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Session: 14.02.2018

Am 11. Juni 2013 hat der Grosse Rat mit 94 zu 1 Stimme bei 0 Enthaltungen einer Teilrevision des Steuergesetzes zugestimmt, die die Frist für die absolute Veranlagungsverjährung von 10 auf 15 Jahre verlängert. Im selben Jahr trat diese Revision in Kraft. Die Regierung begründete das Vorhaben in der Botschaft vom 11. Februar 2013 mit einzelnen Verfahren, bei denen der Eintritt der absoluten Veranlagungsverjährung drohte. Würde die Verjährungsfrist nicht verlängert, könnten „im Einzelfall sehr hohe Steuerbeiträge“ für den Kanton verloren gehen (Botschaft der Regierung, Heft Nr. 15/2012-2013, S. 953). Es sei auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit und der rechtsgleichen Behandlung aller Steuerpflichtigen zu verhindern, „dass die Veranlagungsverjährung eintritt, bevor die Veranlagungsbehörde überhaupt die Möglichkeit hatte, das entsprechende Steuerjahr bzw. den entsprechenden Sachverhalt zu veranlagen“ (Botschaft der Regierung, Heft Nr. 15/2012-2013, S. 951). Während der Grossratsdebatte betonte Barbara Janom Steiner als zuständige Regierungsrätin, es handle sich in diesen Einzelfällen um „Steuerforderungen in Millionenhöhe“ und stellte die rhetorische Frage: „Meine Damen und Herren Grossräte, soll nun wirklich der Staat zuschauen, wie Steuerforderungen in Millionenhöhe untergehen?“ (Grossratsprotokoll, 11. Juni 2013, S. 1033).

Am 26. Juni 2017 berichtete das Regionaljournal Graubünden über das Urteil vom 4. April 2017 des Bündner Verwaltungsgerichts (A 15 60 und A 15 61), wonach Remo Stoffel im Jahr 2003 hohe Gewinne mithilfe einer Scheinfirma nicht korrekt versteuert habe. Wie dem 200-seitigen Urteil zu entnehmen ist, gab das Gericht den Steuerbehörden zum grossen Teil Recht. Am 27. Juni 2017 berichtete das Regionaljournal weiter, dass Remo Stoffel das Urteil an das Bundesgericht weitergezogen habe und daher eine Verjährung der Steuerforderungen drohe. Bis Ende 2018 müsse das Bundesgericht einen Entscheid fällen, sonst sei die Verjährungsfrist wiederum abgelaufen. Auf dem Spiel stehen laut dem Urteil des Verwaltungsgerichts rund acht Millionen Franken.

Mit der Publikation des Verwaltungsgerichtsurteils und der erwähnten Berichterstattung in den Medien wurde im Nachhinein öffentlich, dass Remo Stoffel einer der genannten „Einzelfälle“ von „Steuerforderungen in Millionenhöhe“ ist. Vor diesem Hintergrund stellen sich für die Unterzeichnenden folgende Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung zum aktuellen Zeitpunkt das Risiko einer Verjährung der genannten Steuerforderungen an Remo Stoffel?

2. Gibt es neben dem öffentlich gewordenen Fall von Remo Stoffel noch weitere „Einzelfälle“ von „Steuerforderungen in Millionenhöhe“, die man mit der genannten Teilrevision des Steuergesetzes rechtzeitig veranlagen wollte? Wenn ja, konnten diese weiteren Fälle rechtzeitig veranlagt werden und wie hoch waren die einzelnen Steuerforderungen gegenüber den Steuerbehörden von Gemeinden, Kanton und Bund?

3. Gab oder gibt es Steuerforderungen, die trotz der genannten Teilrevision des Steuergesetzes nicht rechtzeitig veranlagt werden konnten oder können? Wenn ja, wie hoch sind die geschätzten Ausfälle für die Steuerbehörden von Gemeinden, Kanton und Bund?

4. Wurden die erwähnten Ziele der genannten Teilrevision des Steuergesetzes – Verhindern von Einnahmeausfällen, Steuergerechtigkeit, rechtsgleiche Behandlung aller Steuerpflichtigen – aus Sicht der Regierung erfüllt?

Chur, 14. Februar 2018

Pult, Caviezel (Chur), Perl, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Deplazes, Jaag, Locher Benguerel, Monigatti, Noi-Togni, Peyer, Pfenninger, Thöny

Antwort der Regierung

Aufgrund des Steuergeheimnisses können Fragen zu konkreten steuerpflichtigen Personen nicht beantwortet werden (Art. 122 Steuergesetz für den Kanton Graubünden [BR 720.000]). Das gilt auch dann, wenn in den Medien über Gerichtsentscheide, die ohne Nennung der betroffenen, beschwerdeführenden Partei publiziert worden sind, berichtet wurde.

In allgemeiner Weise und ohne Bezug auf einen konkreten Fall kann zur Frage der absoluten Veranlagungsverjährung Folgendes festgehalten werden: Die absolute Verjährung tritt 15 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode ein. Diese Frist steht nicht still und kann nicht verlängert werden. Sie läuft auch während eines Rechtsmittelverfahrens weiter. Das bedeutet, dass die absolute Verjährung für die Einkommens- und Vermögenssteuern des Steuerjahres 2003 Ende 2018 eintritt. Bis zu diesem Zeitpunkt muss eine rechtskräftige Veranlagungsverfügung, ein rechtskräftiger Gerichtsentscheid oder ein letztinstanzliches Urteil des Bundesgerichts vorliegen. Dieser Rechtslage sind sich auch die Rechtsmittelbehörden bewusst, die dann für ein beschleunigtes Verfahren sorgen.

Die Regierung verzichtet darauf, die im Zusammenhang mit einem konkreten Fall gestellten Fragen zu beantworten.

Zu Frage 3: Es gibt keine Fälle, die trotz der genannten Teilrevision des Steuergesetzes nicht rechtzeitig veranlagt werden konnten.

Zu Frage 4: Aus heutiger Sicht wurden die in der Botschaft genannten Ziele der Teilrevision erreicht.

17. April 2018