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Session: 07.12.2022

Die kürzlich erfolgte Revision des Energiegesetzes (EnG) des Bundes mit dem Titel «Dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» beinhaltet unter anderem die Produktion von Elektrizität aus Photovoltaik (PV)-Grossanlagen. Die Revision ist per 1. Oktober 2022 in Kraft getreten und gilt bis am 31. Dezember 2025. In Bezug auf die Produktion von Elektrizität aus PV-Grossanlagen sieht das neue Recht vor, dass die Bewilligung für PV-Grossanlagen durch den Kanton erteilt wird, wobei die Zustimmung der Standortgemeinde und der Grundeigentümer vorliegen muss.

Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte hat der Grosse Rat in der Februarsession 2022 die Wasserkraftstrategie 2022 bis 2050 beschlossen. Mit der kantonalen Wasserkraftstrategie verfolgt der Kanton unter anderem das Ziel, die mit der Bündner Stromproduktion aus der Wasserkraft verbundene Wertschöpfung im Kanton Graubünden zu erhöhen und damit nachhaltige Erträge zu erzielen. Es ist angezeigt, dass der Kanton Graubünden auch im Zusammenhang mit dem Ausbau der Solarenergie und insbesondere beim Bau von PV-Grossanalagen seine Interessen zu Gunsten des Bündner Gemeinwohls entschieden verfolgt. Ebenfalls sollen die potentiellen Standortgemeinden seitens des Kantons bestmöglich unterstützt werden.

In diesem Zusammenhang wird die Regierung um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen ersucht:

  1. Wie sieht das kantonale Bewilligungsverfahren für PV-Grossanlagen aus, insbesondere in Bezug auf die Rollen der Standortgemeinden und der Grundeigentümer?
  2. Können Grundsätze der kantonalen Wasserkraftstrategie auch für eine kantonale Strategie bei PV-Grossanalagen angewendet werden? Wenn ja, welche?
  3. Wäre eine Beteiligung des Kantons, der Standortgemeinden und/oder der Grundeigentümer an PV-Grossanlagen sinnvoll und möglich, beispielsweise mit Beteiligungen analog der Wasserkraftstrategie des Kantons Graubünden 2022-2050?

Chur, 7. Dezember 2022

Brunold, Jochum, Menghini-Inauen, Adank, Beeli, Bergamin, Berther, Berweger, Bettinaglio, Biert, Binkert, Brandenburger, Bundi, Bürgi-Büchel, Candrian, Casutt, Censi, Collenberg, Cortesi, Crameri, Danuser (Cazis), Degiacomi, Della Cà, Derungs, Epp, Föhn, Furger, Gansner, Gartmann-Albin, Gort, Grass, Hartmann, Hefti, Hemmi, Holzinger-Loretz, Kasper, Kienz, Koch, Kohler, Krättli, Lamprecht, Lehner, Luzio, Maissen, Mani, Messmer-Blumer, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Morf, Oesch, Perl, Rauch, Righetti, Roffler, Rüegg, Salis, Saratz Cazin, Sax, Schutz, Sgier, Spagnolatti, Tanner, Ulber, Weber, Wieland, Wilhelm, Zanetti (Sent), Zindel

Antwort der Regierung

Die im Herbst 2022 durch das eidgenössische Parlament beschlossene Revision des Energiegesetzes (EnG; SR 730.0) mit dem Titel «Dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» hat zum Ziel, rasch 2 Terawatt (TWh) erneuerbare Stromproduktion aus Photovoltaik(PV)-Grossanlagen mit hohem Winteranteil zu erstellen. Die Revision ist per 1. Oktober 2022 in Kraft getreten und gilt bis am 31. Dezember 2025. Für die Zeit ab 2026 ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Beratungen des eidgenössischen Parlaments eine Anschlussregelung getroffen wird.

Anfang Dezember 2022 hat der Bund im Zusammenhang mit Art. 71a Abs. 3 EnG eine Kurzvernehmlassung zu Änderungen der Energieverordnung (EnV; SR 730.01) sowie der Energieförderverordnung (EnFV; SR 730.03) eröffnet, welche u.a. Verfahrensfragen sowie die Voraussetzungen im Rahmen der befristeten Förderung durch den Bund klären sollen. Die Bundesverordnungen sollen nach aktuellem Kenntnisstand voraussichtlich per Ende März 2023 in Kraft gesetzt werden. Es ist davon auszugehen, dass auch mit den erwähnten rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene diverse Aspekte offenbleiben. Deshalb wurde im Dezember 2022 eine kantonale Arbeitsgruppe gebildet, die sich der Klärung von Verfahrensfragen sowie der Anforderungen an die Gesuchsunterlagen etc. annimmt. Die Erkenntnisse daraus werden in einem Leitfaden festgehalten, der im Anschluss bekannt gemacht wird. Diese Arbeitsgruppe ist departementsübergreifend zusammengesetzt und besteht aus Vertretern aus dem Departement für Infrastruktur, Energie und Mobilität (DIEM), dem Departement für Volkswirtschaft und Soziales (DVS) sowie dem Erziehungs-, Kultur- und Umweltdepartement (EKUD) und den in dieser Sache hauptbetroffenen kantonalen Ämtern. Es ist vorgesehen, dass die Bewilligungsverfahren während der Dringlichkeitsperiode bis 2025 basierend auf den bewährten Instrumenten und Verfahrensabläufen aufbauen. Für die nachfolgende Zeitperiode werden spezialrechtliche Gesetzesregelungen sowie angepasste Verfahren geprüft.

Zu Frage 1: Art. 71a Abs. 3 EnG sieht vor, dass die Bewilligung für PV-Grossanlagen durch den Kanton erteilt wird, wobei die Zustimmung der Standortgemeinde und der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer vorliegen muss. Wie einleitend erwähnt, sind in Bezug auf das kantonale Bewilligungsverfahren sowie der Leitbehörde die entsprechenden Arbeiten initiiert. Die zur Vernehmlassung unterbreiteten, rechtlichen Bundesbestimmungen geben nicht vor, welches Organ der Standortgemeinde die entsprechende Zustimmung zu erteilen hat. Nach Auffassung der Regierung wäre es sinnvoll, die Stimmbevölkerung dafür vorzusehen, damit der Entscheid demokratisch breit abgestützt ist. Dieser Punkt, sowie die Klärung der kantonalen Handlungsspielräume (bspw. mögliche Anwendung BAB-Bewilligungsverfahren), wurden unter anderem von der Regierung im Rahmen der Vernehmlassung betreffend die Verordnungsrevisionen zur Umsetzung von Art. 71a EnG vom 15. Dezember 2022 gegenüber dem Bund eingebracht.

Zu Frage 2: Die kantonale Wasserkraftstrategie 2022–2050 regelt u.a. eine Beteiligungsstrategie an bestehenden Wasserkraftwerken, welche am Konzessionsende zum vorwiegenden Teil an die Konzessionsgemeinden und den Kanton unentgeltlich heimfallen. Für PV-, aber auch Windgrossanlagen, fehlt derzeit eine kantonalrechtliche Spezialgesetzgebung, die ein Beteiligungsrecht des Kantons und der Gemeinden vorsieht. Seitens des Kantons besteht die Absicht, entsprechende rechtliche Bestimmungen vorzusehen. Dafür müssen vorerst die Grundlagen erarbeitet werden, welche dann im Rahmen eines Gesetzgebungsprozesses umgesetzt werden können. Ob eine vergleichbare Beteiligungsstrategie verfolgt werden kann, wird sich nach Abschluss der Arbeiten weisen.

Zu Frage 3: Siehe Antwort zu Frage 2.

1. März 2023