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Der in Graubünden überwinternde Hirschbestand hat die Marke von 15 000 Tieren und damit seine tragbare Grösse erreicht. Mit der Jagd muss verhindert werden, dass nachteilige Folgen für den Lebensraum und auch für die Tiere selbst entstehen. Wenn die Jagd daran gehindert wird oder sich selbst behindert, die Wildbestände zu regulieren, werden auch die Schutzwälder in Mitleidenschaft gezogen.

Viele Bündner Jägerinnen und Jäger jagen aus Freude und Passion. Die Jagd legitimiert sich aber erst, wenn sie auch als Verpflichtung und Auftrag verstanden und ausgeführt wird. Nur wenn die "produktiven" Wildbestände (Hirsch, Reh, Gämse in Tieflagen, Steinwild im Engadin, Wildschweine in Südbünden) in ihrer Grösse reguliert werden, dürfen auch Bestände und Arten bejagt werden, die auch ohne Jagd kaum Konflikte verursachen würden (Gämsen im Gebirge, Steinwild in alpinen Zonen, Hasen, Hühnervögel und Enten).

Nachhaltige Nutzung im Vordergrund
Dass wir heute wieder alle Grosstierarten in Graubünden beheimaten, ist vor allem einer soliden eidgenössischen und kantonalen Jagd- und Waldgesetzgebung seit 1875 zu verdanken. Mit der Erholung der Wildbestände mussten die restriktiven Schutzmassnahmen, wie Beschränkung der Jagd auf 17 Tage im September und Schutz der Jung- und Muttertiere bei Hirsch und Reh, durch zusätzliche Jagdmöglichkeiten und durch die selektive Bejagung von Jung- und Muttertieren im Spätherbst abgelöst werden. Die Sonderjagd ist als Ergänzung organisiert. Sie konkurrenziert die traditionelle Hochjagd nicht, sondern garantiert dieser gar nachhaltig hohe Jagderfolge. So haben sich die Hirschstrecken im September seit der Einführung der Sonderjagden 1972 beinahe verdoppelt. Zudem sind sie der Garant dafür, dass die notwendige Regulation auch tatsächlich gelingt.
Die Erholung der Wildbestände führte aber auch zu weiteren neuen Jagdmöglichkeiten. So konnte im letzten Herbst das 20 000ste Tier seit Einführung der Steinwildjagd (1977) erlegt werden. In den letzten 40 Jahren ist es gelungen, sowohl den Hirsch als auch das Steinwild nach wildbiologischen Gesichtspunkten zu regulieren und dabei die Traditionen des Patentsystems und des Naturschutzes grösstmöglich zu berücksichtigen. Der international bedeutende Schweizerische Nationalpark und der nach wie vor eidgenössisch geschützte Alpensteinbock sind Erfolgsmodelle modernen Naturschutzes, auch weil die Bündner Patentjagd entscheidend mitgeholfen hat, Konflikte zu lösen, die aufgrund des Totalschutzes entstanden sind.

