Navigation

Inhaltsbereich

Bau eines Landwirtschaftsweges in einer Trockenwiese in Santa Maria in Calanca. Foto © Kolja Smailus
Bau eines Landwirtschaftsweges in einer Trockenwiese (Santa Maria in Calanca). Bild: Kolja Smailus
Die Natur- und Heimatschutzgesetzgebung von Bund und Kanton hat unter anderem das Ziel, die einheimische Biodiversität zu erhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, enthält das Bundesrecht Vorschriften, die sich auch auf bauliche Eingriffe beziehen.

Bauliche Eingriffe, welche schutzwürdige Lebensräume (Biotope), geschützte Tierarten oder geschützte Pflanzenarten schädigen können, sind nur zulässig

  • bei übergeordnetem öffentlichem Interesse;
  • bei Standortgebundenheit.

Sofern ein Eingriff in ein schutzwürdiges Biotop grundsätzlich bewilligungsfähig ist, muss für den nicht wiederherstellbaren Teil Ersatz geleistet werden.

1. Eingriffe in schützenswerte Lebensräume (Biotope)

Die Natur- und Heimatschutzgesetzgebung definiert als besonders schützenswerte Lebensräume:

  • Uferbereiche
  • Riedgebiete und Moore
  • seltene Waldgesellschaften
  • Hecken
  • Feldgehölze
  • Trockenrasen
  • weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen
  • weitere Standorte, die besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen (zu diesen Standorten gehören auch die Lebensraumstrukturen und die Quell-Lebensräume).

In der Natur- und Heimatschutzverordnung des Bundes ist näher definiert, was als schutzwürdiger Lebensraum gilt. Informationen zum Schutz von Fliessgewässern aufgrund der Gewässerschutzgesetzgebung finden Sie hier.

Hecken und Feldgehölze

Wer Hecken oder Feldgehölze entfernen oder wesentlich beeinträchtigen will, braucht in jedem Fall eine Bewilligung des Amtes für Natur und Umwelt. Diese Bewilligung ist eine sogenannte «koordinationspflichtige Bewilligung» (Zusatzbewilligung); das bedeutet, dass das Bewilligungsverfahren an ein Leitverfahren gebunden ist. Bedarf und Standortgebundenheit sowie Ersatz sind Voraussetzungen für die Erteilung dieser Bewilligung.

Das Gesuchsformular für die Entfernung von Hecken und Feldgehölzen wird zusammen mit dem Baugesuch der Gemeinde eingereicht. Nach erfolgter öffentlicher Auflage leitet die Gemeinde das Gesuch an das Amt für Natur und Umwelt weiter. Dieses fertigt die Bewilligung aus und leitet sie an die Gemeinde weiter, zur gemeinsamen Eröffnung mit der Baubewilligung.

Ufervegetation

Ufervegetation ist bundesrechtlich geschützt. Ausnahmen können nur in den durch die Wasserbau- oder Gewässerschutz-Gesetzgebung erlaubten Fällen bewilligt werden. Die Entfernung oder Beeinträchtigung von Ufervegetation ist ersatzpflichtig. Das Gesuch Entfernung von Ufervegetation ist mit dem entsprechenden Baugesuch, Projekt- oder Plangenehmigungsgesuch einzureichen.

Quell-Lebensräume

Quellen stellen in vielen Fällen schutzwürdige Lebensräume für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten dar. Bei baulichen Eingriffen für Quellfassungen (Neufassungen und Sanierungen) sind BAB-Verfahren notwendig. Nebst den üblichen Unterlagen (Pläne von Leitungen, Standort von Fassung, ev. Brunnenstube, Reservoir, Tränke usw. sowie Nachweis von Bedarf und Standortgebundenheit) sind Abklärungen zum ökologischen Wert des Quell-Lebensraums beizulegen (Fotos der Quelle und ihrer Umgebung) sowie Angaben zur Schüttung und zur Wasserbedarfsmenge. Weiter sind Angaben zum Überlauf und möglichen Ersatzmassnahmen mitzuliefern. Detaillierte Angaben zu Schutz und Nutzung, Ersatz und Aufwertung und zu den Aufgaben der Bauherrschaft in Zusammenhang mit Quell-Lebensräumen finden Sie hier.

