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Session: 28.08.2009
Im Rahmen von Vernetzungskonzepten wurden bereits in vielen Gemeinden unseres Kantons über grosse Flächen, insbesondere in Bergwiesen, Bewirtschaftungsverträge zwischen dem Amt für Natur und Umwelt (ANU) und den Bewirtschaftern abgeschlossen. Mit diesen Verträgen werden unter anderem die Schnittzeitpunkte vereinbart. Die vertragliche Abmachung zwischen dem ANU und den Bewirtschaftern ist ein gutes Instrument, um den Pflanzen das Versamen zu ermöglichen und somit die Artenvielfalt unserer schönen und sicher schützenswürdigen Bergwiesen zu erhalten.

In Zusammenhang mit Meliorationen wird nun versucht, die vertraglich festgelegten Schnittzeitpunkte in eigentümerverbindliche Dienstbarkeiten umzuwandeln. Es ist sogar vorgesehen, Parzellen mit solchen Bewirtschaftungseinschränkungen vorgängig auszuscheiden und nur an Eigentümer zuzuteilen, die bereit sind, solche Servitute zu akzeptieren. In einem konkreten Fall handelt es sich immerhin um eine Fläche von 125 ha Land.

Verlockend sind solche Modelle vor allem, weil damit viele Ersatzpunkte erzielt werden. Erstaunlich ist jedoch, dass mit dem Errichten solcher Dienstbarkeiten Ersatzpunkte generiert werden, die ja schon mit den Bewirtschaftungsverträgen gesichert sind.

Dienstbarkeiten/Servitute werden für immer abgeschlossen und in das Grundbuch eingetragen. Es sind dies vor allem Durchleitungsrechte, Wegrechte, Quellenrechte usw. In Zusammenhang mit Meliorationen sollten, wenn überhaupt, nur archäologische Objekte in dieser Form geschützt werden. Ziel einer Melioration ist es unter anderem, eine Bereinigung und Reduktion der Servitute vorzunehmen.

Fragen:

1. Welches ist die gesetzliche Grundlage, um solche Dienstbarkeiten zu errichten?

2. Unterstützt die Regierung die Absicht, Parzellen und Flächen (125ha) vor einer Neuzuteilung im Zusammenhang mit einer Gesamtmelioration mit solchen Dienstbarkeiten zu versehen?

3. Stimmt es, dass jährliche Beiträge für Schnittzeitpunkte laut Öko-Qualitätsverordnung (ÖQV) nur an Bewirtschafter/innen ausgerichtet werden, die laut Direktzahlungsverordnung (DZV) Anspruch auf Direktzahlungen haben?

4. Bis heute werden die Schnittzeitpunkte nach Höhe über Meer und Vegetationszustand festgelegt. Wäre eine mosaikartige, freiwillige vertragliche Abmachung für Fauna und Flora nicht sinnvoller?

5. Wie gedenkt das ANU sicherzustellen, die eingetragenen Dienstbarkeiten bei einer substantiellen Änderung der heutigen Subventionspolitik erlöschen zu lassen?

Chur, 28. August 2009

Peer, Hartmann (Küblis), Darms-Landolt, Augustin, Barandun, Bezzola (Zernez), Bleiker, Brandenburger, Brüesch, Buchli, Bühler-Flury, Bundi, Butzerin, Caduff, Campell, Candinas (Rabius), Casparis-Nigg, Castelberg-Fleischhauer, Casty, Casutt, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Cavigelli, Claus, Clavadetscher, Conrad, Dermont, Donatsch, Fallet, Farrér, Feltscher, Giovanoli, Hardegger, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Heinz, Jeker, Jenny, Kessler, Koch, Kollegger, Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Märchy-Michel, Marti, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel, Möhr, Montalta, Nick, Parolini, Perl, Portner, Ragettli, Ratti, Rizzi, Sax, Stiffler, Stoffel, Thomann, Thurner-Steier, Troncana-Sauer, Tscholl, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Bürkli, Candinas (Disentis/Mustér), Furrer-Cabalzar, Grendelmeier-Bannwart, Gunzinger, Jecklin-Jegen, Kunz (Fläsch), Mainetti

Antwort der Regierung

Die Anfrage spricht verschiedene Vertragstypen an, die nicht direkt miteinander zusammenhängen. Über gesamtbetriebliche Bewirtschaftungsverträge erfolgt die Förderung von gebietsspezifischen Ziel- und Leitarten je Landschaftsraum. Diese Verträge werden mit den Bewirtschaftern abgeschlossen. Der Abschluss der Verträge ist freiwillig und löst zusätzliche Abgeltungen nach der Verordnung über die regionale Förderung der Qualität und der Vernetzung von ökologischen Ausgleichsflächen in der Landwirtschaft (Öko-Qualitätsverordnung, ÖQV; SR 910.14) aus. Ein Vernetzungskonzept und die darauf basierenden Verträge haben eine Gültigkeit von sechs Jahren und können danach wiederum für sechs Jahre verlängert werden.

