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Session: 09.12.2015
Das Beschleunigungsgebot ergibt sich – insbesondere auch im Verwaltungsverfahren – aus Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung (BV; SR 101). Seit dem 1. Mai 2014 sind das teilrevidierte Raumplanungsgesetz (RPG; SR 700) sowie die teilrevidierte Raumplanungsverordnung (RPV; SR 700.1) in Kraft (RPG 1). Die Kantone werden im Rahmen der Umsetzung von RPG 1 Anpassungen in der kantonalen Gesetzgebung vornehmen müssen. Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG; BR 801.100) und der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden (KRVO; BR 801.110) soll im Rahmen dieser Anpassungen eine gesamtheitliche Betrachtung vorgenommen werden, wie die Baubewilligungsverfahren und die BAB-Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden können. Folgende Revisionsanliegen sind zu berücksichtigen:

- Die gesetzlichen Fristen und Erledigungsfristen – namentlich Auflage- und Einsprachefrist (Art. 45 KRVO), Eröffnung von Baubescheiden und UVP-pflichtigen Bauvorhaben (Art. 46 Abs. 3 KRVO) und BAB-Bescheiden (Art. 49 Abs. 2 KRVO) – sind, soweit sinnvoll, zu verkürzen. Bspw. kennen andere Kantone kürzere Auflage- und Einsprachefristen.

- Eine Verfahrensbeschleunigung im Zusammenhang mit dem Beschwerderecht der Umweltorganisationen ist anzustreben, indem ihre Verfahrensbeteiligung überprüft wird und sie sich bspw. bei BAB-Verfahren erst nach der Einholung der amtsinternen Stellungnahmen am Verfahren beteiligen können (Art. 104 KRG).

- Bei Bauvorhaben, die einer Zusatzbewilligung bedürfen, ist eine Verfahrensbeschleunigung bei den involvierten Stellen bspw. mittels Erledigungsfristen zu erreichen.

- Zur Vereinfachung des Baubewilligungsverfahrens soll die Liste der nicht baubewilligungspflichtigen Bauvorhaben erweitert und angepasst werden (Art. 40 KRVO); den Gemeinden soll die Möglichkeit eröffnet werden, weitere Ausnahmen vorzusehen. Zu prüfen ist sodann ein elektronisches Baubewilligungsverfahren als Ergänzung der Papierform.

- Im Sinne der Verhältnismässigkeit sollen nur die tatsächlich erforderlichen Unterlagen und Nachweise dem Baugesuch beigelegt werden müssen. Hier ist eine Vereinheitlichung der einzureichenden Unterlagen und Nachweise anzustreben (Art. 42 Abs. 2 KRVO).

- Die Gemeinden sollen bei Bedarf in komplexen und umfangreichen Bauvorhaben auf die Unterstützung der Fachkräfte des Kantons Graubünden zurückgreifen können und gegebenenfalls – im Sinne der Subsidiarität und Autonomie der Gemeinden – auf ihren eigenen Wunsch beim Kanton um Unterstützung ersuchen können.

Die Regierung wird daher im Sinne der vorstehenden Erwägungen beauftragt, im Rahmen der nächsten KRG- und KRVO-Revision dem Grossen Rat folgende Massnahmen zu unterbreiten:

1. Verkürzung und Beschleunigung der Verfahrensdauer des Baubewilligungsverfahrens;

2. Erweiterung der nicht baubewilligungspflichtigen Bauvorhaben gemäss Art. 40 KRVO und Einführung des elektronischen Baubewilligungsverfahrens;

3. Vereinfachung des Baubewilligungsverfahrens im Kanton Graubünden;

4. Unterstützung der Gemeinden bei komplexen und umfangreichen Baugesuchen durch den Kanton.

Chur, 9. Dezember 2015

Crameri, Kunz (Chur), Koch (Igis), Aebli, Albertin, Alig, Berther (Disentis/Mustér), Blumenthal, Brandenburger, Burkhardt, Caluori, Casanova (Ilanz), Casanova-Maron (Domat/Ems), Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Davos Clavadel), Claus, Danuser, Davaz, Della Vedova, Dosch, Engler, Epp, Fasani, Felix (Haldenstein), Felix (Scuol), Giacomelli, Grass, Hartmann, Heiz, Hug, Joos, Kasper, Koch (Tamins), Kunfermann, Kunz (Fläsch), Kuoni, Lorez-Meuli, Marti, Mathis, Michael (Castasegna), Monigatti, Müller, Nay, Niederer, Noi-Togni, Papa, Paterlini, Pedrini, Rosa, Salis, Schneider, Schutz, Steiger, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Valär, Vetsch (Klosters Dorf), von Ballmoos, Waidacher, Weber, Wieland, Zanetti, Andri, Berther (Segnas), Costa, Föhn, Natter, Ratti, Spreiter, Tuor

Antwort der Regierung

Der Kanton ist zurzeit daran, das kantonale Raumplanungsgesetz (KRG) und die dazugehörige Verordnung (KRVO) im Lichte der am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Revision des eidg. Raumplanungsgesetzes (RPG 1) anzupassen. Gemäss derzeitiger Terminplanung soll die Beratung im Grossen Rat im Herbst 2017 erfolgen.

