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Revitalisierter Flusslauf
Bild: Christine Levy

Im «Wasserschloss Schweiz» sind Gewässer aller Art wichtige Lebensräume. Viele der Gewässer sind jedoch durch Verbauung und/oder Wasserkraftnutzung in ihrer Struktur und Ökologie stark beeinträchtigt. Zunehmende Trockenheit als Folge der Klimaerwärmung gefährdet den Lebensraum und die vorkommenden Arten zusätzlich.

Mit Revitalisierungsprojekten werden Gewässer wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt, damit sie ihre Funktionen in den Bereichen Hochwasserschutz, Wasserhaushalt, Ökologie und Naherholung wieder erfüllen können.

Was sind (Oberflächen-)Gewässer?

Fliessende und stehende Gewässer – auch Oberflächengewässer genannt – gestalten nicht nur die Landschaft, sie sind auch faszinierende und diverse Lebensräume. Zum Ökosystem Oberflächengewässer gehören neben der Sohle und dem Wasserkörper auch die Ufervegetation sowie angrenzende Landlebensräume mit ihren tierischen und pflanzlichen Bewohnern. Für viele Organismen bieten die Gewässer auch eine wichtige Vernetzung zwischen verschiedenen Lebensräumen.

Oberflächengewässer sind in der Regel in den Wasserkreislauf eingebunden. Sie werden von zum Teil jahreszeitlich variierenden Faktoren wie Niederschlag, Schneeschmelze und Temperatur beeinflusst.

Oberflächengewässer in Graubünden

- Fliessgewässer

Im Kanton Graubünden gibt es rund 11 600 Kilometer Bäche und Flüsse. Folgt man einem Fliessgewässer von der Quelle bis zur Mündung, verändern sich Einflussfaktoren wie Wassertemperatur, Fliessgeschwindigkeit oder Gewässerbreite. Sie bestimmen, welche Tier- und Pflanzenarten wo vorkommen. Zudem lassen sich damit die Fliessgewässer in verschiedene ökologische Regionen einteilen:

  • Obere Forellenregion
  • Untere Forellenregion
  •  Äschenregion
  • Brachsen- und Barbenregion

Der Kanton Graubünden ist aufgrund seiner Topografie reich an Quellen und demzufolge ist die Forellenregion sehr stark vertreten. Drei Viertel der Bündner Bäche und Flüsse weisen eine natürliche oder wenig beeinträchtigte Gewässerstruktur auf. Ein Viertel ist zum Teil stark beeinträchtigt oder naturfern – in erster Linie durch die Wasserkraftnutzung. Betroffen sind vor allem die ökologisch interessanten Talflüsse.

- Natürliche, stehende Gewässer

Graubünden weist aufgrund seiner Topografie eine grosse Vielfalt an unterschiedlichen stehenden Gewässern auf: Es existieren 620 Seen, wovon 359 grösser als 0,5 ha sind. Dazu kommen unzählige Klein- und Kleinstgewässer wie Weiher, temporäre Tümpel und Feuchtflächen.

Stehende Gewässer sind nicht nur verschieden gross, sondern auch verschieden tief, weshalb auch die Licht- und Temperaturverhältnisse stark variieren können. Dies beeinflusst zusammen mit weiteren Faktoren wie Sohlenbeschaffenheit oder Höhenlage das Vorkommen und die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten.

- Künstliche, stehende Gewässer

Auch künstliche, stehende Gewässer können vielen Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum bieten. Wichtig ist, dass sie so naturnah wie möglich gestaltet sind und die natürlichen Prozesse stattfinden können. Strukturen wie Ast- oder Steinhaufen werten den Lebensraum zusätzlich auf.

Die Anlage von künstlichen Weihern und Tümpeln wird vom Amt für Natur und Umwelt in der Regel finanziell und fachlich unterstützt.

Ökologische Bedeutung und Schutz

Gewässer bieten eine enorme Vielfalt an aquatischen (und mit diesen verzahnten terrestrischen) Lebensräumen. Belebt sind

  • der Wasserkörper (Süsswasserplankton, Fische);
  • die Sohle (Wasserpflanzen, Fische, Krebse, Gewässerinsekten);
  • die Uferbereiche (Ufervegetation, Säugetiere, Vögel, Insekten, Amphibien, Reptilien).

Dank dieser Vielfalt an Lebensräumen kommen auch viele zum Teil stark spezialisierte Tiere und Pflanzen vor.

Gewässerlebensräume werden jedoch häufig durch den Menschen beeinträchtigt (z. B. Verbauung, Wasserverunreinigungen, Nährstoffeintrag). Viele der daran gebundenen Lebewesen sind daher bedroht oder bereits ausgestorben. So gehören Fische, Krebse, Amphibien und Wasserinsekten heute zu den am stärksten gefährdeten Arten in der Schweiz und im Kanton Graubünden. Um diesem Trend entgegenzuwirken, wurde 2011 das revidierte Gewässerschutzgesetz erlassen, welches die Kantone auffordert, beeinträchtigte Gewässer zu revitalisieren.

Typische Lebewesen

Typische Lebewesen in Fliessgewässern

  • Eisvogel, Wasseramsel, Flussuferläufer und Flussregenpfeifer
  • Bachforelle, Äsche, Brachse
  • Köcher-, Eintags-, Steinfliegen
  • Biber, Fischotter, Wasserspitzmaus
  • Moose, Flutender Hahnenfuss
  • Auenvegetation

Typische Lebewesen in stehenden Gewässern

  • Rallen, Entenvögel, Säger
  • Flussbarsch, Rotfeder, Seeforelle
  • Libellen, Amphibien und Reptilien
  • Schwimmblatt-, Armleuchter- und Laichkraut-Gesellschaften
  • Ufervegetation wie Schilf, Rohrkolben oder Seebinsen

Revitalisierungen

Revitalisierungsprojekte haben zum Ziel, einen beeinträchtigten Bach, Fluss oder See in einen möglichst naturnahen Zustand zurückzuführen. Dabei wird dem Gewässer wieder mehr Raum gegeben und die charakteristischen Tier- und Pflanzenarten werden gefördert.

In Graubünden wurden bereits an mehreren Fliessgewässern Revitalisierungen durchgeführt:

  • am Rhein (Chur, Felsberg);
  • am Inn (Bever);
  • am Hinterrhein (Nufenen);
  • am Rom (Müstair);
  • an der Moësa (Mesocco, Lostallo, Grono);
  • an der Calancasca (Cauco).

Bereits durchgeführte Revitalisierungen zeigen, dass charakteristische Tier- und Pflanzenarten die neu geschaffenen Lebensräume sehr schnell wieder besiedeln. Auch für Erholungssuchende sind revitalisierte Gewässer äusserst attraktiv.

Für die kommenden Jahre sind weitere Revitalisierungsprojekte geplant, unter anderem am Rhein bei Maienfeld / Bad Ragaz sowie an verschiedenen Seeufern.

Weitere Informationen zu Eingriffen in schützenswerte Lebensräume finden Sie hier.

Aufgaben der Gemeinden in Zusammenhang mit Revitalisierungen

Im Kanton Graubünden verfügen die Gemeinden über die Gewässerhoheit und sind somit für die Umsetzung der strategischen Revitalisierungsplanung zuständig. Das Amt für Natur und Umwelt unterstützt die Gemeinden im Verfahren zur Umsetzung angemeldeter Revitalisierungsprojekte.