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Session: 19.10.2016

Anlässlich des 2. Bündner Mädchenparlaments vom 12. November 2015 wurde mit 90 zu 2 Stimmen die Petition „Mehr Freizeitangebote für Jugendliche“ zu Handen des Grossen Rates verabschiedet. Am 13. September 2016 verabschiedete die KBK ihren Bericht und Antrag zur Petition zuhanden des Grossen Rates. Darin erläuterte sie, weshalb die KBK der Petition nicht folgen kann. Die Mehrheit der KBK kündigte jedoch an, dass sie mittels vorliegenden Vorstosses das Anliegen des Mädchenparlaments aufnehmen wird.

 

Das Thema, welches mit der Petition aufgegriffen wird, ist für die Jugendlichen ein zentrales. Lern- und Experimentierfelder ausserhalb von Schule und Familie ermöglichen es den Jugendlichen, sich mit Gleichaltrigen auszutauschen, soziale Kompetenzen und ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln.

 

Kommunale Kinder- und Jugendförderung schafft Rahmenbedingungen, damit sich Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu selbständigen und eigenverantwortlichen Personen entfalten können. Sie unterstützt Kinder und Jugendliche bei ihrer sozialen, kulturellen und politischen Integration in die Gesellschaft. Grundvoraussetzung für eine umfassende kommunale Kinder- und Jugendförderung sind professionelle Strukturen mit Fachpersonen, die den Aufbau von bedarfsorientierten Angeboten ermöglichen.

 

Gemäss Art. 91 unserer Kantonsverfassung fördern der Kanton und die Gemeinden die sinnvolle Freizeitgestaltung, die Jugendarbeit und den Sport. Aus dem Bericht zur Kinder- und Jugendförderung im Kanton Graubünden aus dem Jahr 2014 wurde ersichtlich, dass in vielen Gemeinden und Regionen sogar minimale Strukturen der Kinder- und Jugendförderung und Beteiligungsmöglichkeiten fehlen. Heute verfügen gut ein Drittel der Gemeinden über ein entsprechendes Angebot. Da der Rest der Gemeinden kein entsprechendes Angebot zur Kinder- und Jugendförderung aufweist, ist der Zugang nicht für alle Bündner Jugendlichen gleichermassen gewährleistet. Dieser Mangel kommt auch in der Petition des 2. Bündner Mädchenparlaments zum Ausdruck.

 

Mittels Leistungsauftrag des Kantons setzt sich der Dachverband Kinder- und Jugendförderung im Kanton Graubünden (jugend.gr) für die kommunale Kinder- und Jugendförderung ein. Mit dem Projekt JugendMobil bereist jugend.gr seit Herbst 2015 bis Frühling 2018 zwanzig Bündner Gemeinden mit wenig oder keinen professionellen Jugendförderungsangeboten.

 

Um das Potenzial der Kinder- und Jugendförderung besser zu nutzen und den Zugang zu diesen Angeboten allen Jugendlichen zu ermöglichen, fordert die KBK den Kanton auf, neben den bereits bestehenden Unterstützungsangeboten die Gemeinden stärker zu motivieren, entsprechende Angebote zu schaffen. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:

 

• Der Kanton soll in Bezug auf die kommunale Kinder- und Jugendförderung weiterhin vor allem eine unterstützende Rolle übernehmen.

 

• Die Nutzung der Unterstützungsangebote durch die Gemeinden soll auf Freiwilligkeit beruhen.

 

• Der Kanton unterstützt die Gemeinden mit gezielten Massnahmen und Fachwissen im Auf- und Ausbau der kommunalen Kinder- und Jugendförderung. Folgende gezielte Massnahmen sollen in Zusammenarbeit mit jugend.gr geprüft und gegebenenfalls realisiert werden:
- Der Kanton entwickelt konkrete Empfehlungen (Ideenkatalog) wie Kinder- und Jugendförderung kommunal umgesetzt werden kann.
- Der Kanton richtet einen eigenen Fonds ein, aus welchem Gemeinden finanzielle Unterstützungsbeiträge für Situationsanalysen, Konzeptentwicklungen, Aufbauphasen und Pilotprojekte usw. im Sinne einer Anschubfinanzierung beziehen können.
- Der Kanton unternimmt verstärkte Bemühungen zur Kommunikation der Wichtigkeit der Kinder- und Jugendförderung (z.B. über Amt für Gemeinden bei der Beratung von Gemeinden und/oder Fusionen).
- Der Kanton setzt sich dafür ein, dass eine Form der mobilen Jugendarbeit auch nach April 2018 fortgesetzt werden kann.

 

Gemäss Art. 26 des Bundesgesetzes über die Förderung der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendförderungsgesetz KJFG) gewährt der Bund bis im Jahr 2022 jedem Kanton Finanzmittel für kantonale Programme im Bereich Aufbau und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik. Der Bund beteiligt sich in diesem Rahmen subsidiär mit max. 50% der Kosten. Der Kanton soll zur Umsetzung und Finanzierung des vorliegenden Auftrags beim Bund ein entsprechendes Programm einreichen, um die für den Kanton Graubünden vorgesehenen Bundesgelder abzuholen.

