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Die Alpwirtschaft Graubündens setzt die Agrarpolitik und die Erwartungen der Gesellschaft um. Dabei ist es den Landwirten gelungen, die Kulturlandschaft offen zu halten und das traditionelle System der Bewirtschaftung erfolgreich den neuen Anforderungen anzupassen. Trotz generell guter Auslastung gibt es aber Probleme in einzelnen Regionen und es besteht weiterhin ein beträchtlicher Investitionsbedarf. Die Zukunftschancen stehen gut, die Alpwirtschaft Graubündens hat ein enormes Potenzial und kann sich mit Qualitätsprodukten und -dienstleistungen sowie in der branchenübergreifenden Zusammenarbeit profilieren. Dies ist das Fazit des Situationsberichts "Zukunft der Bündner Alpwirtschaft", welcher vom Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum Plantahof sowie vom Amt für Landwirtschaft und Geoinformation erarbeitet wurde.

Die Alpwirtschaft Graubündens muss als agrarpolitisches Ziel die flächendeckende Bewirtschaftung der Alpen mit einer wirtschaftlichen Produktion sicherstellen. Dabei spielt die gepflegte Kulturlandschaft eine grosse Rolle, deckt das Alpgebiet doch rund 70 Prozent der Siedlungs- und landwirtschaftlichen Nutzfläche ab. Dieser Anspruch wird nicht zuletzt vom Tourismus gestellt, liegen doch geschätzte 7'500 Hektaren Skipisten auf Alpweiden. Die Alpwirtschaft hat innerhalb der Bündner Landwirtschaft eine wichtige wirtschaftliche Funktion, sie steuert unter anderem 22 Prozent des Futters bei und reduziert die Belastung der Bauern im Sommer während den Arbeitsspitzen. Die aktuellen Entwicklungen in der Bundespolitik mit der Agrarpolitik 2011 und im Milchmarkt beeinflussen diese stark. Mit der bevorstehenden Aufhebung der staatlich geregelten Milchkontingentierung gerät die Berglandwirtschaft mit hohen Transportkosten zu den Verarbeitungszentren unter erhöhten wirtschaftlichen Druck. Die Konsequenzen für die Alpwirtschaft sind heute noch nicht abschätzbar.

In den vergangenen anderthalb Jahren wurde jedoch ein wichtiger Schritt vorwärts gemacht. Das Landwirtschaftliche Bildungs- und Beratungszentrum (LBBZ) Plantahof hat im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG) den "Bericht zur Zukunft der Bündner Alpwirtschaft" erarbeitet. Dies ist der erste Schritt hin zu einem Konzept und Entwicklungsplan der Alpen in Graubünden. Er soll aufzeigen, wie die Bestossung in den nächsten 15 Jahren gesichert werden kann und ob allenfalls Alpen aufgegeben werden müssen. Auslöser dieses Berichtes war eine Motion von Grossrat Corsin Farrér.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Land- und Alpwirtschaft löst ihre Aufgabe gut, die Alpweiden werden gut bestossen (92 % Auslastung). Auch die Produkte von der Alp - allen voran der Alpkäse -sind gefragt, der Erlös ist aber trotzdem nicht immer befriedigend. Die Landwirte haben es verstanden, sich den geänderten Anforderungen des Marktes und den Zielen der Agrarpolitik erfolgreich zu stellen. Dabei konnten sie die traditionelle Wirtschaftsweise mit Heimbetrieb, Maiensäss und Alp - welche unsere heutige Kulturlandschaft hervorgebracht hat - den neuen Rahmenbedingungen anpassen. Auch die Infrastruktur ist zu einem beachtlichen Teil saniert. Die Traditionen sind weiterhin stark verankert und die Bauern wie die Gemeinden stehen zu ihren Alpen. Diese Entwicklung ging nicht ohne Schwierigkeiten und Konflikte über die Bühne. Besonders die Frage, wie man im Bereich der Alp-Organisation und des Weidemanagements auf die grossen Verschiebungen bei den Tierkategorien reagieren soll (Jungvieh: - 13 %, Milchkühe - 5 %, Mutterkühe + 42 %), enthielt viel Zündstoff. Der Umbau verlief auch nicht in allen Regionen gleich erfolgreich. So herrscht in Davos betreffend Infrastruktur noch ein grosser Nachholbedarf und auf der Lenzerheide, im Oberengadin, im Puschlav und der Moesa kämpfen ein Viertel oder mehr der Alpen gegen eine starke Unterbestossung. Auch einige Schafalpen bekunden Mühe. Weiter erlauben die vorhandenen Daten nur eine grobe Einschätzung der Lage, aber keine detaillierten Aussagen.