Diese KRG-Revision soll gerade auch dazu verwendet werden, dem Grossen Rat u.a. Anträge und Vorschläge zu den im vorliegenden Vorstoss formulierten Aufträgen zu unterbreiten. Die Regierung ist also bereit, den vorliegenden Auftrag entgegen zu nehmen.


Zu den im vorliegenden Auftrag enthaltenen konkreten Anliegen können bereits an dieser Stelle folgende Bemerkungen angebracht werden:

Zum 1. und 3. Aufzählungsstrich: Bezüglich der Bewilligungsverfahren besteht auf allen Stufen in der Tat noch Optimierungspotential, auch wenn die Vereinfachung, Beschleunigung und Koordination der Verfahren bereits bei der letzten KRG-Revision (2004) ein wichtiges Thema bildeten. Entsprechend dem vorliegenden Auftrag wird es bei der bevorstehenden KRG-Revision darum gehen, die bei einem Baugesuch geltenden Auflage- resp. Einsprachefristen sowie auch die behördlichen Erledigungsfristen (welche im Übrigen in 96 % aller Geschäfte jeweils eingehalten werden) aufgrund der gemachten Erfahrungen nochmals unter die Lupe zu nehmen. Das grösste Problem unter dem Aspekt der Verfahrensdauer sind aber gar nicht unbedingt die konkreten gesetzlichen Auflage- und Erledigungsfristen, sondern vielmehr der Umstand, dass leider häufig ungenügende Gesuchsunterlagen eingereicht werden. Wegen der immer komplexer werdenden materiellen Vorschriften sind die Gesuchstellenden und auch die Gemeinden, denen an sich die Vollständigkeitsprüfung obliegen würde, sehr oft überfordert. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Prüf- und Bewilligungsbehörden nicht immer über genügend personelle Ressourcen verfügen, um die Geschäftslast in der erwarteten Zeit bewältigen zu können.

Zum 2. Aufzählungsstrich: Eine Überprüfung der Verfahrensbeteiligung der Umweltorganisationen (USO) wurde bereits bei der Beantwortung des Auftrages Parolini im Jahre 2013 in Aussicht gestellt. Ob es die Verfahren beschleunigen würde, wenn die USO ihre Stellungnahmen erst nach Eingang der Vernehmlassungen betroffener Fachbehörden abgeben müssten, wie dies im vorliegenden Auftrag angeregt wird, ist fraglich; dies muss noch näher geprüft werden.

Zum 4. Aufzählungsstrich: Der vorliegende Auftrag zielt auf eine Erweiterung des in Art. 40 KRVO enthaltenen Katalogs bewilligungsfreier Bauvorhaben hin. Ob dies unter dem Aspekt der bundesrechtlichen Baubewilligungsdefinition zulässig sowie aus Sicht der von einem Bauvorhaben betroffenen Dritten opportun ist, wird im Rahmen der KRG-Revision vertieft zu prüfen sein. Interessant ist, dass es bei der letzten KRG-Revision vor allem die Gemeinden waren, die sich gegen einen zu grosszügigen Katalog wehrten, dies weil sie befürchten, so die Kontrolle über die baulichen Vorgänge auf dem Gemeindegebiet zu verlieren. Deshalb musste den Gemeinden in Art. 86 KRG die Befugnis eingeräumt werden, den Katalog ihrerseits einschränken zu dürfen, wovon etliche von ihnen Gebrauch machten.

Was das im Auftrag erwähnte elektronische Baubewilligungsverfahren betrifft, so ist dieses in der Informatikstrategie der Regierung thematisiert. Abklärungen dazu sollen in den Jahren 2017/18 erfolgen. In Anbetracht der anstehenden Aufgaben im Bereich der Digitalisierung (z.B. ÖREB-Kataster, minimale Geodatenmodelle gemäss Geoinformationsgesetzgebung) sind allerdings auch die personellen und finanziellen Ressourcen des Amtes für Raumentwicklung zu beachten.

Zum 5. Aufzählungsstrich: Bezüglich der einzureichenden Baugesuchsunterlagen herrscht insoweit Handlungsbedarf, als gewisse Bewilligungsbehörden hin und wieder effektiv entbehrliche Abklärungen verlangen. – Für die beantragte Harmonisierung der Unterlagen auf kantonaler Ebene ist mit Art. 80 MBauG bereits gesorgt.

Zum 6. Aufzählungsstrich: Im neuen Gesetz über die wirtschaftliche Entwicklung (GWE) wurde das Instrument „projektorientierte Verfahrenskoordination“ (pvK) eingeführt, und es wurden die entsprechenden Ressourcen beim dafür zuständigen Amt für Wirtschaft und Tourismus geschaffen. Im Übrigen gehört es bei den kantonalen Amtsstellen zur täglichen Arbeit, die Gemeinden bei komplexen Geschäften oder Rechtsfragen bestmöglich zu unterstützen, soweit die personellen Ressourcen es zulassen und dies unter dem Aspekt des Gebots der Unbefangenheit von Bewilligungsbehörden unbedenklich ist.

24. Februar 2016