Navigation

Inhaltsbereich

Session: 08.12.2011
Raumplanerische Massnahmen führen naturgemäss zu Auf- resp. Abwertungen von Grundstücken und Immobilien. Im eidgenössischen Raumplanungsgesetz wird festgehalten, dass Eigentümer, die aufgrund einer planungsbedingten Massnahme eine Abwertung ihres Grundstücks hinnehmen müssen, von der öffentlichen Hand entschädigt werden (RPG Art. 5 Abs. 2).

Im selben Raumplanungsgesetz von 1979 werden die Kantone beauftragt, den Vorteilsausgleich im kantonalen Gesetz zu regeln. Diesem Gesetzgebungsauftrag sind viele Kantone, darunter auch der Kanton Graubünden, nicht nachgekommen.

In Graubünden delegiert das kantonale Raumplanungsgesetz die Aufgabe an die Gemeinden unter der Bedingung, dass die Gemeinden einen Mehrwertausgleich nur vertraglich vereinbaren und nicht gegen den Willen der Betroffenen durchsetzen können (KRG Art. 19 Abs. 3). Dies kann dazu führen, dass Mehrwerte, die bei für die Gemeinden wichtigen Zonenplanänderungen anfallen, nicht ausgeglichen werden, da sich die betroffenen Grundeigentümer der vertraglichen Vereinbarung verweigern.

Angesichts des rasanten Wachstums und intensiver Bautätigkeit in den vergangenen Jahren in einigen Gemeinden unseres Kantons kommt der Raumplanung eine immer wichtigere Rolle zu. Sie muss der Zersiedelung entgegenwirken und, ohne das Wirtschaftswachstum abzubremsen, die natürliche Umwelt schützen sowie für künftige Generationen Entwicklungsoptionen offen halten.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Gemeinden raumplanerische Massnahmen konsequent durchsetzen können. Der Ausgleich von Planungsmehrwerten stellt dafür, sofern er gesetzlich festgelegt werden kann, ein hilfreiches Mittel dar.

Die Regierung wird deshalb eingeladen, Art. 19 KRG neu zu fassen und dem Grossen Rat eine entsprechende Gesetzesänderung vorzulegen. Den Bündner Gemeinden soll damit ermöglicht werden, den Ausgleich von Planungsmehrwerten gesetzlich zu regeln.

Chur, 8. Dezember 2011

Müller, Baselgia-Brunner, Barandun, Berther (Camischolas), Bezzola (Samedan), Bucher-Brini, Caluori, Davaz, Della Vedova, Engler, Foffa, Fontana, Frigg-Walt, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Grass, Gunzinger, Hitz-Rusch, Jaag, Jenny, Kappeler, Kasper, Kollegger (Malix), Locher Benguerel, Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Michel, Niederer, Noi-Togni, Parolini, Peyer, Pfenninger, Pult, Rathgeb, Stiffler (Davos Platz), Thöny, Trepp, Troncana-Sauer, Waidacher, Degonda, Deplazes, Monigatti

Antwort der Regierung

Wie im Auftrag zutreffend ausgeführt wird, gibt der geltende Art. 19 Abs. 3 des kantonalen Raumplanungsgesetzes (KRG) den Gemeinden die Befugnis, mit betroffenen Grundeigentümern z.B. bei Einzonungen vertraglich eine Planungsmehrwertabgabe zu vereinbaren. Der vorliegende Auftrag zielt darauf ab, Art. 19 Abs. 3 KRG so anzupassen, dass die Gemeinden auch eine gesetzlich durchsetzbare Planungsmehrwertabgabe in ihren kommunalen Baugesetzen vorsehen können. Dies würde es denjenigen Gemeinden, die von einer solchen Befugnis Gebrauch machen möchten, ermöglichen, Planungsmehrwertabgaben auch gegen den Willen der von einer Planungsmassnahme profitierenden Grundeigentümer zu veranlagen.

Dieses Ansinnen erscheint der Regierung von der Stossrichtung her als unterstützungswürdig. Der Regierung ist aufgrund ihrer Tätigkeit auf dem Gebiete der Genehmigung von Ortsplanungen bekannt, dass es immer mehr Gemeinden gibt, die es begrüssen würden, wenn sie in diesem Bereich über grössere gesetzgeberische Handlungsspielräume verfügen könnten. Zwar soll es den Gemeinden weiterhin freigestellt bleiben, ob sie das Instrument des Planungsmehrwertausgleichs überhaupt einführen möchten. Diejenigen Gemeinden jedoch, die von diesem Instrument Gebrauch machen möchten, sollten die Wahl haben, ob sie anstelle einer vertraglichen Lösung einen unmittelbar kraft Gesetz durchsetzbaren Mehrwertausgleich einführen möchten. Eine Öffnung von Art. 19 Abs. 3 KRG in diese Richtung ist denn auch sachlich, d.h. unter dem Aspekt einer geordneten und zielgerichteten Siedlungsentwicklung, sinnvoll. Bei einer gesetzlichen Lösung kann die Frage, in welche Richtung respektive in welchem Gebiet sich die Siedlung einer Gemeinde entwickeln soll, gestützt auf objektive siedlungsplanerische Argumente beurteilt werden, losgelöst von der subjektiven Bereitschaft einzelner Grundeigentümer zur Unterzeichnung eines Ausgleichsvertrages.

Die Regierung ist demnach bereit, dem Grossen Rat eine Vorlage zur Anpassung von Art. 19 Abs. 3 KRG im Sinne des vorliegenden Auftrages zu unterbreiten, wobei sich allerdings folgender Vorbehalt aufdrängt: Derzeit sind auf Bundesebene diverse Verfahren zu einer Revision des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes (RPG) im Gange. Im Rahmen dieser Revisionen wird unter anderem auch die Thematik des Planungsmehrwertausgleichs diskutiert. Nach dem gegenwärtigen Revisionsstand sollen die Kantone neu wirkungsvoll verpflichtet werden, den Art. 5 RPG über den Mehrwertausgleich umzusetzen, nämlich unter Androhung der Sanktion eines Einzonungsstopps im Unterlassungsfall. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Kanton Graubünden auf dem Gebiete des Mehrwertausgleichs in näherer Zukunft direkt gestützt auf das Bundesrecht legislatorisch tätig werden muss, und zwar in Richtung einer im KRG zu verankernden kantonsweiten Pflicht zur Leistung einer angemessenen Mehrwertabgabe im Falle von wertvermehrenden planerischen Massnahmen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung auf Bundesebene liegt es auf der Hand, dass eine Entgegennahme des vorliegenden Auftrages zur Anpassung von Art. 19 Abs. 3 KRG nur unter dem Vorbehalt erfolgen kann, dass sich aufgrund der laufenden Revisionen des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes kein anderweitiger legislatorischer Handlungsbedarf kraft Bundesrecht ergibt. Mit der Erarbeitung einer Vorlage gemäss vorliegendem Auftrag ist zuzuwarten, bis die Revisionen des eidgenössischen Rechts abgeschlossen sind und insoweit Klarheit herrscht.

Die Regierung ist bereit, den Auftrag in diesem Sinne, d.h. unter dem dargelegten Vorbehalt, entgegenzunehmen.

01. März 2012