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Session: 07.12.2022

Seit Jahren wird das Modell der Integration im Kanton GR an der Volksschule umgesetzt. Mit dem Ziel der Chancengleichheit werden möglichst alle Kinder in die regulären Klassen der Volksschule eingeschult. Dies geschieht bei einigen Kindern von Beginn weg mit Zusatzunterstützung durch schulische HeilpädagogInnen. Neben sicher gelungenen Beispielen gibt es immer wieder Kinder und Jugendliche, für die solch eine Beschulung nicht passend ist, weil sie eine engere Betreuung brauchen. Sie können trotz teilweisen sehr hohen Aufwands nicht ideal beschult werden, verhalten sich sehr störend und auffällig. Die «Integration» stösst dort an ihre Grenzen, wo ganze Klassen unter dieser Situation leiden und die Lehrpersonen für die «normal» beschulten Kinder kaum mehr Zeit und Aufmerksamkeit haben. Zusätzlich können die Probleme einzelner Kinder manchmal zusätzlich aufgrund eines «schwierigen Elternhauses» nicht wirksam behandelt werden. Für solche Extremfälle braucht es besondere Schulplätze. «Die Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensauffälligkeit werden im Kanton Graubünden nicht integrativ gefördert.» So steht es in der «Evaluation Integrative Sonderschulung 2021/22», welche kürzlich vom Amt für Volksschule und Sport veröffentlicht wurde. Dies entspricht leider nicht ganz den heutigen Tatsachen. Es gibt im Kanton Graubünden zwar einzelne Institutionen, welche Sonderschulplätze anbieten, aber in allen Bereichen mangelt es an Aufnahmeplätzen!

Schul- und Betreuungsplätze für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, Sonderschulstatus und familiärer Problematik fehlen!

Leider sind alle passenden Schulen und Heime im Kanton Graubünden ausgebucht, führen Wartelisten und können auch über längere Zeiträume keine Aufnahme von zusätzlichen Kindern garantieren! Die Schulträger und Gemeinden stehen ohne Lösungsmöglichkeiten da und haben keine Möglichkeit zu handeln, wenn eine ausserschulische Lösung notwendig ist. Die Belastung in den Regelklassen durch solche «Extremfälle» wächst, alle Beteiligten sind sehr gefordert und gelangen an den Rand der Belastbarkeit. Was es braucht, sind zeitnahe, flexible Angebote und Lösungen. Es herrscht in vielen Schulgemeinden akuter Bedarf, diese Problematik muss ernst genommen werden.

Die Regierung wird deshalb gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wie viele Plätze sind im Kanton Graubünden für Kinder mit besonderen Bedürfnissen vorhanden, wie viele Plätze fehlen aktuell (Wartelisten)?
  2. Bis wann und wie kann der Kanton Graubünden zusätzliche Plätze schaffen?
  3. Hat der Kanton die rechtliche Grundlage, um Übergangslösungen zu schaffen und zu finanzieren (z. B. Homeschooling, Privatlehrpersonen, Auffanggruppen)?

Chur, 7. Dezember 2022

Claus, Kasper, Loepfe, Altmann, Beeli, Berther, Berweger, Bettinaglio, Biert, Binkert, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Brandenburger, Brunold, Bürgi-Büchel, Cahenzli (Trin Mulin), Cahenzli-Philipp (Untervaz), Censi, Degiacomi, Della Cà, Dietrich, Dürler, Favre Accola, Furger, Gansner, Gartmann-Albin, Hartmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kienz, Kocher, Kohler, Kuoni, Loi, Luzio, Mani, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Mittner, Natter, Nicolay, Oesch, Pajic, Pfäffli, Preisig, Rageth, Rettich, Righetti, Rodigari, Rusch Nigg, Sax, Schutz, Stiffler, Thür-Suter, Walther, Wieland, Zindel

Antwort der Regierung

Die folgenden Ausführungen betreffen Schülerinnen und Schüler (SuS) mit besonderem Förderbedarf im Bereich Verhaltensauffälligkeiten. Die Fragen bezüglich Plätze für SuS mit Behinderungen inkl. allfälliger, zusätzlicher Verhaltensauffälligkeiten werden in der Antwort auf die Anfrage Dietrich betreffend Personal- und Platzmangel im hochschwelligen Förderbereich behandelt.

