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Gespräche im Kindesschutz können herausfordernd sein. Wenn Kinder oder Jugendliche über Erlebtes sprechen, ist es wichtig zu vermitteln, dass Sie offen für das Gespräch sind. Nehmen Sie das Kind oder die Jugendliche bzw. den Jugendlichen ernst. Lassen Sie sie in ihrem Tempo und in ihrer Sprache erzählen. Vermitteln Sie, dass alle Gefühle erlaubt sind, die mit dem Erlebten oder den beteiligten Personen verbunden sind. Machen Sie deutlich, dass die Kinder und Jugendlichen nicht für das Erlebte verantwortlich sind.

Grundsätze

  • Loben Sie Kinder oder Jugendliche für ihren Mut und bedanken Sie sich für das Vertrauen.
  • Erkundigen Sie sich nach dem Anliegen und der Befindlichkeit der Kinder und Jugendlichen.
  • Machen Sie nur Zusagen, die Sie einhalten können.
  • Machen Sie transparent, mit welchen Personen der Fall besprochen wird und welche Schritte mit welchem Ziel unternommen werden.
  • Informieren Sie die Kinder oder Jugendlichen, an wen sie sich im Notfall wenden können und erstellen Sie bei Bedarf einen Notfallplan.
  • Bleiben Sie als Ansprechperson mit den Kindern oder Jugendlichen in Kontakt.
  • Bleiben Sie nicht allein und holen Sie sich frühzeitig Unterstützung. Teilen Sie Kindern oder Jugendlichen mit: Wann und warum Sie sich Unterstützung holen. Und warum Sie verpflichtet sind, die vorgesetzte Stelle zu informieren.

Vorbereitung

Stellen Sie nur die notwendigen Fragen, um die Situation einzuschätzen, und bereiten Sie sich gut vor. Überlegen Sie im Voraus, welche Fragen Sie stellen wollen. Bleiben Sie flexibel, da das Gespräch unerwartete Wendungen nehmen kann. Sie müssen sich auf unterschiedliche Reaktionen und Gesprächsdynamiken einstellen.

Durchführung

Sprachliche Formulierung

  • Verwenden Sie möglichst kurze, klare und einfache Sätze.
  • Vermeiden Sie passive Formulierungen: «Hat die Nachbarin die Polizei gerufen?» statt «Ist die Polizei gerufen worden?»
  • Vermeiden Sie negative Formulierungen: «Hast du den Eindruck, dass sie deine Meinung gehört hat?» statt: «Hat sie dir nicht zugehört?»
  • Sprechen Sie nicht in Babysprache, auch nicht mit jüngeren Kindern.

Alters- und entwicklungsbedingte Besonderheiten

  • Vermeiden Sie komplizierte Begriffe oder Redewendungen, insbesondere bei Kindern unter 10 Jahren.
  • Kinder im Kindergartenalter (4- 5 Jahre) können sagen, wer was wo getan hat. Wann, wie und warum können erst ältere Kinder sinnvoll beantworten.
  • Kinder bis 7 Jahre können sagen, ob etwas nicht, ein bis drei Mal oder häufiger als drei Mal passiert ist. Differenziertere Häufigkeitsangaben kann ein Kind erst später machen.
  • Ab einem Alter von 6 Jahren nähern sich Schilderungen in ihrer Organisation und Logik den Darstellungen von Erwachsenen an.
  • Zeitliche Einordnung von Erlebnissen ist in der Regel erst ab etwa 10 Jahren zunehmend möglich.

Hilfreiche Gesprächstechniken

  • Stellen Sie möglichst offene Fragen. Sie fördern detaillierte Antworten. Bspw. «Was ist passiert?», «Was hast du gesehen?»
  • Wiederholen Sie das Gesagte in eigenen Worten, um sicherzugehen, dass Sie es richtig verstanden haben: «Habe ich richtig verstanden, dass…?»
  • Stellen Sie sicher, dass Kinder wie Jugendliche die Frage richtig verstanden haben. Kinder neigen dazu, auch Fragen zu beantworten, die sie nicht verstehen.
  • Stellen Sie sicher, dass das Kind oder der/die Jugendliche durch Nachfragen nicht verunsichert werden. Sie können betonen, dass sie die Experten sind, da es um sie geht.

Unterstützende Gesprächsatmosphäre

  • Sorgen Sie für eine vertrauensvolle und ungestörte Atmosphäre.
  • Setzen Sie sich übers Eck an den Tisch. Das ermöglicht eine ideale Gesprächsdistanz. Gleichzeitig ist das Kind oder die/der Jugendliche nicht gezwungen, permanent Augenkontakt mit Ihnen zu halten.
  • Wenden Sie sich dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen zu.
  • Signalisieren Sie, wenn das Kind oder der/die Jugendliche zu weinen anfängt, dass das in Ordnung ist.
  • Nehmen Sie das Kind oder Jugendliche nicht in den Arm. Das wäre unangebracht.
  • Achten Sie darauf, während des Gesprächs durch Tonfall, Mimik und Gestik entspannt zu wirken.

Schädliche Gesprächstechniken

  • Vermeiden Sie Auswahlfragen. «Wo war das?» statt «War das zu Hause, in der Schule oder beim Sport?»
  • Stellen Sie nicht mehrere Fragen auf einmal.
  • Vermeiden Sie Ja-Nein-Fragen.
  • Achten Sie darauf, dass Sie nicht unbewusst lächeln oder die Stirn runzeln, da Ihre Mimik die Situation beeinflusst.
  • Vermeiden Sie Fragen, die die Antwort beeinflussen können. Bspw. «Sie wollte doch sicher, dass du das machst, oder?»
  • Machen Sie keine Vorwürfe und Bewertungen: «Warum hast du dich nicht gewehrt?» oder «Warum hast du das nicht viel früher gesagt?»
  • Äussern Sie keine Drohungen oder Versprechungen. Bspw. «Wenn du sagst, was passiert ist, kommt er ins Gefängnis.»