Navigation

Inhaltsbereich

Ausstellungsposter «Ein explosiver Artikel: das Pulverregal» als PDF

Diese Webseite ist Bestandteil der Ausstellung «Graubünden und die Bundesverfassung» im Grossratsgebäude in Chur. Lehrreiche Visualisierungen erinnern daran, was die Einführung der Bundesverfassung für Graubünden bedeutete und wie sich der Bergkanton in den jungen Schweizer Bundesstaat integrierte. Die Ausstellung ist während der August-, Oktober- und Dezembersession 2023 des Grossen Rates jeweils von 8:30 bis 12:00 Uhr und von 14:30 bis 18:00 Uhr öffentlich zugänglich.

Die neue Bundesverfassung hatte dem Bund das ausschliessliche Recht zur Fabrikation und zum Verkauf von Schiesspulver übertragen. Rasch folgten die Massnahmen der Umsetzung. Bereits im Dezember 1848 wandte sich der Bundesrat mit einem umfangreichen Fragenkatalog zur Pulverherstellung an die Kantone. In Graubünden gab es nur einen Betrieb: die von Peter Theodor Marin (1818-1864) ab 1842 errichtete Pulvermühle in Chur. Ähnlich wie beim Zoll und der Post war der Bund interessiert daran, die Anlagen Marins zu übernehmen und sie allenfalls in Pacht bzw. mit Patent vom Jungunternehmer weiter betreiben zu lassen. Eigene Bauten errichtete die Bundesverwaltung erst später.

Zu klären waren nun Fragen der Kapazität der Anlagen und ihres Wertes. Marin schätzte diesen auf 30’000 Gulden (etwa 48’000 Franken), ohne die „mir gebührende Entschädigung für die Einbusse meiner bisherigen sichern Erwerbsquelle“. Eine Weile versuchte Marin die Pulvermühle dann in Pacht nach den Vorgaben des neu eingesetzten eidgenössischen Pulververwalters zu führen, aber das ging nicht lange gut. Schliesslich kam es zum Prozess, für den das neu geschaffene Bundesgericht – die ersten Bundesrichter waren am 17. November 1848 gewählt worden – zuständig war. Marin, der sich äusserst ungerecht behandelt fühlte, liess seine Klage „entgegen dem hohen schweiz. Bundesrat“ sogar drucken.

Vom Bundesgericht erhielt er schliesslich eine Entschädigung von 26’000 Franken zugesprochen. So hoch waren der Wert der Grundstücke und Fabrikationsanlagen eingeschätzt worden, eine Kompensation für den Wegfall seines Erwerbs und entgangene Gewinne erhielt Marin nicht. Von 1858 bis 1976 betrieb der Bund in eigener Regie die Pulvermühle in Chur. Sie kann heute noch besichtigt werden.

Legenden

  1. Die Fragen des Bundesrates zum Schiesspulver an die eidgenössischen Stände (Kantone): Modalitäten der Entschädigung, Kapazität der Pulvermühlen, Produktionsmengen. Die Antworten finden sich in einem kantonalen Gutachten und im Antwortschreiben des Pulvermühlenbesitzers Marin.
  2. Die eidgenössische Pulvermühle Chur im Vollausbau. Die ältesten Teile (Läufergebäude 1, Wohnhaus 14) gehen auf Peter Theodor Marin zurück. Die Herstellung von Schwarzpulver ist mit Explosionsgefahren verbunden. Die Verteilung des Fabrikationsprozesses auf mehrere kleinere Gebäude soll die Risiken vermindern.
  3. Artikel 38 der Bundesverfassung macht Herstellung und Verkauf von Schiesspulver (Schwarzpulver) zur alleinigen Bundessache. Der Artikel war in Graubünden nicht umstritten.
  4. Artikel 39 beschreibt den Bundeshaushalt. An vierter Stelle werden die Einkünfte aus der Pulververwaltung genannt. Deren spätere Zuordnung zum Finanzdepartement zeigt, dass finanzielle Überlegungen bei der Errichtung des Pulverregals wohl wichtiger waren als militärische.
  5. Der Erlass von Gesetzen zum Pulverregal ist Sache des National- und des Ständerates. Das erste Gesetz wurde bereits am 5. Mai 1849 verabschiedet: Bundesgesetz über das Schiesspulver-Regal.