2. Eingriffe und geschützte Arten

Bei Bauprojekten ist darauf zu achten, dass geschützten Arten nicht beeinträchtigt werden. Geschützte Tierarten dürfen nicht verletzt oder getötet werden; geschützte Pflanzenarten dürfen nicht ausgerissen oder zerstört werden.

Gegebenenfalls müssen spezifische Schutzmassnahmen getroffen werden (Verpflanzen von Orchideen, Umsiedeln von Reptilien usw.; mehr dazu unter dem Thema Artenschutz).

3. Eingriffe in Biotope von nationaler Bedeutung

National bedeutsame Biotope sind geschützt. Für sie gilt:

  • Eingriffe werden nur in Ausnahmefällen zugelassen.
  • Bewilligte Eingriffe müssen schonend umgesetzt werden.
  • Die Lebensräume sind bestmöglich wiederherzustellen.
  • Für bleibende Beeinträchtigungen ist angemessener Ersatz zu leisten.

Für die Lebensräume (Biotope) von nationaler Bedeutung gelten die Schutzverordnungen des Bundes. Sie legen für diese Lebensräume das Schutzziel der ungeschmälerten Erhaltung fest.

Bei Auen, Trockenwiesen, Trockenweiden und Amphibien-Laichgebieten ist eine Güterabwägung möglich. Dies bedeutet: Ein Eingriff von übergeordnetem öffentlichen Interesse und ebenfalls von nationaler Bedeutung ist bei gegebener Standortgebundenheit möglich. Im Gegensatz dazu gilt das Schutzziel bei Mooren von nationaler Bedeutung gemäss Bundesverfassung absolut.

- Amphibien-Laichgebiete von nationaler Bedeutung

Ortsfeste Objekte sind ungeschmälert zu erhalten; Wanderobjekte sind funktionsfähig zu erhalten. Eingriffe in ortsfeste Objekte sind nur möglich

  • bei überwiegendem öffentlichem Interesse von nationaler Bedeutung;
  • bei Unterhaltsarbeiten im Bereich Hochwasserschutz;
  • bei der Nutzung von Fischzucht-Anlagen;
  • bei Massnahmen aufgrund des Gewässerschutzgesetzes;
  • bei Massnahmen aufgrund der Altlasten-Verordnung;
  • zur Sicherung von Fruchtfolgeflächen.

- Auen von nationaler Bedeutung

Eingriffe in Auen von nationaler Bedeutung werden nur bewilligt, wenn sie einem anderen überwiegenden Interesse von ebenfalls nationaler Bedeutung dienen. Beispiel: Schutz des Menschen vor schädlichen Auswirkungen des Wassers.

- Flach- und Hochmoore von nationaler Bedeutung

Eingriffe, die Flach- und Hochmoore von nationaler Bedeutung beeinträchtigen können, sind nicht zulässig. Insbesondere sind verboten:

  • neue Eingriffe zur Entwässerung;
  • sonstige Terrainveränderungen.

Der Unterhalt und die Erneuerung rechtmässig erstellter Bauten und Anlagen dürfen das Schutzziel nicht zusätzlich beeinträchtigen. Bestehende Beeinträchtigungen müssen bei jeder sich bietenden Gelegenheit behoben werden.

- Trockenwiesen und Trockenweiden von nationaler Bedeutung

Eingriffe in Trockenwiesen und Trockenweiden von nationaler Bedeutung werden nur bewilligt,

  • wenn sie dem Schutz des Menschen vor Naturgefahren dienen;
  • wenn sie einem anderen überwiegenden Interesse von ebenfalls nationaler Bedeutung dienen.

