbesitzer
In Graubünden ist gut ein Viertel des Kantonsgebiets mit Wald bedeckt. Dies entspricht einer Fläche von rund 190'000 Hektaren. Über 90 Prozent der Wälder gehören den Gemeinden, die primär an einer langfristigen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung und an einem vitalen Wald interessiert sind. Welche verheerenden Konsequenzen es mittel- und langfristig haben kann, wenn Gemeinden in Sachen Wald gewinnorientiert und kurzfristig denken, haben im 19. Jahrhundert unzählige Hochwasser, Rüfen und Lawinen nur allzu deutlich aufgezeigt. Deshalb wird es Zustände wie beispielsweise in Kanada, wo Quadratkilometer restlos abgeholzt werden, in Graubünden nie geben.

Generationenwechsel im Wald
Graubünden hat ein Durchforsten seines grünen Fells, seines grünen Waldkleides, vielerorts schon lange nötig. Seit Jahren wird auf weiten Teilen der Waldfläche weniger Holz genutzt, als nachwächst. Dass man gegen den zu dichten Haarwuchs des grünen Fells so lange nichts unternahm, hat einen einfachen Grund: Man konnte sich die Fellpflege nicht leisten, sprich die Holzpreise waren zu tief. Nach jahrelanger verminderter Nutzung soll nun also wieder soviel genutzt werden, wie nachwächst.
"Kann denn ein Wald zu dicht sein?" fragt man sich zu Recht. "Viele Bäume sind doch gut, sind sehr viele Bäume nicht noch besser?" Nein, meint das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft in seinem Grundlagenbericht "Holznutzung und Naturschutz": "Ein Wald mit hohen Holzvorräten verjüngt sich häufig zu wenig, was sich beispielsweise bei einem Schutzwald negativ auf seine Stabilität auswirkt. Auch sind viele vorratsreiche Wälder so dunkel, dass sie licht- und wärmeliebenden Tieren und Pflanzen keinen Lebensraum mehr bieten." Ein Holzschlag schafft Platz für lichtbedürftige Pflanzen und Bäume und fördert die Entstehung eines standortgerechten Mischwaldes. Wo Holz genutzt wird, entsteht Raum und Licht für die "Waldgeneration von morgen". Die Waldnutzung muss so erfolgen, dass sich die Lücken mit "Naturverjüngung" (Bäume, die nicht gepflanzt werden, sondern aus den Samen umstehender Bäume entstehen) füllen. Mögen die Wunden, die ein Eingriff dem Wald kurzfristig zufügt, auch erschreckend wirken - langjährige Erfahrungen zeigen, dass der Jungwuchs die Lücken schon nach wenigen Jahren in Form einer neuen Generation von gesunden Bäumen schliesst.

Nicht jeder Eingriff ist Holznutzung
In Zukunft wird deutlich wieder mehr Holz genutzt als früher. Trotzdem: Nicht jedes "Loch", das sich zukünftig im Pelz des Bündner Waldes auftut, ist auf die verbesserte Holzmarktsituation und den höheren Holzpreis zurückzuführen. Denn auch in Zukunft wird es immer wieder Eingriffe geben, weil der Wald gepflegt und gehegt werden muss. Alter Wald wird verjüngt, um jungen Bäumen Platz zu machen. Von Borkenkäfern befallene Bäume müssen im Schutzwald entfernt werden, damit er seine schützende Aufgabe für die Bevölkerung weiterhin erfüllen kann. Und auch die Natur selbst schafft durch Eingriffe immer wieder neue "Löcher" im Pelz des Waldes, sei dies beispielsweise durch einen Sturm oder eine Rutschung.

Gremium: Amt für Wald
Quelle: dt Amt für Wald
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