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Session: 15.02.2023

Im BFS Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Kantons Graubünden aus dem Jahr 2021 ist ersichtlich, dass Straftaten im Bereich des Betäubungsmittelgesetzes aufgeteilt nach Regionen besonders in der Region Chur und Umgebung auftreten und stark zugenommen haben. Aufgrund der Häufigkeitszahlen verzeichnet Chur kantonal betrachtet die höchste Anzahl Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Bezüglich der Altersgruppen sind folgende Punkte auffällig:

  • Insbesondere Minderjährige und junge Erwachsene (18-24 J.) werden immer stärker in die Drogen- und Beschaffungskriminalität verwickelt.
  • 13.4 Prozent der Straftaten werden von Minderjährigen begangen.
  • Der Besitz respektive die Sicherstellung im Zusammenhang mit dem Konsum von illegalen Substanzen ist grossmehrheitlich eine registrierte Wiederholungs-Straftat.
  • Die Anzahl verzeichneter kleiner Vergehen (Diebstähle, Einbrüche in Fahrzeuge etc.) hat sich jährlich verdoppelt.
  • Die Dunkelziffer ist nicht abzuschätzen.

Der illegale Handel, Anbau oder die Herstellung von Betäubungsmitteln hat im Vergleich 2020 vs. 2021 ebenfalls stark zugenommen (19 Prozent mehr Vergehen, 25 Prozent mehr Verbrechen). Bei den sichergestellten Substanzen handelt es sich hauptsächlich um Marihuana, Kokain, Haschisch und Heroin. Der zunehmende Handel mit Freebase-Drogen führt zudem zu einem dramatischeren Abhängigkeits- und Suchtverhalten. Die physischen und psychischen Konsequenzen sind noch ausgeprägter und die langfristigen Folgeschäden gravierend.

In Chur stellt insbesondere die Kompetenzaufteilung zwischen der Stadtpolizei Chur und der Kantonspolizei eine Herausforderung dar. Festnahmen bei Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz dürfen nur durch die Kantonspolizei erfolgen (Abgrenzung aufgrund gerichtspolizeilicher Kompetenzregelung).

Wir sehen der Entwicklung mit grosser Besorgnis entgegen, zumal die Fälle nachweislich stark zunehmen und die Sicherheit der Bevölkerung und besonders unserer Jugend unter dieser Situation leidet. Die Drogenumschlagplätze in Chur verlagern sich zunehmend auch in die Quartiere und Randregionen der Stadt, da der illegale Handel stetig zunimmt. Dies auch aufgrund der stark verkürzten Halbwertszeiten der Betäubungsmittel.

Die Unterzeichnenden stellen der Regierung in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

  1. Wie schätzt die Regierung die aktuelle Situation und Entwicklung der Beschaffungskriminalität und des illegalen Konsums von Betäubungsmitteln auf dem Platz Chur ein?
  2. Welche Massnahmen gedenkt der Kanton zu treffen, um das stetige Ansteigen der Straftaten in Bezug auf das illegale Handeln, Anbauen oder Herstellen von Betäubungsmitteln einzudämmen?
  3. Wie kann die Regierung die Schnittstellen und Kompetenzverteilung zwischen der Stadtpolizei und der Kantonspolizei optimieren, damit die Prozesse der Festnahmen und Aufklärungen beschleunigt und vereinfacht werden können?
  4. Ein kantonales Suchtraumkonzept ist in Arbeit. Welche Massnahmen gedenkt der Kanton zusätzlich zu ergreifen, um die Programme der heilenden und begleitenden Massnahmen aktiver zu unterstützen und zu fördern und berücksichtigt das neue Suchtraumkonzept das veränderte Konsumverhalten bei Freebase-Drogen?

Chur, 15. Februar 2023

Adank, Brandenburger, Butzerin, Candrian, Casutt, Cortesi, Della Cà, Dürler, Favre Accola, Gort, Grass, Heim, Hug, Koch, Krättli, Menghini-Inauen, Morf, Rauch, Roffler, Salis, Sgier, Städler, Stocker, Weber

Antwort der Regierung

Der Betäubungsmittelkonsum in der Altersklasse Minderjährige und junge Erwachsene (18 bis 24 Jahre) ist in den Jahren 2017-2022 zurückgegangen. Der Betäubungsmittelhandel ist praktisch konstant und entspricht den Werten der Jahre 2018/2019. Bei den Delikten gemäss Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0) durch junge Erwachsene liegen die Werte unter denjenigen aus den Jahren 2017-2019 und leicht über denjenigen von 2020/2021. Bei Diebstählen, Fahrzeugeinbruchdiebstählen etc. ist bis 2021 ein kontinuierlicher Rückgang festzustellen. Im 2022 haben diese Delikte wieder zugenommen (von 669 auf 946 Fälle). Die aktuellen Zahlen entsprechen den Werten der Jahre 2015 und 2016.