Der Bericht schlägt im Hinblick auf die Zukunft der Bündner Alpwirtschaft vor, dass der eingeschlagene Weg konsequent weiter gegangen werden sollte. Die Bündner Alpwirtschaft könnte sich unter den aktuellen Bedingungen mit Qualitätsprodukten und -dienstleistungen sowie der Zusammenarbeit mit dem lokalen Lebensmittelhandwerk (Stichwort Dorfsennereien) und dem Tourismus profilieren. Die Agrarpolitik 2011 bietet dazu gute Möglichkeiten. Sie unterstützt gemeinschaftliche Projektinitiativen und Projekte zur regionalen Entwicklung auf Grund des Bundesgesetzes über die Landwirtschaft. Zudem werden die Berg- und Alpprodukte mit der neuen Berg- und Alp-Verordnung erstmals klar geschützt.

Wünschenswert wäre, ein Alpkonzept und einen Alpentwicklungsplan auszuarbeiten. Die Massnahmen würden entlang von drei Handlungsachsen gruppiert.

Handlungsachse 1: Grundlagen zur Alpbewirtschaftung
Die Ziele der nachhaltigen Nutzung der Alpweiden und des effektiven Einsatzes der Mittel wurden bisher erreicht. Allerdings erlaubt die aktuelle Datenlage weder eine detaillierte Einschätzung noch eine effiziente Beobachtung. Bis Ende 2008 soll darum ein Konzept und Alpentwicklungsplan für Graubünden entstehen, mit ausformulierten Zielen, Indikatoren für die Erfolgskontrolle und einem elektronischen Alpkataster, der die Beobachtung der Entwicklung ermöglicht und als Grundlage für fundierte Investitionsentscheide dient. Die Kantone Wallis, St. Gallen und Nidwalden arbeiten auch in diesem Sinne an der Sicherung der Zukunft ihrer Alpwirtschaft. Diese Massnahmen werden vorwiegend mit öffentlichen Geldern finanziert, die neuen Möglichkeiten des Bundes werden ausgeschöpft.

Handlungsachse 2: Wirtschaftlichkeit der Alpproduktion
Das Ziel, durch eine wirtschaftliche Alpproduktion und Profilierung in der Qualitätsschiene am Markt zu bestehen, wurde bisher ebenfalls erreicht. Allerdings kommt man in der Lagebeurteilung auch hier nicht über allgemeine Aussagen hinaus, weil die Alprechnungen nicht ausgewertet werden und weil es keine Kennzahlen gibt. Weiter wechseln Alpverantwortliche und Alppersonal häufig und die Haltung gegenüber der Erzeugung von Premium-Produkten ist eher reserviert. Darum sollen ein Alp-Handbuch zu Organisationsfragen mit einer modularen Alprechnung und guten Beispielen sowie praxisnahe Qualitätsmanagement-Handbücher für Alpprodukte entstehen. Zusätzlich werden Qualifizierung und Beratung wie anhin konsequent und laufend auf die Handlungsachsen 1 und 2 ausgerichtet. Ausser der Entwicklung der Handbücher finanzieren sich diese Massnahmen über den Markt, flankiert von Absatzförderungsmassnahmen mit staatlicher Kofinanzierung im üblichen Rahmen der Agrarpolitik 2011.

Handlungsachse 3: Innovation und Entwicklung
Auch dem Ziel, die Alpproduktion laufend den Erfordernissen von Markt und Gesellschaft anzupassen, wurde in der Vergangenheit erfolgreich Genüge getan. Allerdings beschritten die meisten vorwiegend konventionelle Wege. Auf den Alpen gibt es wenig Direktvermarktung, für die Anwerbung von Alpvieh und nach der Alpabfahrt für die Vermarktung der Produkte ist jeder auf sich selber gestellt, die Gemeinden oder Alpgenossenschaften agieren alleine, Agrotourismus auf der Alp und branchenübergreifende Zusammenarbeit sind selten. Mit einem Impulsprogramm und einer Alpkommission mit Vertretern aus verschiedenen Branchen sollen innovative Ideen angeregt und deren Umsetzung in die Praxis gefördert werden. So kann zum Beispiel eine Vermarktungsorganisation für Alpprodukte aufgebaut und die Zusammenarbeit mit alpinavera gesucht werden. Finanziert werden diese Massnahmen in der Aufbauphase mit privaten Mitteln und öffentlicher Kofinanzierung (Kanton und Bund), nach diesem Anschub dann über den Markt.

Gremium: Departement für Volkswirtschaft und Soziales
Quelle: dt Departement für Volkswirtschaft und Soziales
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