 

Chur, 19. Oktober 2016

 

Locher Benguerel, Atanes, Berther (Disentis/Mustér), Clalüna, Kasper, Märchy-Caduff, Thomann-Frank, Waidacher, Widmer-Spreiter

Antwort der Regierung

Die Regierung hat im Bericht über die Kinder- und Jugendförderung im Kanton Graubünden (Botschaft Heft Nr. 11/2013-2014) eine Auslegeordnung zum Bereich Kinder- und Jugendpolitik in Graubünden vorgenommen. Sie steht dezidiert ein für eine gute Förderung von Kindern und Jugendlichen, sind sie doch die Zukunft unserer Gesellschaft. Für die optimale Entwicklung und Förderung der Kinder und Jugendlichen sind in erster Linie die Erziehungsberechtigten verantwortlich. Sie entscheiden auch, inwiefern ihre Kinder die verschiedenen Förderangebote im ausserfamiliären und ausserschulischen Bereich nutzen. Die Zuständigkeit für die Kinder- und Jugendförderung in diesem Bereich liegt sinnvollerweise weiterhin bei den Gemeinden, denn diese Angebote sind nahe an den Bedürfnissen der jungen Menschen zu gestalten. Der Kanton nimmt eine unterstützende und koordinierende Aufgabe wahr. Die Regierung hat in ihrem Bericht dargelegt, dass seitens des Kantons den Gemeinden keine Vorgaben gemacht werden sollen und können. Insofern teilt die Regierung die Auffassung der Auftragsunterzeichner, wonach der Kanton weiterhin eine unterstützende Rolle übernehmen soll und Massnahmen der Gemeinden auf Freiwilligkeit beruhen sollen.

Mittels eines Leistungsauftrages an jugend.gr, den Dachverband Jugendarbeit Graubünden, hat der Kanton diese Aufgabe mandatiert. Für interessierte Gemeinden, Regionen und private Organisationen ist damit ein flächendeckendes Beratungsangebot sichergestellt.
Der Leistungsauftrag gilt für die Jahre 2016 – 2018 und regelt die Zusammenarbeit zwischen dem Kanton Graubünden und jugend.gr. Jugend.gr fördert und unterstützt die Kinder- und Jugendförderung in den Gemeinden des Kantons Graubünden. Interessierte Gemeinden, Organisationen und Personen im Kanton Graubünden profitieren als Zielgruppe von den Leistungen durch jugend.gr. Der Leistungskatalog umfasst folgende Kernleistungen: Beratung, Bildung, Information und Anlaufstelle, Vernetzung und Koordination sowie Erarbeitung von Grundlagenpapieren. Neben diesen Kernleistungen, die jugend.gr im Rahmen des Leistungsauftrages des Kantons erbringt, verpflichtet sich die Organisation, regelmässig eigene Projekte zu initiieren und deren Finanzierung und Umsetzung sicherzustellen.

Der Leistungsauftrag 2016 – 2018 hat zum Ziel, dass von aktuell rund 30 % der Gemeinden bis Ende 2018 mindestens 55 % der Bündner Gemeinden von Jugendförderungsangeboten profitieren. Aufgrund der Tatsache, dass die Anzahl der an Jugendarbeit interessierten Gemeinden laufend zunimmt, steigt auch der Koordinations- und Betreuungsaufwand der Fachstelle jugend.gr. Die Regierung berücksichtigte diese Entwicklung und erhöhte ab 1. Januar 2016 die jährliche Kantonspauschale an jugend.gr. von 80 000 Franken auf 120 000 Franken.

Die Einrichtung eines Fonds für Förderbeiträge an die Gemeinden ist insbesondere aus finanzrechtlichen Gründen abzulehnen. Es besteht bereits ein Fonds, aus dem Beiträge an Projekte oder Trägerschaften im Bereich der Kinder- und Jugendförderung gewährt werden können. Gegen eine stärkere Sensibilisierung der Gemeinden für die Kinder- und Jugendarbeit ist nichts einzuwenden; sie ist Teil der Kernleistungen, die jugend.gr im Rahmen des Leistungsauftrags zu erbringen hat.

Schliesslich wird im Vorstoss auf das Kinder- und Jugendförderungsgesetz des Bundes (KJFG) und die Gewährung von Bundesmitteln im Sinne einer Anschubfinanzierung bis im Jahr 2022 hingewiesen. Die Forderung nach dem Abholen von Bundesmitteln ist aus verschiedener Sicht kritisch zu beurteilen. Die Kantone haben sich gegenüber dem Bund mehrfach entschieden gegen derartige Anschubfinanzierungen ausgesprochen. Sie schaffen falsche Abhängigkeiten und führen im Ergebnis zu Lastenverschiebungen zwischen dem Bund und den Kantonen.

Aus den vorgenannten Gründen beantragt die Regierung, den Kommissionsauftrag der KBK abzulehnen.

14. Dezember 2016