Zu Frage 1: Gemäss der Erhebung zur Bedarfsanalyse, welche als Grundlage für die Angebotsplanung der Regierung im hochschwelligen Bereich für die Periode 2024–2026 im Jahr 2022 erfolgte, und unter Beachtung der Rahmenbedingungen im Kanton Graubünden können rund 117 Schul- und 93 Wohnplätze in Abhängigkeit von dem individuellen Förderbedarf und der Zusammensetzung der SuS in den Sonderschulen eingerichtet werden. Unter Berücksichtigung dieser Abhängigkeiten verteilen sich diese Plätze auf das Schulheim Scharans mit 26 Schul- und 21 Wohnplätzen, das Schulheim Zizers mit 25 Schul- und 21 Wohnplätzen, das Schulinternat Flims mit 16 Schul- und 14 Wohnplätzen, die Bergschule Avrona mit 24 Schul- und 24 Wohnplätzen und das Therapiehaus Fürstenwald mit 26 Schul- und 13 Wohnplätzen. Stand November 2022 waren 14 SuS mit Sonderschulbedarf bekannt, welche auf die Aufnahme im Schuljahr 2022/23 warteten. Da der Bedarf von SuS im Bereich Verhaltensauffälligkeiten schwanken kann und zudem Aus- und Eintritte bei den Institutionen auch während des Schuljahrs vorkommen, können die notwendigen Plätze nur annäherungsweise bestimmt werden. Die Situation wird im Rahmen der Bedarfsanalyse nochmals erhoben.

Zu Frage 2: Um dem Bedarf von SuS im Bereich Verhaltensauffälligkeiten nach Sonderschulung zu entsprechen und die aktuelle Situation zu verbessern, ist geplant, bereits auf das kommende Schuljahr 2023/24 zusätzliche, temporär befristete Plätze für die Sonderschulung zu schaffen. Die Schaffung neuer Angebote bzw. Plätze erfordert eine Klärung des Bedarfs und zusätzliche Ressourcen, insbesondere geeignetes Lehr- und Betreuungspersonal sowie eine angemessene Infrastruktur. Die entsprechende Planung erfolgt derzeit in Zusammenarbeit mit den zuständigen Institutionen der Sonderschulung und hängt für die Plätze ab Schuljahr 2023/24 ausserdem von spezifischen Gegebenheiten (z. B. Zusammensetzung der SuS) und Möglichkeiten (z. B. Personalressourcen, Infrastruktur) der Institutionen ab. Der mittel- und langfristige Bedarf nach Plätzen wird in der Bedarfsanalyse für die Angebotsplanung im Bereich der hochschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen 2024–2026 behandelt.

Zu Frage 3: Gemäss den schulgesetzlichen Bestimmungen ist die Umsetzung und Finanzierung verschiedener Massnahmen der Sonderschulung möglich. Näheres muss bei Bedarf genauer geprüft werden. Der Kanton steht Übergangslösungen, wie in der Frage angesprochen, zurückhaltend gegenüber, weil damit eine Entwicklung hin zu vermehrt kurzfristigen und schnelllebigen Lösungen angestossen werden könnte. Solche Übergangslösungen würden dem Bedarf von SuS im hochschwelligen Bereich wenig entsprechen, weil gerade für diese Zielgruppe der Wechsel zwischen Angeboten und die damit verbundenen Übergänge belastend sein können. Zudem besteht die Gefahr, die kantonale Angebotsplanung im hochschwelligen Bereich, welche ein mittel- und langfristiges Angebot bereitstellen soll, dadurch zu unterlaufen. Hingegen ist die Einrichtung von temporär befristeten Sonderschulplätzen, wie bei Antwort auf Frage 2 erwähnt, bereits per Schuljahr 2023/24 geplant.

22. Februar 2023