In Vorranggebieten darf vom Schutzziel abgewichen werden, wenn das Vorhaben die Voraussetzungen nach der Raumplanungsgesetzgebung erfüllt und die Fläche und die Qualität der Trockenwiesen insgesamt wiederhergestellt oder gesteigert werden können.

4. Bewilligung und Durchführung von Eingriffen

- Aufgaben des Kantons und der Gemeinden

Kanton und Gemeinden sorgen aufgrund der kantonalen Natur- und Heimatschutzgesetzgebung gemeinsam dafür, dass die schutzwürdigen Lebensräume geschont werden und dort, wo das öffentliche Interesse an ihrer Erhaltung überwiegt, erhalten bleiben. Das bedeutet, dass sie bei Bauprojekten ausserhalb der Bauzone frühzeitig prüfen, ob Biotope (Amphibienlaichgebiete, Auen, Feldgehölze, Hecken, Moore, Trockenwiesen/-weiden, Quellen, Ufer oder sonstige Lebensraumstrukturen) betroffen sind.

Das Amt für Natur und Umwelt ist die für Bauprojekte im Biotop- und Artenschutz zuständige Fachstelle im Bereich der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung. Sie gibt der Leitbehörde (Amt für Raumentwicklung) entsprechende Empfehlungen ab.

Die Gemeinden sind als kommunale Baubehörden für die Prüfung und Erteilung von Baubewilligungen zuständig. In Zusammenhang mit Bauvorhaben und Ersatz im Biotop- und Artenschutz

  • prüfen sie Baugesuche und BAB-Gesuche auf Vollständigkeit.
  • unterziehen sie diese einer materiellen Vorprüfung.
  • kontrollieren sie die ausgeführten Bauprojekte auf ihre Übereinstimmung mit der Baubewilligung, der BAB-Bewilligung und allfälligen Zusatzbewilligungen (z. B. Heckenentfernungs-Bewilligungen oder Bewilligungen zum Entfernen von Ufervegetation).
  • kontrollieren sie, ob die verfügten Ersatzmassnahmen ausgeführt worden sind.

- Anforderungen an Baugesuche mit Eingriffen in NHG-Biotope

Können Eingriffe nicht ausserhalb von Biotopflächen erfolgen, ist dies im Baugesuch zu begründen (Nachweis der Standortgebundenheit, siehe nachfolgend).

Ist ein Eingriff in einen schutzwürdigen oder geschützten Lebensraum unumgänglich, sind die Verursacher zu bestmöglichem Schutz und bestmöglicher Wiederherstellung verpflichtet – oder ansonsten zu angemessenem Ersatz. Sowohl die Schutzmassnahmen als auch die Wiederherstellbarkeit des betroffenen Lebensraums sowie – falls nötig – die entsprechenden Ersatzmassnahmen sind im Baugesuch aufzuzeigen (weitere Informationen in den folgenden Abschnitten).

Sind Hecken, Feldgehölze oder Ufervegetation betroffen, so sind die jeweiligen Gesuche für Zusatzbewilligungen mit einzureichen. Für Quellfassungen sind weitere Informationen nötig.

Detaillierte Informationen zum Baubewilligungs-Verfahren finden Sie hier.

- Standortgebundenheit von Eingriffen

Bei Bauvorhaben ist frühzeitig abzuklären, ob schützenswerte oder geschützte Lebensräume betroffen sind. Dazu ist das kantonale Biotop- und Landschaftsinventar zu konsultieren. Bei grösseren Vorhaben kann es nötig sein, durch ein ökologisches Fachbüro eine Vegetationskartierung des Eingriffsbereichs erstellen zu lassen.

Wenn sich bei Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone zeigt, dass Biotope (Amphibienlaichgebiete, Auen, Feldgehölze, Hecken, Moore, Trockenwiesen/-weiden, Quellen, Ufer oder sonstige Lebensraumstrukturen) betroffen sind, sind als erstes alternative Standorte zu suchen, bei denen keine schutzwürdigen oder geschützten Lebensräume betroffen sind.