Artgerechte Hirschjagd ist anspruchsvoll
Der Hirsch ist eine sehr anpassungsfähige und fortpflanzungsfreudige Wildart. Seine artgerechte Regulierung bildet die Nagelprobe für jedes Jagdsystem. Die Art ist intelligent, langlebig, robust, sehr mobil und kann grosse Wanderungen unternehmen. Negative Erfahrungen werden unter den Tieren effizient weitergegeben; und dadurch werden auch Traditionen aufgebaut. Der Hirsch hat sich im Laufe der Evolution zusammen mit dem Wolf entwickelt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass er sich auch an den modernen Jäger anpassen kann.
Die Hirschbestände sind in den letzten Jahren wieder kontinuierlich gewachsen und haben in diesem Frühjahr die Grenze von 15 000 Tieren erreicht. Diese Annäherung an die Tragfähigkeit des Lebensraumes führt dazu, dass die Tiere vermehrt als Fallwild enden, dass der Lebensraum übernutzt wird und dass es vermehrt zu Konflikten mit der Land-, Alp- und Forstwirtschaft kommt. Das Ziel bei der Hirschjagd-Planung ist, den Bestand zu stabilisieren und regional zu reduzieren. Die Hirsche, die in diesem Frühling in Graubünden anzutreffen waren, haben sich um mindestens einen Drittel vermehrt. Somit muss in den nächsten zehn Monaten eine Reduktion von mehr als 5000 Tieren erfolgen, wenn dieser Bestand nicht weiter anwachsen soll. Zu dieser Regulierung muss die Bündner Patentjagd den wichtigsten Beitrag leisten, wenn sie ihre Aufgabe auftragskonform erfüllen will. Der Abschussplan sieht eine Entnahme von 4645 Hirschen vor, 185 mehr als im Vorjahr. Weitere Tiere aus diesem Bestand werden ausserhalb des Kantons, nämlich in den Sommereinständen wandernder Populationen erlegt (Vorarlberg, Tirol, Veltlin, Tessin, Uri, Glarus, St. Gallen, Fürstentum Liechtenstein).
Um dieses Regulierungsziel zu erreichen, wird die Hochjagd weiter optimiert. Die Schusszeit in der ersten Woche wird um eine halbe Stunde verlängert. Wildschutzgebiete werden im Sinne des Antrages des Bündner Kantonalen Patentjäger-Verbandes (BKPJV) subtiler bewirtschaftet, indem dort gezielt Störaktionen und Einzelabschüsse vorgenommen sowie einzelne Wildschutzgebiete partiell geöffnet werden. Mit der Sonderjagd wird im Spätherbst die Regulierung unter kontrollierten Bedingungen am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt abgeschlossen.
Der Abgang dieser 5000 Hirsche wird in der Öffentlichkeit wahrgenommen, unabhängig davon ob sie gejagt werden, einem Verkehrsunfall zum Opfer fallen, von einem Wolf gerissen werden, an einer Krankheit oder bei einem Wintersterben eingehen.

Grundsatz Wild und Wald verpflichtet
Wild gehört unbestritten auch in den Wald. Somit müssen Schäden an jungen Waldbäumen toleriert werden, soweit sie ein gewisses Mass nicht übersteigen. Das Schadenausmass muss aber in einem der Kulturlandschaft angemessenen Rahmen bleiben. Dies bedeutet insbesondere, dass die Wirkung des Waldes gegen Naturgefahren im Schutzwald nicht wesentlich reduziert werden darf. Immerhin zwei Drittel des Bündner Waldes schützt vor Naturgefahren.
Das Amt für Wald und Naturgefahren sowie das Amt für Jagd und Fischerei beobachten gemeinsam die Schadensituation in den Regionen im Rahmen der regelmässigen Wald-Wild-Berichte. Aktuell werden 14 Prozent der gesamten Waldfläche vom Wild so stark genutzt, dass die natürliche Verjüngung (Selbstregulierung) in einzelnen Gegenden nicht mehr möglich ist. Jungen Bäumen werden die Knospen abgeäst oder die Rinde so stark beschädigt, dass sie direkt oder langsam absterben.
Diese Zahl von 14 Prozent mag auf den ersten Blick als gering erscheinen. Tatsache ist aber, dass wenn die gefährdeten Flächen mit Zäunungen vor dem Wild geschützt werden müssten, alleine im Schutzwald jährlich Kosten von weit über zwei Millionen Franken anfallen würden. 


Auskunftspersonen:
- Regierungsrat Dr. Mario Cavigelli, Vorsteher Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement, Tel. 081 257 36 01, E-Mail mario.cavigelli@bvfd.gr.ch  
- Dr. Georg Brosi, Vorsteher Amt für Jagd und Fischerei, Tel. 081 257 38 92, E-Mail georg.brosi@ajf.gr.ch  
- Dipl. Forsting. ETH, Reto Hefti, Vorsteher Amt für Wald und Naturgefahren, Tel. 081 257 38 51, E-Mail reto.hefti@awn.gr.ch  


Gremium: Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement
Quelle: dt Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement
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