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Bahnerschliessung der unteren Mesolcina mit TILO

1. Ausgangslage und Aufgabenstellung

Die TILO (Ticino-Lombardia) Züge verbinden auf effiziente Art die wichtigsten Orte des Kantons Tessin untereinander, mit Mailand und mit dem Flughafen Mailand-Malpensa. Von Anfang an setzte sich TILO das Ziel, einen grenzüberschreitenden Dienst zu bieten und diesen ständig auszubauen. Dank den laufenden aktuellen Projekten erhöht sich die Anzahl der von TILO erreichten Orte immer mehr, während die Fahrtzeiten abnehmen, sodass den Bedürfnissen der Fahrgäste bestmöglich entsprochen werden kann. Die untere Mesolcina ist an diesem modernen Verkehrsnetz nicht angeschlossen. Die Idee einer Erschliessung mit TILO sollte deshalb näher untersucht werden, denn diese könnte dem Tal Vorteile und neue Perspektiven bieten.

Im Jahre 1907 wurde die Strecke Bellinzona – Mesocco eröffnet. Eine Verlängerung der Bahn über den San Bernardino nach Thusis konnte wegen des 1. Weltkriegs und der darauf folgenden Wirtschaftskrise nie verwirklicht werden. Im Jahre 1942 wurde die Misoxerbahn (BM) mit der Rhätischen Bahn zwangsfusioniert. Wegen dem fehlenden direkten Anschluss an die SBB in Bellinzona und des überalterten Rollmaterials wurde der Personenverkehr 1972 von der Schiene auf die Strasse verlegt. Heute fahren die Buslinien zwischen Bellinzona und Mesocco an Werktagen im Halbstundentakt.

Der Güterverkehr wurde noch bis 2003 weitergeführt. Insbesondere zwischen Castione und San Vittore wurden bis zur Schliessung grosser Industriebetriebe (1987) bedeutende Tonnagen mit geschemelten Normalspurwagen transportiert, wobei die Strecke Cama – Mesocco wegen Unwetterschäden in den Achtziger Jahren aufgegeben und ein neues Depot in Grono eingerichtet werden musste. 

In der unteren Mesolcina bestehen seit längerem Überlegungen für den Bau eines Normalspurgleises. 1989 wurde sogar das sogenannte Binario industriale für den Güterverkehr zwischen Castione und Grono durch das BAV plangenehmigt. Dieses verlief zwischen Castione und Monticello weitgehend entlang der Autostrasse A13, mit Spitzkehre in Castione. Im oberen Teil wurde das Normalspurgleis weitgehend auf der heutigen Schmalspurstrecke geplant. Das Industriegleis ist immer noch Bestandteil des kantonalen Richtplans des Kantons Graubünden und ist im Hinblick auf den geplanten Polo di Sviluppo San Vittore noch aktuell. 

Im Rahmen der Planung neuer Verkehrsverbindungen hat der Kanton Graubünden bereits im 2012 die Zweckmässigkeit einer neuen Bahnverbindung (inkl. Autoverlad) Bellinzona – Mesolcina – Valchiavenna untersuchen lassen. Die Studie zeigte, dass eine Bahnlinie in der unteren Mesolcina gewisse politische und technische Schwierigkeiten zu überwinden hat, die nicht nur auf die Weiterführung der Linie Richtung Italien zurückzuführen sind (z.B. Angst vor einem internationalen Güterverkehrskorridor). So äusserten die im Rahmen der Studie interviewten Vertreter von TILO betriebliche Bedenken in Zusammenhang mit einer allfälligen Spitzkehre in Castione. Vertreter von SBB Infrastruktur erwähnten Kapazitätsprobleme auf der Gotthard-Strecke. Regionale Vertreter wiesen auf die Schwierigkeiten hin, eine Bahninfrastruktur ins Valle Mesolcina einzufügen (bezüglich Landschaft und Siedlung).

2. Vorgehen und Aufbau des Berichts

Im Rahmen einer Zweckmässigkeitsstudie wurde die Erschliessung der unteren Mesolcina mit TILO näher untersucht. Um die Fragen des Kantons Graubünden beantworten zu können, wurde das Vorgehen in 5 Arbeitsschritten unterteilt: 

  • Analyse der Ausgangslage, der voraussehbaren Entwicklungen und Ermittlung des Handlungsbedarfs.
  • Festlegung Linienführung und mögliche Endpunkte, Berechnung von Fahrzeiten.
  • Entwicklung und Analyse von Angebotsvarianten, Prüfung Fahrbarkeit und Festlegung einer zu vertiefender Variante.
  • Abschätzung / Berechnung der Nachfrage.
  • Bewertung der vertieften Variante (mit NIBA).

Als Bearbeitungsperimeter wurde bezüglich der Linien des öffentlichen Verkehrs das Gebiet Biasca – Bellinzona – Mesolcina betrachtet. Bezüglich der Strukturdaten waren neben der Mesolcina die Gemeinden im Perimeter des Agglomerationsprogramms Bellinzona zu berücksichtigen. Als Zeithorizont wurde das Jahr 2030 festgelegt, wobei für den Bahnbetrieb auf der Gotthardachse soweit möglich auch ein Ausblick in die fernere Zukunft geworfen wurde, um die Aufwärtskompatibilität sicher zu stellen.