Zu Frage 1: Die Zahlen der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) auf dem Gebiet der Stadt Chur sind stabil und bewegen sich seit 2016 zwischen 389 und 542 Widerhandlungen. Die Zunahme um 20 % von 389 (2021) auf 461 (2022) registrierte Fälle resultiert durch den coronabedingt tiefen Wert von insgesamt 389 Fällen im 2021. In Anbetracht der Statistik bzw. deren Entwicklung über die letzten Jahre und der Tatsache, dass bei der Betäubungsmittelkriminalität die Anzahl festgestellter Straftaten mit den polizeilichen Massnahmen steigt, und seitens Polizei die diesbezüglichen Massnahmen (Prävention, Repression) verstärkt worden sind, kann festgehalten werden, dass sich die Situation auf dem Gebiet der Stadt Chur generell nicht verschlechtert hat. Die Szene im Stadtpark ist seit zwei Jahren auf hohem Niveau stabil. Ausserkantonale Personen sind kaum anzutreffen (keine Sogwirkung erkennbar). Das Suchtpotential der Szene ist sehr hoch und die mehrheitlich konsumierte illegale Substanz "Kokain-Freebase" generiert eine dynamische und hektische Szenentätigkeit, die sich auch in der Aussenwirkung manifestiert. Freebase wird geraucht und gelangt deshalb sehr schnell ins Blut. Der Rauschzustand tritt nach nur wenigen Minuten ein und lässt bereits nach nur 10-15 Minuten nach. Das Verlangen nach einer erneuten Konsumation tritt sehr schnell ein. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Beschaffungskriminalität.

Zu Frage 2: Durch die verstärkte Kontroll- und Ermittlungsarbeit der Polizei in den letzten zwei Jahren sind auch die damit verbundenen festgestellten Delikte – im Vergleich zum 2021 – wieder leicht angestiegen. Dennoch ist es einerseits wichtig, den polizeilichen Kontrolldruck aufrecht zu erhalten. Andererseits muss der Fokus aber auch weiterhin verstärkt auf die Bekämpfung des Betäubungsmittelhandels und die damit verbundene komplexe Ermittlungsarbeit und grenzüberschreitende Zusammenarbeit gerichtet werden. Dabei gilt es, die bestehenden knappen personellen Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Bezüglich weiterer Massnahmen kann auf den Auftrag der Regierung zur Erstellung einer Kantonalen Strategie Sucht verwiesen werden sowie auf die Antwort zu Frage 4.

Zu Frage 3: Die Zusammenarbeit zwischen der Stadtpolizei und der Kantonspolizei funktioniert sehr gut. Die Schnittstellen und die Prozesse werden regelmässig überprüft und notwendige Anpassungen vorgenommen. Weiter stehen aktuell Themenbereiche wie vermehrte gemeinsame Kontrollen sowie eine vertiefte Zusammenarbeit im Rahmen von Aktionen, Patrouillen sowie Stages zur Diskussion. Die gerichtspolizeiliche Arbeit, insbesondere die komplexe Ermittlungsarbeit im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität, hat jedoch zwingend durch die Kantonspolizei zu erfolgen.

Zu Frage 4: Die Regierung hat eine rollende Verbesserung der niederschwelligen Angebote der Suchthilfe beschlossen. Diese sieht die Fortführung der Aufsuchenden Sozialarbeit (Streetwork), die Errichtung und Evaluierung einer neuen und grösseren Kontakt- und Anlaufstelle an einem zentralen Ort sowie die Verbesserung der Wohnangebote (mit Begleitung) vor. Mit dem Leistungsauftrag «Streetwork» an den Verein Überlebenshilfe Graubünden für die Jahre 2022-2025 ist die Aufsuchende Sozialarbeit bereits in Umsetzung. Die allfällige Schaffung und der Betrieb eines Konsumraums obliegen der Stadt Chur.

2. Mai 2023