Eingriffe, die schützenswerte Biotope und/oder geschützte Arten beeinträchtigen, können nur bewilligt werden, wenn sie standortgebunden sind und einem überwiegenden Bedürfnis entsprechen. 

Die Standortgebundenheit ist Voraussetzung für die Bewilligungsfähigkeit eines beeinträchtigenden Eingriffs in einen schutzwürdigen Lebensraum. Deshalb ist die Prüfung von Alternativen im Baugesuch darzulegen. Wenn das Vorhaben auf einen Standort innerhalb von geschützten oder schützenswerten Lebensräumen angewiesen ist, muss diese Standortgebundenheit im Baugesuch nachvollziehbar ausgewiesen werden.

- Schonendes Vorgehen, bestmögliche Wiederherstellung

Bei einem bewilligten Eingriff in ein schützenswertes oder geschütztes Biotop ist der Verursacher zu bestmöglichem Schutz, zur Wiederherstellung oder zu angemessenem Ersatz verpflichtet.

Ein Eingriff ist so schonend wie möglich umzusetzen; die Biotopfläche ist bestmöglich wiederherzustellen. Konkrete Massnahmen in diesem Sinne sind:

  • Verzicht aufs Befahren von sensiblen Flächen;
  • Verzicht auf Materiallager auf sensiblen Flächen;
  • Beschränkung der Arbeiten auf Phasen mit trockener Witterung;
  • Auszäunen von heiklen Bereichen wie Mooren;
  • Wiederherstellung der Vegetation von Trockenwiesen und -weiden mit Rasenziegeln;
  • Verwendung von lokalem (autochthonem) Saatgut oder Schnittgut-Übertragung;
  • Einfügen von Lehmriegeln beim Verlegen von Leitungen in Moorbereichen.

Wenn ein Biotop substanziell von einem Eingriff betroffen ist, ist eine fachkundige ökologische Umweltbaubegleitung beizuziehen. Diese stellt sicher, dass bestmögliche Schonung und Wiederherstellung erfolgt.

- Ökologische Ersatzpflicht bei Eingriffen

Wenn ein Eingriff in ein Biotop trotz grösstmöglicher Schonung und Wiederherstellung zu bleibenden Beeinträchtigungen führt, verlangt das Bundesrecht angemessenen Ersatz. Die Anforderungen an Ersatz sind im Leitfaden Umwelt Nr. 11 des BAFU und in der Richtlinie NHG-Ersatzmassnahmen definiert. Demnach gilt:

  • Der Ersatz muss möglichst zugunsten desselben Lebensraumtyps erbracht werden, der vom Eingriff betroffen ist (Realersatz); beispielsweise der Ersatz einer Quellfassung durch Rückbau und Renaturierung einer aufgegebenen Quellfassung.
  • Wenn dies nicht möglich ist, muss er in einem anderen Lebensraumtyp umgesetzt werden.
  • Ersatzmassnahmen müssen langfristig gesichert sein.

Im Falle einer Ersatzpflicht sind durch eine fachkundige ökologische Umweltbaubegleitung (UBB) die Höhe zu bestimmen und geeignete Ersatzmassnahmen vorzuschlagen. Diese müssen langfristig gesichert sein. Bei grösseren Vorhaben kann dies eine Anmerkung im Grundbuch oder eine öffentliche Schutzlegung bedingen. Bei kleineren Vorhaben ohne ökologische Umweltbaubegleitung kann die Bauherrschaft den Ersatz je nachdem vor Ort leisten.

Bei grösseren Eingriffen kann die ökologische Umweltbaubegleitung aufgrund der Richtlinie NHG-Ersatzmassnahmen geeignete Ersatzmassnahmen vorschlagen und ihre Umsetzung begleiten. Nach Abschluss der Arbeiten ist dem Amt für Natur und Umwelt via Gemeinde der Bericht der Umweltbaubegleitung einzureichen. Dieser

  • bilanziert Eingriffe und Ersatz;
  • dokumentiert die Umsetzung.