Bei Meliorationen besteht eines der Ziele darin, die im Beizugsgebiet vorkommenden schutzwürdigen Lebensräume (Biotope) und Arten zu erhalten. Deren Schutz wird mittels Dienstbarkeiten gesichert (z.B. Veränderungsverbot, Düngeverbot bei Mooren etc.). Gleiches gilt, wenn bei Meliorationen Zusatzbeiträge des Bundes für ökologische Massnahmen geleistet werden sollen (Verordnung über die Strukturverbesserungen in der Landwirtschaft, Strukturverbesserungsverordnung, SVV; SR 913.1). In solchen Fällen verlangt der Bund, dass Zusatzleistungen im Bereich des Biotopschutzes mittels Dienstbarkeiten langfristig gesichert werden. Werden schutzwürdige Lebensräume (Biotope) durch technische Massnahmen wie z.B. Wegebauten im Rahmen einer Melioration beeinträchtigt oder zerstört, sind Ersatzmassnahmen zu leisten.

Die vorgesehenen Ersatzmassnahmen (z.B. Festlegung eines späten Schnittzeitpunkts) müssen langfristig gesichert werden. Bei Meliorationen geschieht dies in der Regel mittels Dienstbarkeiten.

Antworten auf die Fragen:

1. Gesetzliche Grundlagen sind Art. 18 Abs. 1 und 1bis des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) und Art. 14 Abs. 2 der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz (NHV; SR 451.1) für die Definition der Schutzobjekte sowie Art. 18 Abs. 1ter NHG und Art. 14 Abs. 7 NHV für Ersatzmassnahmen sowie Art. 17 SVV für Zusatzbeiträge bei Meliorationen.

2. Es bestehen keinerlei Absichten, sämtliche Vereinbarungen im NHG-Bereich in Dienstbarkeiten umzuwandeln. Wenn es darum geht, die angepasste Bewirtschaftung zu definieren, wird dies in normalen Bewirtschaftungsverträgen geregelt. Geht es hingegen darum, Naturschutzobjekte in einem Beizugsgebiet zu schützen oder NHG-Ersatzmassnahmen in ihrem Bestand langfristig zu sichern, was vom Gesetz verlangt wird, geschieht dies bei Meliorationen in der Regel über Dienstbarkeiten. Die vertraglichen Vereinbarungen nach der ÖQV und der Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft (Direktzahlungsverordnung, DZV; SR 910.13) zwischen Bewirtschaftern und ANU gestützt auf ein Vernetzungskonzept haben keinen direkten Zusammenhang mit den Dienstbarkeiten.

3. Die Beitragsberechtigungen sind im Bundesrecht abschliessend geregelt. Als Voraussetzung für alle Direktzahlungen, d.h. sowohl diejenigen nach der Direktzahlungsverordnung (DZV) wie auch diejenigen nach der Ökoqualitätsverordnung (ÖQV), muss der Betrieb Anspruch auf Direktzahlungen haben bzw. beitragsberechtigt sein (vgl. Art. 2 ÖQV). Werden Naturschutzflächen von nicht zu Direktzahlungen berechtigten Landwirten angepasst bewirtschaftet und/oder liegen sie ausserhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche, werden diese Leistungen aus dem Naturschutzbudget abgegolten (Art. 18c Abs. 2 NHG).

4. Die DZV legt den frühest möglichen Schnittzeitpunkt für extensiv genutzte Wiesen in Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Zonen (Talgebiet, Bergzonen I bis IV) fest, wobei der Kanton diesen Zeitpunkt in Abhängigkeit der Vegetationsentwicklung um max. 2 Wochen vorverlegen kann. Davon macht der Kanton Graubünden ausgiebig Gebrauch. Weitergehende freiwillige, vertragliche Vereinbarungen sind möglich und werden gestützt auf die ÖQV im Rahmen von Vernetzungskonzepten auch mit Beiträgen unterstützt.

5. In den Dienstbarkeitsverträgen des ANU heisst es ausdrücklich, dass die Dienstbarkeit erlischt, wenn die Bewirtschaftungsbeiträge nicht mehr finanziert werden können.

2. November 2009