Gefässpflanzen
Graubünden verfügt mit 379 national prioritären Arten über eine hohe Zahl an gefährdeten Arten. Dementsprechend gross ist auch die Verantwortung, die der Kanton für die Erhaltung dieser Arten trägt. Aufgrund seiner zentralen Lage im Alpenraum gilt dies besonders für Gebirgsarten. Beispielsweise ist das Ladiner Felsenblümchen bis auf wenige grenznahe Standorte in Italien weltweit ausschliesslich in Graubünden zu finden. Der Engadiner Enzian wächst nur im Engadin und in benachbarten Tälern Italiens; in der Schweiz kommt die Art also nur in Graubünden vor. Zwei weitere Arten haben über drei Viertel ihres weltweiten Verbreitungsareals in Graubünden: die Rätische Flockenblume und der Rätische Pippau.
Fakten
- In der Schweiz gibt es 2712 Arten. Davon kommen 1942 in Graubünden vor. Dementsprechend verfügt der Kanton über eine sehr grosse Pflanzenvielfalt.
- Rund ein Viertel der 1942 Arten Graubündens ist gefährdet (in den Südtälern ein Drittel) und für 379 Arten trägt der Kanton eine besondere Verantwortung.
- 105 Arten Graubündens weisen einen hohen Massnahmenbedarf auf. Davon sind 38 Arten im Grünland sowie 41 Arten an Ufern und in Feuchtgebieten.
- In Graubünden wachsen 105 national geschützte und 51 kantonal geschützte Arten. Die Tafel für die geschützten Pflanzenarten (ANU-404-78d) kann direkt beim ANU bestellt werden.
Grösster Handlungsbedarf in Graubünden
- Spezialisierte Arten (Moore, Trockenwiesen und -weiden) im Kulturland und im Siedlungsraum sichern;
- die Lebensräume der national prioritären Arten mit angemessenen Massnahmen pflegen;
- dort, wo In-situ-Massnahmen nicht mehr genügen, Ex-situ-Aufzucht für die höchst prioritären Arten betreiben;
- insbesondere die Ackerbegleitflora im Kanton fördern.
Laufende Projekte
- Aktionspläne für die Arten mit dem höchsten Massnahmenbedarf;
- Untersuchung des Vorkommens und der Verbreitung von Arten mit hoher kantonaler Priorität, deren Massnahmenbedarf unbekannt ist;
- Berücksichtigung der national prioritären Arten in den laufenden kantonalen Projekten (Moore und Flussrenaturierungen, Heckenpflege, Brachenprojekt, Vernetzungsprojekte usw.) sowie Erarbeitung von Massnahmen;
- für alle Artenfragen zu Gefässpflanzen steht die Infoflora-Regionalstelle Ost zur Verfügung.
Moose
Moose sind die ältesten Landpflanzen. Im Gegensatz zu den Gefässpflanzen bilden sie weder Leitbündel («Gefässe») noch Stängel und Wurzeln aus. Daher können sie nicht in die Höhe wachsen. Diese faszinierenden Lebewesen werden als Pioniere bezeichnet, weil sie freie Bodenflächen besiedeln und eine gewisse Zeit ohne Wasser überleben können. Sie sind wichtige Schirmarten (z. B. für Habitatbäume) und gute Bioindikatoren, mit denen sich Umweltveränderungen in Ökosystemen beschreiben lassen.
Fakten
- In der Schweiz gibt es 1150 Arten. Davon kommen 860 in Graubünden vor.
- Rund ein Fünftel der 860 Arten Graubündens ist gefährdet.
- Für 32 der 860 Arten trägt der Kanton eine besondere Verantwortung.
- Alle 37 schweizweit geschützten Moosarten kommen in Graubünden vor.
Grösster Handlungsbedarf in Graubünden
- Stark gefährdete Arten in Feuchtgebieten (Quell- und Flachmooren), Mauern und Felsen mit gezielten Massnahmen erhalten;
- weitere prioritäre Arten mit Projekten berücksichtigen und gezielt fördern.
Laufende Projekte
Erhebungen im Rahmen verschiedener kantonaler und nationaler Projekte.
Flechten
Eine Flechte ist ein Organismus, der aus einer komplexen Gemeinschaft von einem Pilz mit mindestens einer Grün- oder Blaualge besteht. Der Pilz bildet mit seinen Pilzfäden das Gerüst der Flechte und schützt die darin eingebetteten Algen vor Tierfrass und UV-Strahlen. Diese beliefern den Pilz dafür mit energiereichen Bau- und Brennstoffen, die sie mittels Fotosynthese aus dem Kohlendioxid der Luft herstellen. Diese Symbiose zweier Organismen erlaubt es den Flechten, Lebensräume zu besiedeln, die für andere Organismen wie Pflanzen nicht bewohnbar sind.
Aufgrund der hohen Lebensraumvielfalt wachsen im Kanton auch überdurchschnittlich viele Flechtenarten. Die Mehrheit dieser Arten ist auf einen bestimmten Substrattyp (z. B. Rinde, Boden, Holz, Gestein) spezialisiert.
Da Flechten sehr empfindlich auf Umweltveränderungen (z. B. Luftverschmutzung) reagieren, können sie als Bioindikatoren für die Luftqualität verwendet werden. Anhaltende Luftverschmutzung hat dazu geführt, dass in den tieferen Lagen Graubündens seit 1900 bis zu 20 Prozent der Arten verschwunden sind.
Fakten
- In der Schweiz gibt es 1800 Arten. Davon kommen 1300 in Graubünden vor.
- 37 % der 1300 Arten Graubündens sind gefährdet (44 % der gefährdeten Arten wachsen auf Bäumen).
- Für 77 der 1300 Arten trägt der Kanton eine besondere Verantwortung.
- Alle 24 Arten der schweizweit geschützten Flechtenarten kommen in Graubünden vor.
Grösster Handlungsbedarf in Graubünden
- Aktionspläne für die Arten mit hochprioritärem Schutz (Kleine Astflechte und Eichen-Braunsporflechte);
- Förderung der Lebensräume, in denen die prioritären Arten vorkommen (z. B. alte Bäume).
Laufende Projekte
- Kantonale Luftmessungen
- Schweizer Rote Liste
- Forschungsarbeiten
- regionale Inventare